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Die Erziehung - Roman

Die Erziehung - Roman

Titel: Die Erziehung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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gestampfte Erde des Bodens, fraß sich unerbittlich über die Oberfläche des Kellers vor. Wenn es noch zwei Tage weiterregnet, schätzte Gaspard, ist alles überschwemmt. Vielleicht erlaubte Billod ihm, in der Werkstatt zu schlafen, wenn der Geruch seine Kleider durchdrang? Eine Ratte ergriff die Flucht, als das Wasser ihre Pfoten erfasste, und verschwand in der Dunkelheit. Wurde er hier nicht in gewisser Weise vom Fluss eingeholt? Das Wasser auf dem Boden erinnerte an die Seine. Wenn er nicht zu ihr ging, kam sie eben zu ihm. »Sie kommt zu mir«, dachte Gaspard mit lauter Stimme in die Stille des Kellers hinein. Er schauderte. Der Traum wirkte als unheilvolle Ahnung nach. Er glaubte sich durch die Vergewaltigung des Kindes erschüttert, merkte aber, dass er keine Empörung für die Tat als solche empfand. Gaspard wunderte sich über dieses völlige Fehlen von Mitgefühl angesichts des abscheulichen Akts. Die Vergewaltigung war nichts anderes als ein Mord. Die Tat hatte zum Tod geführt. Wie konnte er nur so gleichgültig sein? Dieser Abgrund erschreckte ihn, und er dachte, dass der Vergewaltiger eine ähnliche Abgeklärtheit haben musste. Er schüttelte den Kopf. »Der Arzt hat Recht, mir droht das Vergessen, das Vergessen meiner eigenen Menschlichkeit«, sagte Gaspard. Seine Stimme zitterte, die gewölbten Mauern warfen sein Echo zurück. Er hatte Lust, sich aufzulehnen, hatte das Bedürfnis, dieser Apathie zu entfliehen, und zog sich eilig an. Er blies die Kerze aus und ging in Richtung Treppe.
    Durch den Aufprall des Regens spritzte der Schlamm vom Boden. Gaspard erreichte die Rue Saint-Jacques, die bereits von Wasser glänzte. Das Hecheln von Laternen, das Schnaufen von Pferden verriet, dass Kutschen unterwegs waren. Gaspard versuchte, nicht auf den Regen zu achten, der den Dreck von seinem Gesicht spülte, unter seine Kleider glitt, das Hemd an seine Brust und seinen Bauch klebte. Er ging an den Klöstern Saint-Mathurin und Saint-Benoît vorbei, bog bei den Jacobins nach rechts. Der Regen prasselte hart auf seine Haut, aber belebte seinen noch immer von der Pein des Schlafes benommenen Geist. Er wusste die Seine hinter sich, die in ihrem Bett anschwoll und stetig an Schwärze und Perfidie zulegte. Diese Vorstellung spornte ihn an, schneller zu gehen, um sich von ihr zu entfernen. Als sich der Sturzbach in einen Sprühregen verwandelte, wich das Gefühl der Beklommenheit, das Gaspard im Keller überkommen hatte. Für einen Augenblick glaubte er, dass der Regen eine erlösende Wirkung hatte. Wie bei einer rituellen Waschung sein Unbehagen abspülte. Das Einfühlen in den Täter hatte auf seinem Gaumen einen galleartigen Geschmack hinterlassen. Er öffnete den Mund, zog in großen Happen die Luft ein, und der Regen glitt zwischen seinen Zähnen hindurch auf die schwammige Masse seiner Zunge. Als er an der Sorbonne vorbeiging, ahnte Gaspard, dass sein Bestreben über eine Reinigung hinausging, dass er vielmehr auf der Suche nach dem Comte Etienne de V. war. Erst fand er den Gedanken absurd, doch er wurde ihn nicht los, und bald war es offensichtlich. Er hatte nicht aufgehört, an den Mann zu denken, seit jener im Atelier aufgetaucht war. Sein Gesicht, jedes seiner Worte verfolgte ihn. Die Beschreibung, die Billod von dem Grafen gegeben hatte, die eines Mannes ohne jedes Gewissen, ohne jede Moral, ließ ihm keine Ruhe. Die Vergewaltigung des Kindes hatte Gaspard vor einen inneren Abgrund gestellt, aber auch die Anziehung, die der Comte de V. auf ihn ausübte, verstärkt. Gaspard ging durch die Straßen, erleichtert durch die Sanftheit des Regens, irrte umher auf der Suche nach einem Mann. Bis er die Place Saint-Michel überquerte und zum Gitter des Palais du Luxembourg kam, hatte er keinen Augenblick an der Richtung seiner Schritte gezweifelt. Die Schatten der Bäume hoben sich von der trüben Luft ab. Was erwartete er vom Grafen? Was suchte er? Warum konnte er diesem Ruf nicht widerstehen, der seine Schritte lenkte, ihn in dieses wache Schlafwandeln versetzte? Gaspard wusste gar nichts, hatte keinerlei Antwort. Er verspürte das beklemmende Bedürfnis, diesen Mann zu finden, sich ihm auszuliefern. Diese Notwendigkeit, dieser weißglühende Klumpen, saß in seiner Magengrube, in seinen Eingeweiden, verästelte sich in jedes seiner Organe. Er fühlte ein verzehrendes Fieber, das mit dem Bedürfnis nach dem Grafen wuchs. Er blieb stehen, um sich ein wenig auszuruhen, eine Hand auf das Gitter gestützt. Ein Kribbeln,

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