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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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um Euch unsere Aufwartung zu machen«, entgegnete die Maestra. »Ich befürchte allerdings, dass es für solche Besuche niemals einen guten Zeitpunkt gibt.«
    Der Baronet nickte und begrüßte nun den Stabsleutnant mit überraschender Freundlichkeit. »Ist das eine neue Rüstung? Ich muss sagen, sie ist von außergewöhnlichem Schnitt und wahrlich beeindruckend. Ich glaube, ich habe noch nie einen Kettenmantel mit solch feinen Ringen gesehen. Sind sie denn auch stabil?«, plapperte der Baronet, während er die Besucher in den Hof der Botschaft bat.
    »Ich nehme es an«, antwortete Santer. »Ausprobieren will ich es allerdings ungern.«
    »Das kann ich verstehen«, sagte Tarkan und runzelte die Stirn, als die Maestra im Hof innehielt und sich langsam umsah. Tarkan folgte ihrem Blick hinauf zu dem Balkon.
    »Weiß der Botschafter, dass er gestern Nacht Besuch in seinem Quartier hatte?«, fragte sie.
    »Wovon sprecht Ihr?« Der Baronet war überrascht.
    »Ein Gardist war gestern Nacht im Quartier des Botschafters und hat die Geldtruhe des Grafen durchsucht«, erklärte Desina ihm mit einem Blick zu dem Gardisten, der ein paar Schritte entfernt neben der Tür zum eigentlichen Gebäude der Botschaft Wache stand.
    »Wirklich?«, fragte Tarkan.
    »Wirklich«, antwortete sie. »Er suchte einen Wolfskopf.«
    »Woher wisst Ihr das? Wie könnt Ihr solche Dinge wissen?«, fragte Tarkan verblüfft.
    »Weil alles, was wir tun, im Gefüge der Welt Spuren hinterlässt«, antwortet die Maestra. Sie sprach leise, und obwohl sie fünf Schritte entfernt stand, war sie gut zu verstehen. »Es gibt eine Form von Magie, die es mir erlaubt, Dinge zu sehen, nein, zu fühlen, die an einem Ort geschehen sind, wenn sie nicht zu lange zurückliegen.«
    Außerdem half es ungemein, dachte Santer schmunzelnd, als der Baronet sie ungläubig ansah, dass Wiesel das Geschehen so genau geschildert hatte.
    »Aha«, sagte der Baronet, aber es war offensichtlich, dass er mit der Erklärung der Maestra wenig anzufangen wusste. »Dem Botschafter wird es peinlich sein, davon zu hören. Die Angelegenheit mit dem Diener irritiert ihn ohne Ende. Es scheint, dass Ser Jenks ein guter Diener gewesen ist. Der Botschafter empfindet die ganze Angelegenheit als lästig und wünscht, dass sie alsbald zu Ende gebracht werden soll.« Der Baronet lächelte. »Zudem wirft es ein schlechtes Licht auf die Botschaft und meine schöne Heimat.«
    »Das kann niemandem gefallen«, sagte die Maestra in neutralem Tonfall. »Sagt, Baronet, kanntet Ihr den Mann gut, diesen Ser Jenks?«
    »Flüchtig. Ich habe ihn nur ein einziges Mal gesehen, kurz nachdem ich in Askir angekommen war.«
    »Habt Ihr eine Idee, wie es sein kann, dass ein Diener zwanzig prägefrische Münzen bei sich trug?«
    »Vielleicht bezahlte ihn der Botschafter gut«, schlug Tarkan vor. Er sah die ungläubigen Blicke. »Kann doch sein.«
    »Wenn dem so wäre, bewerbe ich mich als Kammerdiener Eures Herrn Botschafters«, meinte Santer trocken. »Sagt, was zahlt Ihr denn Euren Dienern in Aldane?«
    Der Baronet zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich müsste den Seneschall meines Vaters fragen«, antwortete er freundlich. »Um solche Dinge mache ich mir keine Gedanken.«
    Santer schaute in das offene Gesicht des Aldaners und in die blauen Augen, die ihn zwar irritieren, ihm aber bis jetzt immer freundlich gesinnt schienen. Er unterdrückte einen Seufzer. Der Mann war ein aldanischer Ritter, Sohn des Regenten und Vertrauter des Prinzen. Zurzeit galt er zudem noch als der beste Schwertkämpfer des Königreichs von Aldane, und doch kam es Santer so vor, als ob der Mann sich eine gewisse Unschuld bewahrt hatte. War er so naiv? Vielleicht schon, dachte Santer. In manchen Dingen vielleicht.
    In anderen sicherlich nicht, und es wäre ein Fehler, ihn zu unterschätzen. Um Schwertmeister zu werden und sich mit blankem Stahl einem anderen zu stellen, brauchte es mehr als nur ein Talent. Es gehörte auch der unbedingte Wille zum Sieg dazu.
    »Sagt, wie schwer ist die Börse, die ein Schwertmeister erhält, wenn er das königliche Turnier gewinnt?«, fragte Santer neugierig.
    »Einhundert Goldstücke und ein kleines Lehen mit einhundert Hektar und einem Haus darauf«, antwortete der junge Adlige bereitwillig. »Ich habe das Turnier schon zweimal gewonnen«, fügte er bescheiden hinzu.
    Ein Goldstück, vierzehn Silberstücke, das was der Sold, den Santer jetzt als Offizier in einem Monat verdiente. Es war ein guter Sold.

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