Die Eule von Askir
Santer überrascht.
Sie hielt auf der Treppe kurz inne und schaute zurück. »Die Seeschlangen haben Wiesel und sind der Ansicht, dass er etwas mit diesem Schiff zu tun hat!« Im nächsten Moment war sie fort, Santer hörte nur noch ihre raschen Schritte auf der Treppe.
»Welchem Schiff?«, fragte Santer verblüfft, doch nur der Mann im Bild schien ihm noch zuzuhören.
39
»Er sprang von dem Schiff, kurz bevor es in den Werftkanal einfuhr«, erklärte Schwertmajorin Rikin der Maestra, während sie im Quartier der Majorin warteten, dass der Gefangene gebracht wurde. Die Maestra und die Majorin saßen, während Santer rechts von der Tür stand. Es war das Quartier der Offizierin, dennoch war es die schlanke Gestalt in tiefem Blau, die den Raum zu füllen schien. Noch auf der Treppe und noch bevor Stabsleutnant Remark sie begrüßte und bat, einen Moment zu warten, hatte sie ihre Kapuze wieder ins Gesicht gezogen, und Santer war bei dem Gedanken, was sie in diesem Raum spüren könnte, etwas unbehaglich. Auch die Schwertmajorin hatte der Maestra einen langen Blick zugeworfen, bevor sie ihn mit ihren braunen Augen ansah, ein Blick, den er nur schwer hatte deuten können. »Die Besatzung eines Jagdboots hat ihn aus dem Wasser gezogen.«
»Ihr könnt doch nicht ernsthaft glauben, dass dieser Dieb ein solches Schiff gestohlen hat, um es dann in den Werftkanal zu steuern?«, fragte die Maestra mit einem leicht amüsierten Unterton in der Stimme, der Rikin nicht zu gefallen schien, denn ihre Augen zogen sich zusammen.
»Nein. Aber er hatte eine junge Frau dabei, die ganz offensichtlich gefoltert worden war. Sie wurde zum Tempel der Astarte gebracht. Die gute Kunde ist, dass sie sich auf dem Weg der Besserung befindet. Wir gehen davon aus, dass dieser Mann, der im ganzen Hafen als Wiesel bekannt ist, für den Zustand der Frau verantwortlich ist«, fuhr die Schwertmajorin fort. »Diesmal ist er zu weit gegangen.«
»Wie kommt Ihr darauf?«, fragte die Maestra.
»Bei ihm wurde ein Dolch sichergestellt, der dieser jungen Frau gehört. Eine außergewöhnliche und sehr wertvolle Waffe, deren Verlust das Haus des Tigers schon vor drei Jahren gemeldet hat. Es wurde eine hohe Belohnung auf die Ergreifung des Täters ausgesetzt. Jetzt wissen wir, dass es dieser Dieb war, der die Waffe damals gestohlen hat.« Die Schwertmajorin lehnte sich zurück und lächelte hart. »Diesmal haben wir ihn. Es gibt zwei Dutzend Zeugen, die gesehen haben, wie er vom Schiff sprang. Es liegt nahe, dass er es war, der die Frau gefoltert hat, und selbst wenn nicht, bekommen wir ihn wegen des Dolches dran. Er hat uns lange genug gefoppt!«
»Habt Ihr den Dolch sichergestellt?«, fragte die Maestra.
Die Majorin nickte. »Ich habe ihn hier«, sagte sie und wies mit ihrem Kopf auf eine Kiste unter dem Fenster. »Dort findet Ihr die Besitztümer des Diebs. Darunter auch eine Tasche mit Diebeswerkzeugen, die beweisen, dass er mit unlauterer Absicht unterwegs war.«
»Absichten allein stellen noch kein Verbrechen dar«, meinte die Maestra mit ruhiger Stimme.
»Das wird Inquisitor Pertok etwas anders sehen«, entgegnete Rikin. »Seitdem er Wiesel einmal laufen lassen musste, ist er sehr interessiert an den Aktivitäten des Mannes.«
Es klopfte an der Tür.
»Herein!«, rief die Majorin, während sich die Maestra erhob.
Es waren Fefre und Sergeant Hartung, die Wiesel hereinbrachten. Beide trugen unbewegte Gesichter und hielten Wiesel fest an seinen Armen.
Es war eher so, dass sie ihn hereintrugen. Selten hatte Santer so viel Metall an einem Mann gesehen, stählerne Manschetten und schwere Ketten erlaubten es dem Dieb kaum, einen einzigen Schritt zu gehen. Wiesel war bis auf einen Lendenschurz nackt und sah aus, als wäre er unter die Räder eines Frachtwagens geraten. Sein Gesicht war voller Blutergüsse, ein Auge war zugeschwollen und schillerte in allen Farben, und obwohl ihm Blut aus dem Mundwinkel tropfte, schien sein schiefes Grinsen unbeeindruckt.
Selbst die Schwertmajorin war überrascht von seinem Anblick.
»Was ist hier passiert?«, fragte die Maestra in einem kalten Tonfall, den Santer noch nie von ihr gehört hatte.
»Ich bin gefallen, Maestra«, nuschelte Wiesel, bevor einer der beiden Soldaten etwas sagen konnte. »Die beiden Herren hier halfen mir nur wieder auf.« Er deute mit dem Kinn zu Fefre hinüber und grinste schief. »Mehrfach.«
»So sieht es auch aus«, sagte die Maestra kalt. Ihr Mund war zu einer
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