Die Eule von Askir
begeben«, sagte Desina leise. »Vielleicht kann man Euch heilen.«
»Ich bete zu meinen Göttern«, antwortete der Botschafter unwirsch. »Ich verlange nichts von ihnen. Was hat das mit dem toten Diener zu tun, das frage ich Euch? Haltet Eure Fragen nahe dem Kern Eures Begehrens, andere Fragen sind nicht erwünscht.«
»Gut«, seufzte Desina. Wenn der Botschafter nicht zu einem Tempel gehen wollte, dann war das seine Entscheidung. Und sein Problem.
»Hat Euer Diener sich in letzter Zeit ungewöhnlich verhalten?«
»Nein.«
»Ist Euch aufgefallen, dass er in der letzten Zeit öfter des Nachts unterwegs war?«
»Ja.«
»Wisst Ihr, wohin er ging?«
»Er sagte es mir nicht.«
»Ihr habt auch nicht gefragt?«
»Nein. Was der Mann in seiner Freizeit trieb, interessierte mich nicht«, meinte der Botschafter unwirsch.
»Habt Ihr eine Idee, woher dieses Artefakt stammen könnte?«
»Nein.«
»Sagte er Euch, was genau der Kult mit diesen Artefakten zu tun beabsichtigt?«
»Nein.«
Sie seufzte. Jede der Antworten war eine glatte Lüge gewesen. »Botschafter, Graf Altins. Das ist kein Verhör, ich bitte Euch doch nur um Eure Hilfe. Diese Nekromanten sind eine Bedrohung nicht nur für die Reichsstadt, sondern für alle Menschen in den sieben Reichen. Wir brauchen jede Hilfe, um uns dieser Bedrohung zu stellen. Meine Fragen dienen nicht dem Zweck, Euch zu erzürnen, sondern dem, herauszufinden, was hinter dieser Tat steckt.«
»Es ist kein Verhör?« Der Botschafter lachte bitter. »Da habe ich aber anderes gehört. Ihr seid hier, um mich zu vernehmen, so höflich Ihr auch tut. In Euren Augen ist mein Schicksal schon besiegelt. Aber sagt mir eins: Warum schickt der Kommandant eine Frau, um Männerarbeit zu tun? Ihr seid in meinen Augen nicht mehr als ein Kind, das sich mit einer Robe schmückt, die nur bestätigt, dass Ihr weder Maß noch Vernunft kennt, sonst würdet Ihr Euch nicht in diesen abartigen Praktiken üben. Diese Audienz ist nun beendet, und da es kein Verhör ist, ersuche ich Euch, nun zu gehen. Ihr seid hier nicht erwünscht.« Er erhob sich.
»Ihr seid deutlich, Botschafter«, sagte sie leise.
»Weniger deutliche Worte hat das Kaiserreich nie verstanden, Sera«, antwortete er in kaltem Tonfall. »Aldane steht treu zu seinen Verpflichtungen, Sera, aber es ist ein Königreich mit einem eigenen Herrscher. Und als Botschafter dieses Reichs bin ich nicht verpflichtet, Euren Anblick noch länger zu ertragen.«
Der Baronet zog scharf die Luft ein. »Botschafter…«, begann er.
»Schweigt, Baronet. Hier gibt es weiter nichts zu sagen. Die Sera und ihr Lakai können gehen.«
»Ihr seid ausfallend, Botschafter«, sagte Desina sanft, denn sie spürte die Angst und die Panik, die wie in Wogen von dem Grafen ausgingen.
»Ich nenne die Dinge beim Namen, Sera! Ihr überschreitet das Maß meiner Geduld. Nehmt Euch und Eure dunklen Künste und abartigen Praktiken und geht mir aus den Augen!«
»Mein Titel ist der einer Maestra«, korrigierte Desina sorgfältig. »Ich übe mich nicht in abartigen Praktiken, sondern in einer Wissenschaft. Mein Eid gilt nicht nur der Reichsstadt, sondern allen Reichen. Nicht ich bin die Bedrohung, Botschafter, sondern diese Unheiligen sind es.«
»Von denen sehe ich hier keinen«, sagte er grimmig. »Nur ein Kind in einer Robe, das unsinnige Behauptungen aufstellt. Ein Verfluchter, hier, in meinen Räumen? Lächerlich! Es ist so durchschaubar, Sera! Eine Bedrohung für uns alle, gegen die wir bestehen können, wenn wir uns nur der Führung der Reichsstadt anvertrauen? Geht, bevor ich mich gezwungen sehe, Euch mit Gewalt entfernen zu lassen.«
Der Botschafter schaute mit einem funkelnden Auge zu von Freise hinüber. »Geleitet die Sera und ihren Begleiter hinaus, Baronet. Jetzt und auf der Stelle!«
»Ich muss mich für den Botschafter entschuldigen«, sagte Baronet von Freise, als er die beiden Eulen zum Tor geleitete. »Ich verstehe es selbst nicht. Sagt, was geschieht mit dem Kammerdiener?«
»Er liegt im Schrein des Soltar bei der Hafenwacht. Sobald die Untersuchung beendet ist, wird man die Botschaft informieren. Der Graf kann dann entscheiden, wie mit dem Leichnam weiter zu verfahren ist.«
»Der Botschafter wird das als blasphemisch empfinden, Maestra.«
»Ein Priester Soltars wird zugegen sein«, sagte Santer knapp.
Der Baronet schaute blinzelnd zu Santer, das Sonnenlicht blendete ihn. »Ihr verbergt Eure Verstimmung schlechter als die Maestra, Freund«,
Weitere Kostenlose Bücher