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»Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen

Titel: »Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Bode
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sich in der Art, wie das Regenwald-Engagement ausgeschlachtet wird zur unverblümten Produktwerbung. Auf der Krombacher-Website antwortet Krombachers »Regenwald-Fachmann«, der TV -Moderator und Naturfilmer Dirk Steffens, auf »originelle und oft kritische Fragen« von Usern. Das liest sich dann so: »Wie viele Quadratmeter haben Sie, Herr Steffens, jetzt schon gerettet/Wie viele Kästen gekauft?« Antwort: »Nur ein paar – ich bin ja leider viel zu selten in Deutschland, um hier größere Mengen Bier trinken zu können. Aber bei meiner nächsten Party werde ich mit Familie und Freunden dann kräftig ›Quadratmeter machen‹.« Frage: »Mögen Sie Krombacher Bier?« Antwort: »Manchmal bin ich enttäuscht von Krombacher, denn es wird nur an wenige Hotels im fernen Ausland vertrieben. Da sitze ich dann an der Hotelbar und muss irgendein ausländisches Chemiegebräu trinken. Wenn ich was an dem Bier zu meckern habe, dann also, dass es an zu wenigen Orten auf der Welt zu haben ist.« Frage: »Sollten wir uns nicht lieber um ›eigene‹ Probleme kümmern? In Deutschland gibt es doch auch Waldsterben.« »Gute Frage«, antwortet da Dirk Steffens, »natürlich ist Umweltschutz in Deutschland genauso wichtig wie in Zentralafrika. Ganz ehrlich: Es ist eigentlich egal, für welche Region man sich einsetzt, Hauptsache, man tut überhaupt etwas. Das Regenwaldprojekt bietet uns aber Möglichkeiten, die wir in Deutschland nicht haben: Zum einen gibt es dort Gorillas – und es ist nun mal eine Tatsache, dass sich mehr Unterstützer mobilisieren lassen, wenn man statt des Norddeutschen Feldhamsters einen beeindruckenden Gorilla als ›Botschafter-Tier‹ hat.«
    Es ist nicht besser auszudrücken, dass Krombachers Regenwald-Einsatz bedeutungsloser Aktionismus ist, als durch Steffens’ Aussage »Egal, wofür man sich einsetzt, Hauptsache man tut überhaupt etwas«. Und man kann kaum freimütiger einräumen, dass Krombacher Absatzförderung im Regenwald-Deckmäntelchen betreibt, als durch den Feldhamster-Gorilla-Vergleich. So viel ist klar: Für den Norddeutschen Feldhamster würden die Regenwaldschützer wohl keine 23,80 Euro ausgeben, weil sich damit nun mal weniger »Unterstützer«, sprich Bierkastenkäufer, finden würden.
    Nur wenige Monate nachdem Krombacher seine Werbekampagne gestartet hatte, wurde sie von einem Oberlandesgericht wieder gestoppt. Die Konkurrenz – und nicht etwa die von den Lebensmittelverbänden gern gescholtenen NGO s – hatte wegen unlauteren Wettbewerbs geklagt und Recht bekommen. Der Richter begründete seine Entscheidung unter anderem mit dem Argument, Krombacher übe einen »moralischen Kaufzwang« aus und schränke die Entscheidungsfreiheit des Konsumenten unzulässig ein: Denn der stehe vor der Wahl, entweder Krombacher-Bier zu kaufen oder den Schutz des Regenwalds zu verweigern. Dennoch wirkte Krombacher stilbildend: Als die Brauerei nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs 2006 wieder mit dem Versprechen »1 Kasten Bier = 1 Quadratmeter« auf die TV -Bildschirme zurückkehrte, hatten inzwischen Dutzende anderer Firmen das Konzept übernommen, den Einsatz für wohltätige Projekte direkt an den Verkauf der eigenen Lebensmittel zu knüpfen.
    Gleich mit zweien dieser Kauf-mich-dann-helfen-wir-Aktionen buhlte der französische Lebensmittelmulti Danone um die Kundschaft. Der Claim »1 Liter trinken = 10 Liter spenden« sollte die Menschen im Supermarkt dazu verleiten, mehr von Danones Mineralwassermarke »Volvic« zu kaufen – dafür lässt dann die Firma, die im Markt für Flaschenwasser neben Nestlé zu den ganz Großen gehört, in Zusammenarbeit mit Unicef Brunnen in Äthiopien bauen; das Gesicht der Kampagne war der Fernsehmoderator Markus Lanz. Auch für sein anderes großes Produktsegment, die probiotischen Trinkjoghurts »Actimel«, benutzt Danone Notleidende in Afrika. »Mit jeder Packung Actimel sorgen Sie dafür, dass Impfstoffe und notwendige medizinische Ausstattungen bereitgestellt werden. Helfen auch Sie, damit knapp eine Viertel Million Kinder in Afrika eine Chance bekommen«, warb die Schauspielerin und »Projektpatin« Désirée Nosbusch im vergangenen Jahr (2009) für den Griff ins Kühlregal nach »Actimel«. Geschickt spielte der Konzern dabei auch noch auf die fragwürdigen Werbeaussagen für den probiotischen Trinkjoghurt an, der angeblich »die Abwehrkräfte stärkt«: »Für uns ist es leicht, unsere Gesundheit zu schützen. Doch für die Menschen in den ärmsten

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