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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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hochmütiger Gesichtsausdruck, bleich gepudert wie eine Frau?«
    »Danke«, sagte Wiesel bissig. »Darf ich nun weitererzählen?« Er warf Istvan einen bösen Blick zu und wandte sich wieder an Desina. »Istvan hat recht. Der Kerl kam direkt hier herein, setzte sich an meinen Tisch und trank einen Wein. Er fragte, ob die Bardin Taride Silberklinge hier auch singen würde, ich sagte, ja, aber nicht heute. Er sagte ›Schade‹, stand auf und ging wieder.«
    »Das war es?«, fragte Desina erstaunt.
    »Nein«, antwortete Wiesel und lehnte sich zurück. »Natürlich nicht. Ich sah dem Kerl verdutzt nach, und als ich danach einen Schluck Wein trank, bemerkte ich, dass der Kerl es geschafft hatte, mir eine Nachricht unter meinen Becher zu schieben.«
    Wie ein Schausteller, der sein Publikum verzaubern wollte, schnippte Wiesel mit den Fingern und hielt ein kleines, eng gefaltetes Büttenpapier zwischen ihnen. Er schob es zu Desina über den Tisch. »Diese hier.«
    Die Maestra tippte mit dem Finger auf die Nachricht, die sich auseinander faltete, und las die sorgfältig geschriebenen Worte, während eine feine Falte auf ihrer glatten Stirn entstand.
    Wenn Ihr dem Reich treu ergeben seid und Unheil von ihm wenden wollt, trefft mich heute Nacht am Turm der alten Seefeste zur ersten Kerze nach der ersten Glocke. Für die Gefahren, die ihr auf Euch nehmen müsst, werde ich Euch mit zwanzig Goldstücken entlohnen.
    Istvan, der neugierig mitgelesen hatte, pfiff leise durch die Zähne. »Zwanzig Goldstücke? Das ist eine Menge. Ich frage mich, wo er diese Summe herhat.«
    »Es ist ein götterverdammtes Vermögen«, stellte Wiesel richtig. »Natürlich wurde ich sofort misstrauisch.«
    »Natürlich«, sagte Desina zweifelnd.
    Er warf ihr einen erbosten Blick zu. »Ich weiß selbst, dass bei solchen Aufträgen stets etwas faul ist. Aber neugierig hat er mich schon gemacht.«
    »Was hat dich denn neugierig gemacht?«, fragte Desina.
    Wiesel blickte auf die Nachricht hinab. »Während der Kerl mir gegenübersaß, habe ich meinen Wein nicht angefasst… und auch darauf geachtet, dass er ihm nicht zu nahe kam. Ich brauche keine Kopfschmerzen, weil mir irgendjemand ein Pulver in den Becher tut. Und dennoch fand ich diese Nachricht unter meinem Becher.« Er sah die Eule und den Wirt bedeutsam an. »Der Kerl war gut! Außerdem«, er grinste breit, »hat allein schon dieser erste Satz mein Interesse geweckt.«
    »Wenn Ihr dem Reich treu ergeben seid…«, wiederholte Desina nachdenklich. »Eine ungewöhnliche Einleitung, um einem Dieb einen Auftrag zu erteilen, selbst wenn es sich um den besten in ganz Askir handelt.«
    »Also hast du dich mit ihm getroffen«, stellte Istvan fest.
    Wiesel nickte. »Was denkt denn ihr? Selbstverständlich ging ich hin! Ihr wisst ja, ich bin neugierig. Ich war schon vorher da, denn ich wollte sicher gehen, dass keine unliebsame Überraschung auf mich wartet. Du kennst die Ruine ja, Desina, vor allem bei Nacht kann man eine ganze Lanze Soldaten dort verstecken, ohne dass es jemandem auffallen würde. Ich fand jedoch nur ein paar Ratten und einen Leichnam, den man wohl vor ein paar Jahren vom Turm der Feste geworfen hat. Er hat das Meer verfehlt und fiel auf die Hippe unterhalb des Turms. Bei der Gelegenheit entdeckte ich sogar noch eine geheime Tür, aber leider war der Gang dahinter verschüttet«, fügte er bedauernd hinzu. »Kein Kranich, keine Soldaten, nicht mal ein gedungener Mörder oder Ähnliches. Nichts. Nur ein paar Fledermäuse, die etwas erbost darüber waren, dass ich sie in ihrem Revier gestört habe.« Er griff seinen Becher, hob ihn an, zog enttäuscht eine Augenbraue hoch und griff nach der Flasche, um sich nachzufüllen. »Dieser Jenks kam pünktlich. Es war gestern Nacht nicht ganz so dunkel wie heute, er kam ganz offen den Weg zur Feste hoch, allein und ohne dass er sich auch nur die Mühe machte, sich irgendwie zu verstecken. Nun, ich wusste, dass niemand da war, der uns beobachtete. Es störte mich schon ein wenig, dass es ihn nicht kümmerte, ob man ihn sah oder nicht.«
    »Vielleicht ging er davon aus, dass mitten in der Nacht niemand so blöd ist, sich an einem Ort aufzuhalten, an dem es spukt«, sagte Istvan.
    »Du meinst die alte Frau, die dort ihr Unwesen treibt?« Wiesel grinste. »Ich habe sie zweimal gesehen. Sie erscheint aus dem Nichts, schaut einen traurig an und verschwindet wieder. Nicht sonderlich beeindruckend. Da mag ich den Geisterwolf lieber, der manchmal nachts die

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