»Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen
Puddingproduzent Dr. Oetker, der Süßwarenkonzern Ferrero, das Info-Zentrum Schokolade, die Intersnack Knabber-Gebäck GmbH & Co. KG , Katjes, der Weltmarkt-Vize Kraft Foods, Mars, McDonald’s, die Molkerei Alois Müller, Branchenprimus Nestlé, Capri-Sonne, der Verband Deutscher Mineralbrunnen, PepsiCo, Sweets Global Network e.V., Unilever, der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels, die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker e.V. und noch einige andere mehr. Ausgerechnet solche Firmen und Verbände, insgesamt rund 100 Mitglieder, eint laut Website die Absicht, »sich aktiv für eine ausgewogene Ernährung und mehr Bewegung als wesentliche Bestandteile eines gesundheitsförderlichen Lebensstils bei Kindern und Jugendlichen einzusetzen«. Was nicht auf der Website gepriesen wird, doch Ziel der Übung ist: Die Firmen vereint auch das Ziel, Öffentlichkeit und Verbraucher im großen Stil zu täuschen und von der fragwürdigen, eigenen Rolle abzulenken.
Trotz der höchst beunruhigenden Zahlen bei der Zunahme von Fettleibigkeit – wir erinnern uns, weltweit sind rund 1,6 Milliarden Menschen zu dick, in Deutschland gelten 37 Millionen Erwachsene und 2 Millionen Kinder als übergewichtig oder adipös – bekämpfen Verbandslobbyisten der Lebensmittelindustrie in Berlin und Brüssel mit aller Macht nahezu jeden Vorschlag für mehr Transparenz und für eine bessere Nährwertkennzeichnung auf Lebensmitteln, wodurch die übermäßige und krankmachende Kalorienzufuhr möglicherweise reduziert werden könnte. Parallel zum Abwehrkampf ihrer Lobbyisten spielen sich viele Unternehmen als verantwortungsvolle, gesellschaftlich engagierte Ernährungs- und Bewegungsberater auf, darunter ausgerechnet auch noch solche Unternehmen, die zu großen Teilen vom Verkauf allzu fetter und zuckerhaltiger Nahrungsmittel leben.
Auf der Internetseite der »Plattform Ernährung und Bewegung« nutzen die peb-Mitglieder ausgiebig die Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Zum Beispiel Coca-Cola: Der Getränkemulti reklamiert für sich, ihm sei es »besonders wichtig, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen« und verweist darauf, dass er in seinem Produktportfolio »zu allen Erfrischungsgetränken kalorienfreie Alternativen (Light-Getränke) anbietet«; des Weiteren verweist die Firma auf mehr als »4500 bürgerschaftliche Initiativen für Bewegung und Sport« sowie auf das Programm »1000(e) Schulen in Bewegung«, das bis 2005 vielen Schülern »Spaß und Freude an der Bewegung vermittelte«. Oder Mars: Das amerikanische Familienunternehmen (u.a. »Mars«, »Snickers«, »Twix«, »Bounty«, »Milky Way«, »M&M’s«) berichtet bei peb, wie es mit seinem Elternportal www.clever-naschen.de »einen aktiven Lebensstil unterstützt«; auf www.clever-naschen.de erhalten Familien »Inspiration für mehr Bewegung im Alltag« sowie »Expertentipps« zur richtigen Ernährung und für »einen verantwortungsvollen Umgang mit Süßwaren«.
Ferrero, Hersteller unter anderem von »nutella«, »Kinder Überraschung«, »Milch-Schnitte«, »duplo« und »hanuta«: Man unterstütze »seit vielen Jahren verschiedene Initiativen, die junge Menschen in ihrer Selbstverantwortung stärken und bewusst einen aktiven, gesunden Lebensstil fördern«, berichtet der Süßwarenkonzern bei peb; Ferreros Initiativen tragen Namen wie » KIGA - GO !«, »Fitte Schule« oder »Komm’ in Schwung«.
Oder die Firma Kraft Foods, weltweit zweitgrößter Lebensmittelhersteller mit Marken wie »Milka«, »Suchard« und »Toblerone«: Unter dem Motto »Kraft Cares« fördere man seit langem »zahlreiche soziale Projekte« wie »Kinder laufen für Kinder« (für jede gelaufene Runde gibt’s Geld zur Unterstützung der SOS -Kinderdörfer); das BewegungsErnährungsMobil »bemil« gehört ebenso zu Krafts gesellschaftlichem Engagement wie Schulmappen zum Thema »gesunde Ernährung und Bewegung«, die man als »verantwortungsbewusstes Lebensmittelunternehmen« fördere. Angesichts solch aufgeblasener Selbstbeweihräucherung kann man nur noch sarkastisch fragen, wie es trotz dieser Aktionen der größten und potentesten Lebensmittelhersteller der Welt überhaupt zu einer epidemischen Ausbreitung von Übergewicht kommen konnte?
Corporate Social Responsibility, kurz CSR , also die freiwillige Selbstverpflichtung von Unternehmen, soziale Aspekte und Umweltbelange in ihre Geschäftstätigkeit einzubeziehen, gehört heute zum guten Ton in der Wirtschaft. Unter den großen Firmen gibt
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