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Die Erzaehlungen 1900-1906

Die Erzaehlungen 1900-1906

Titel: Die Erzaehlungen 1900-1906 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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zusammen, als die Werkstatt-Tür
    aufging und der Hannes ganz behaglich hereintrat, noch in Sonntagskleidern
    und den Hut im Genick, die linke Hand im Hosensack und leise pfeifend.
    Wir erwarteten mit Angst, daß der Meister ihn nun anreden, ausschelten und
    anbrüllen, ja vielleicht schlagen werde. Er tat aber nichts davon, sondern blieb stehen, wo er war, sah sich nicht weiter nach dem Eintretenden um und biß sich bloß, wie ich deutlich sah, krampfhaft auf die Lippen. Ich begriff beide nicht, am wenigsten den Hannes, bis ich bemerkte, daß dieser ein wenig angetrunken
    war. Den Hut auf dem Kopf und die linke Hand im Sack, bummelte er herein
    und bis vor seinen Platz. Da blieb er stehen und sah, daß sein Schraubstock
    weggenommen war.
    Der ist ein Lump, der das getan hat , sagte er laut.
    Aber niemand gab Antwort. Darauf redete er einen von uns an, erzählte ihm
    einen Witz, aber der hütete sich natürlich und wagte nicht aufzusehen oder
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    gar zu lachen. Da ging Hannes in die freigehaltene Ecke der Werkstatt, wo die kleine vom Meister und ihm konstruierte neue Maschine stand; sie war bis auf Kleinigkeiten fertig und provisorisch an eine Eisenschiene angeschraubt. Er
    nahm die darüber gebreitete Leinwand ab und betrachtete das Werklein eine
    Weile, spielte mit den zwei zierlichen Hebeln und fingerte an den paar Schrauben herum. Dann wurde es ihm langweilig, er ließ die Maschine unbedeckt
    stehen, ging an die Esse, ließ einen Hobelspan aufflackern und zündete sich
    eine Zigarette an. Die behielt er qualmend im Mund und verließ die Werkstatt mit demselben behaglichen Bummlerschritt, mit dem er gekommen war.
    Als er draußen war, ging der Meister hin und breitete das Tuch wieder
    sorgfältig über die Maschine. Er sagte kein Wort und war mir an diesem
    Abend ein Rätsel. Daß die Angelegenheit nun damit erledigt sei, wagte keiner von uns zu hoffen. Mir aber passierte vor lauter Erregung ein Ungeschick; es brach mir ein feiner Gewindebohrer im Eisen ab, und von diesem Augenblick
    an fürchtete ich nur noch für meine eigene Haut und dachte an nichts anderes mehr. Es war eine Qual, wie träg die Zeit bis zum Feierabend verging, und
    sooft der Meister an dem Regal vorüberkam, in dem die Gewindebohrer sauber
    nach den Nummern geordnet lagen, wurde mir heiß.
    Andern Tags, obwohl ich um den zerbrochenen Bohrer noch ein schlechtes
    Gewissen hatte, überwog auch bei mir wieder der ängstliche Gedanke, wie
    es mit Hannes gehen würde. Ein wenig frischer und besser ausgeruht als ge-
    stern kamen wir ins Geschäft, aber die Schwüle war nicht gewichen, und die
    sonst üblichen Morgengespräche und Scherze blieben uns in der Kehle stecken.
    Hannes war zur gewohnten Stunde gekommen, nüchtern und im blauen Schlos-
    serkleid, wie sich’s gehörte. Seinen Schraubstock hatte er unter der Werkbank gefunden und ruhig wieder auf dem alten Platz befestigt. Er zog die Muttern
    an, klopfte und rüttelte, bis alles wieder richtig saß, dann holte er Schmiere und salbte die Schraube gut ein, ließ sie zur Probe ein paarmal spielen und
    begann alsdann seine Arbeit.
    Es dauerte keine halbe Stunde, so kam der junge Meister.
    Morgen , sagten wir, und er nickte. Nur Hannes hatte nicht gegrüßt. Zu
    diesem trat er nun, schaute ihm eine Weile zu, während er ruhig weiter feilte, und sagte dann langsam:
    Seit wann ist denn der Schraubstock wieder da?
    Seit einer halben Stunde , lachte der Geselle. Aber es war künstlich ge-
    lacht, voll Trotz und vielleicht auch Besorgnis.
    So , sagte der Meister.
    Und wer hat denn dich geheißen, ihn wieder
    hinzutun?
    Niemand. Ich weiß allein, was ich zu tun habe.
    In dieser Werkstatt hast du nichts zu tun , rief der Meister nun etwas
    lauter,
    von heute an nichts mehr. Verstanden?
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    Hannes lachte.
    Meinst, du kannst mich rausschmeißen?
    Der Meister wur-
    de bleich und ballte die Fäuste.
    Seit wann sagst du denn Du zu mir, du Lump?
    Selber Lump –
    Der Meister vergaß sich. Ein Schlag und ein kurzer Schrei war zu hören,
    dann wurde es totenstill in der ganzen Werkstatt, denn nun ließen wir alle die Arbeit liegen und hörten mit Entsetzen zu.
    Der Meister hatte dem Hannes einen Faustschlag ins Gesicht gegeben. Nun
    standen sie dicht voreinander, minutenlang regungslos, und dem Geschlagenen
    schwoll die Haut ums Auge bläulich an. Beide hatten die Fäuste ein wenig
    vorgestreckt, und beide zitterten ein wenig, der Meister am sichtbarsten. Wir rissen die Augen auf, und keinem fiel es ein, ein

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