Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

»Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen

Titel: »Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Bode
Vom Netzwerk:
grundsätzlicher Konflikt um die Frage, welches Bild vom Verbraucher die Politik prägen soll. Was dürfen wir Verbraucher über unsere Lebensmittel erfahren – und wer darf das entscheiden? Dürfen die Hersteller auch in Zukunft, so wie bislang, weitgehend frei schalten und walten – oder haben die Verbraucher in Zukunft ein Wörtchen mitzureden? Bestimmt weiterhin die Doktrin der Nahrungsmittelindustrie die Debatte, nach der die Verbraucher sich ja über alles informieren können, wenn sie wollen, und dass ohnehin alles legal und demokratisch legitimiert sei – oder setzt sich die Auffassung durch, dass die Verbraucher sich eben nicht schnell, verständlich und, wenn sie wollen, umfangreich über die Eigenschaften von Produkten informieren können? Dass sie – im Gegenteil – in übler Weise in die Irre geführt werden.
    Denn der Gehalt an Zucker, Fett und Salz ist ja nur eine von vielen Informationen, die viele Verbraucher gerne transparent und verständlich serviert bekommen wollen. Viele weitere Kennzeichnungslücken warten darauf, geschlossen zu werden. Die Zeit ist reif dafür, dass Hersteller endlich sagen müssen, woher ihre Lebensmittel beziehungsweise deren Zutaten stammen. Es versteht sich – leider – fast von selbst, dass die Interessenverbände und ihr nahestehende Politiker überhaupt nichts wissen wollen von einer umfassenden Verpflichtung zur Herkunftskennzeichnung ihrer Waren und dass sie die geltenden Regelungen für »völlig ausreichend« halten. Das trifft auch für die Lobbyisten der ökologischen Lebensmittelwirtschaft zu, die partout nicht zulassen wollen, dass die Verbraucher erfahren, wo denn die Früchte in der Marmelade herkommen. Auch hier zementieren Lobbyverbände und Politik die systematische Täuschung der Verbraucher. Denn wenn es Unternehmen nützt, schlachten sie die Herkunft ihrer Waren nach allen Regeln der Werbung aus und erhalten dafür unter bestimmten Voraussetzungen sogar noch staatlichen »Herkunftsschutz« durch die Europäische Union: »Schwarzwälder Schinken« darf nur im Schwarzwald hergestellt werden und Lübecker Marzipan nur in Lübeck. Doch dass die Schweine für den Schinken den Schwarzwald nie gesehen haben, weil sie irgendwo im Ausland gemästet und geschlachtet wurden, darf bis heute das Geheimnis des Schinkenproduzenten bleiben. Das nützt allein dem Unternehmen und negiert das Verbraucherinteresse eklatant: Es gibt keinen Grund, dem Verbraucher vorzuenthalten, woher ein Lebensmittel und seine Zutaten kommen – außer dem, dass es der Hersteller aus irgendwelchen Gründen gerne verheimlichen möchte. Der jüngste Etikettenschwindel betraf die »Schwarzwälder Butter« der Freiburger Genossenschaft Breisgaumilch. »Original Schwarzwälder Qualität« stand auf der Butter, dazu ein Bild mit Wiesen, Wäldern und Bollenhut und der Spruch »Im Schwarzwald zu Hause«. Doch weder war die Milch aus dem Schwarzwald noch wurde die Sauerrahmbutter dort hergestellt, sondern von Partner-Molkereien im Allgäu angeliefert. Betroffen waren auch Schichtkäse, Buttermilch, Frischkäse und Kaffeesahne. Die Produkte sind inzwischen aus dem Programm genommen, der Geschäftsführer hat sich öffentlich entschuldigt: »Ein Ausrutscher.« So einfach kann man heute Verbraucher betrügen und sich so einfach aus der Affäre ziehen, wenn der Betrug auffliegt. Nicht einmal der Einsatz von Gentechnik, den eine breite Mehrheit der Gesellschaft aus den unterschiedlichsten Gründen ablehnt, muss auf allen Lebensmitteln gekennzeichnet werden. Ob Tiere gentechnisch verändertes Futtermittel im Trog hatten, muss auf der Verpackung von Fleisch, Milch oder Eiern nicht ausgewiesen sein. So macht die Lebensmittelwirtschaft jeden Tag Millionen von Menschen zu Unterstützern von Gentechnik auf dem Acker, ohne ihr Wissen und allzu oft gegen ihren Willen.
    Es ist deshalb nicht nur Zeit für eine Ampelkennzeichnung, die dem Verbraucher sagt, was wirklich drin steckt in den Produkten, die er kauft. Die Zeit ist auch reif für Regeln für Verpackungen, die den Produktinformationen Vorrang geben vor Werbung. Heute ist es umgekehrt, mit der Folge, dass auf den Verpackungen 80 Prozent der Flächen und mehr mit sinnleeren Begriffen und falschen Versprechen belegt sind, während die Industrie gleichzeitig darüber klagt, die millimeterkleinen Schriftgrößen der Pflichtangaben seien immer noch zu groß, ein absurdes Missverhältnis. Geht es nach der Industrie allein, wird es mehr Transparenz

Weitere Kostenlose Bücher