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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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wieder beteuerte, wie sehr sie mich liebt.« Der Prinz sah auf den zerdrückten Becher in seiner Hand herab und warf ihn mit einer Geste des Abscheus davon. »Sie nahm das Gift, bevor sie mit dem Dolch zustieß. Wenn sie nicht aus dem Bett aufgestanden wäre, um den giftigen Wein zu trinken, ich glaube, ich wäre gar nicht erwacht.« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Sie sagte, sie habe nicht ohne mich leben wollen! Wisst Ihr was, mein Freund? Sie hätte mir das Gift geben sollen, denn das wirkte zuverlässig.« Er griff sich einen neuen Becher, und Tarkan hielt ihm wortlos die Flasche hin.
    »Auch deshalb bin ich hier. Ich muss an einem anderen Ort sein, wenn man sie findet. Ihr müsst wissen, dass sie im Schlaf gewandelt ist… Aber diesmal fiel sie eine steile Treppe hinab.« Er sah mit gequälten Augen Tarkan an. »Es war der Gedanke Eures Vaters, mich hierher zu schicken, um mich der wüsten Völlerei und Wollust zu ergeben. Etwas anderes erwartet man von uns beiden ja nicht. Man wird es mir dennoch zur Last legen, dass ich mich bei anderen Weibern aufhalte, während die Frau, von der jeder dachte, sie würde meine Königin werden, einsam und verlassen auf kalten Steinen stirbt.«
    »Besser als die Wahrheit. Sie würde dem alten Grafen das Herz brechen.«
    »Ihr meint, es ist noch nicht gebrochen, wenn er von ihrem Tod erfährt? Vielleicht bricht es ihm aber auch nur deswegen, weil sie versagt hat. Loisin gestand mir, der Weißen Flamme anzugehören.« Der Prinz nahm einen tiefen Schluck. »Sie verehrte ihren Vater, also…«
    »… gehört auch er dem Kult an«, beendete Tarkan den Satz. Er sah zu, wie der Prinz den Becher leerte. »Wenn Ihr so weitermacht, mein Prinz, dann seid Ihr bald wirklich nicht mehr bei Sinnen.«
    »Wer sagt, dass ich es im Moment noch bin? Ich fühle mich gewiss nicht so. Aber Ihr habt recht, das ist das Ziel, mein Freund«, lachte er bitter. »Das ist das Ziel. Doch vorher… nehmt den Dolch und reicht ihn mir.«
    Tarkan tat wie geheißen und achtete wohlweißlich darauf, seinem Prinzen das Heft zu präsentieren.
    »Seht, Freund, wenn Ihr die Parierstange etwas zur Seite drückt, und hier dreht…« Mit einem Klicken löste sich das Heft vom Stahl der Klinge, und der Prinz zog es vom Dorn. Er klopfte mit dem Heft gegen die Stuhllehne, und ein kleines goldenes Röhrchen fiel heraus. Er nahm es auf und löste den Verschluss. Ein Stück Pergament rutschte heraus, und der Prinz reichte es an Tarkan weiter.
    Der las den Text, und seine Augen weiteten sich. »Aber…«
    »Hört gut zu«, unterbrach ihn der Prinz. »Der Tod meiner Mutter war kein Unfall, jeder vermutet es, aber Euer Vater sagt, man habe nun den Beweis gefunden. Es war der Kult, der sie ermorden ließ. Aber seinen Anfang hat es in Askir genommen, als sie dort vor fast sieben Jahren dem Kronrat beiwohnte. Dort erhielt der Mörder den Auftrag. Also schicke ich Euch dorthin. Eure Aufgabe wird es sein, den Schurken zu finden. Doch ich wäre Euch auch verbunden, wenn Ihr dafür sorgen würdet, dass ich die kommende Sitzung des Kronrats überleben werde. Und vielleicht sogar noch lange genug lebe, um die Krone zu tragen!«
    Er hielt Tarkan die Hand entgegen, und der gab dem Prinzen das Pergament zurück. Sorgfältig steckte dieser es wieder in das Röhrchen und setzte den Dolch zusammen.
    »Der Botschafter in Askir, Graf Altins, besaß das volle Vertrauen meiner Mutter«, sprach der Prinz dann leise weiter. »Mehr als das, Euer Vater offenbarte mir, dass sie Liebende gewesen sind. Der Botschafter war es selbst, der vorschlug, ihn nach Askir zu entsenden, damit diese Liebschaft nicht den Ruf meiner Mutter zerstörte. Ich kannte ihn ganz gut, ein ruhiger, freundlicher Mann, ein tapferer Ritter und ein außergewöhnlich geschickter Diplomat.«
    Der Prinz reichte den Dolch an Tarkan weiter, der ihn wortlos in das Ebenholzkästchen legte.
    »Doch was ich seit einiger Zeit aus der Reichsstadt höre, hat mit dem Mann, den ich kannte und den meine Mutter wohl in ihr Herz geschlossen hatte, kaum noch etwas gemein. Euer Vater, der Regent, schlägt vor, ihn zügig auszutauschen, bevor er Unheil anrichten kann. Was es ist, das den Mann so verändert hat, kann ich Euch nicht sagen, es ist jedenfalls nicht der Suff. Ihr, mein Freund, müsst entscheiden, ob er zurückberufen werden soll. Das ist das eine. Zum anderen gibt es in der Botschaft einen gewissen Mann. Euer Vater hat ihn vor Jahren geschickt, um herauszufinden, was damals in der

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