Die Erwaehlten
Ausreden schwirrten ihr immer noch durch den Kopf, Constanzas breites Strahlen brachte sie aber alle zum Schweigen.
„Komm morgen nach der Schule mit zu mir nach Hause. Wir werden eine Menge Spaß haben.“
„Cool“, brachte Jessica mühsam hervor.
„Ich kann’s kaum abwarten, dir ein paar von den Typen auf der Party vorzustellen. Ich weiß, dass du diesen Jonathan magst, aber glaub mir, Männer aus Broken Arrow machen viel mehr Spaß als die Jungs aus Bixby. Sind viel erwachsener. Das wird die Nacht deines Lebens werden, Jess.“
pegasus
12.00 Uhr Mitternacht
21
Jessica hatte Angst. Jonathan spürte es.
Sie hatten den Weg zum Pegasus in Rekordzeit zurückgelegt, waren die Division wie ein Stein auf dem Wasser hinuntergehüpft, dann hatten sie von Dach zu Dach an Höhe gewonnen und Bixbys Skyline zu einem riesigen Hürdenlauf gemacht. Das Mobil-Gebäude war das höchste in der Stadt, und jetzt saßen sie hoch oben auf dem geflügelten Pferd. Unter ihnen erstreckte sich die verdunkelte Stadt.
Jess hatte schon auf dem Weg ängstlich gewirkt. Sie sah ständig über ihre Schulter, ohne Vertrauen in ihre Geschwindigkeit, die für ihre Sicherheit sorgte. Sogar hier oben suchte sie noch mit ihren grünen Augen den Horizont ab. Die Muskeln ihrer Hand waren verkrampft, und die Verbindung, die Jonathan sonst immer spürte, wenn sie zusammen flogen, war nicht da.
„Alles in Ordnung?“
„Wieso?“
„Du siehst nervös aus.“
Sie zuckte mit den Schultern.
Er lächelte. „Als ob du dir vielleicht Sorgen machen könntest, dass man dich mit mir zusammen sieht.“
Jess lachte, während sie auf die dunkle, leere Stadt hinaussah. „Stimmt, wenn einer von diesen Gleitern meiner Mom von uns erzählt, bin ich tot.“ Sie verstummte, dann platzte sie heraus: „Dabei bist du es, der tagsüber immer gegen Anfassen ist.“
Jonathan blinzelte. „Wirklich?“
„Doch.“ Jessica sah weg. „Ich meine, es ist keine große Sache, aber du legst nie den Arm um mich oder nimmst meine Hand.“
„Wir halten uns dauernd an den Händen!“
„In der blauen Zeit, ja. In der Schule stellst du dich dabei total an.“
Er runzelte die Stirn, verärgert und im Zweifel, ob das wahr sein könnte. „Also, wir brauchen auch mal eine Pause. Sonst kriegen wir am Ende Nintendo-Gelenke.“
Jessica entzog ihm ihre Flughand und spreizte die Finger. „Kann schon sein.“
Jonathan holte sie sich sanft zurück und fing an, die Sehnen zu massieren. Er spürte, wie ihre Muskeln nachgaben. „Und was macht dich wirklich nervös?“
Ihr Blick schweifte über die Skyline. „Was glaubst du, wie sicher wir hier oben sind?“
„Wir sind mitten in der Stadt und sitzen auf zehn Tonnen sauberem Stahl. Mobil-Hochhaus hat dreizehn Buchstaben. Außerdem können wir fliegen, wenn wir müssen. Ziemlich sicher, würde ich sagen.“
Jess strich mit einem Finger über den rostigen Träger, auf dem sie sich niedergelassen hatten. „Woher weißt du, dass dieser Stahl sauber ist? Er ist anscheinend schon ziemlich lange hier, so wie er aussieht.“
„Ich habe Dess gebeten, dass Rex einen Blick ohne Brille drauf werfen soll. Wenn der Pegasus erleuchtet ist, sieht man ihn in ganz Bixby, wie du weißt. Er sagt, das Pferd hat überhaupt keinen Focus. Es ist sauber.“
Sie lächelte ihn an. „Danke, dass du das gemacht hast.“
Er zuckte mit den Schultern. „Rex ist manchmal eine Nervensäge, aber ab und zu kann man den Typen gebrauchen.“ Er konzentrierte sich auf seine Massage.
Jonathan hatte Jess nichts gesagt, er hatte aber in der vergangenen Woche einige Gleiter am Rande der Innenstadt entdeckt, die sich näher denn je an die hohen Stahlgebäude heranwagten. Sie glitten zögerlich über die niedrigen Lagerhäuser am Stadtrand und brachten sie zum Verschmelzen mit der Midnightwelt, forderten sie ein. Seit Jess in der Stadt angekommen war, drängten die Midnightkreaturen hinein, jede Nacht ein Stück weiter. Es konnte Monate dauern, aber Jonathan war sich inzwischen sicher, dass es irgendwann in Bixby keinen sauberen Fleck mehr geben würde. Die Gleiter und ihre Meister, die Darklinge, würden sogar den Pegasus einnehmen können.
Wo sollte er dann mit Jess hingehen?
„Wir können aber nicht ewig auf diesem Schild sitzen bleiben, Jonathan.“
Er sah zu ihr auf und fragte sich, woher sie wusste, was er dachte. Er fürchtete, ihr Talent könnte etwas mit Gedankenlesen zu tun haben. Er hoffte, dass es nicht so war. Jonathan hatte keine Ahnung,
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