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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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sie und hielt fasziniert inne.
    Für eine Frau war sie groß, mit langem blondem Haar, das sich wie ein seidener Wasserfall über Rücken und Schultern ergoss. Dutzende von bunten Schleifen befanden sich im Haar. Ihr Lächeln raubte ihm den Atem.
    Sie saß breitbeinig da, zwischen ihren Beinen und auf das linke Knie gelegt eine wundervoll gearbeitete Laute, deren Holz rötlich schimmerte. Sie war in ein kostbares grünes Gewand gekleidet, mit bestimmt einem Dutzend Unterröcken aus weißer Spitze, reich bestickt und an der schmalen Taille mit geschnürten Lederstreifen verstärkt, die ihren Busen anhoben und die weiße Pracht reichlich unverhüllt darboten. Unter den gerafften Röcken konnte er eines ihrer Beine erkennen, gegen die kühle Meeresluft war es in einen reich bestickten Strumpf gehüllt, und endete in einem eleganten Stiefel mit hohen Absätzen, dieser so kunstvoll gearbeitet, dass selbst die Sohle verziert war.
    Eine Frau, so hieß es in Aldane, könne nicht so breitbeinig dasitzen, ohne an Eleganz und Anmut zu verlieren. Aber das hier war Askir, und die Bardin bewies das Gegenteil. Der kostbare Stiefel wippte im Takt, schlanke Finger flogen nur so über die Saiten der Laute, und das Gesicht… Götter, dachte Tarkan, hier hatte wohl Astarte selbst das Füllhorn ausgeschüttet! Die blauen Augen, die feingeschwungenen Augenbrauen, die hohe Stirn und gerade Nase, Kinn und roter Mund – vollkommene Schönheit in einer Art und Form, die dem Baronet den Atem nahm.
    Aber es waren die Augen, dachte Tarkan, als er sich wieder fing. Vielleicht waren sie zu groß für dieses Gesicht. Die Augen einer Katze. Sie tanzten fröhlich, zeigten feine Lachfältchen und begleiteten die Ballade von dem Müllerssohn, der auszog einen Drachen zu töten, mit einer Mimik, die ihr zum Teil kindliches Publikum in den Bann zog, zum Lachen brachte oder aufstöhnen ließ, als der Müllersohn gerade einen Besen zu seiner Lanze machte.
    Dann fand sie ihn in der Menge, ihre Augen trafen sich, und Tarkan spürte den Blick wie einen Stich, der ihm das Herz stocken und den Bauch zusammenziehen ließ. Für einen Moment erschien auf dieser glatten weißen Stirn eine feine Falte, dann verschwand sie wieder. Die Bardin gab sich weiter der Ballade hin und lud ihre Zuhörer ein, den Abenteuern des jungen Müllers zu folgen.
    Tarkan lehnte sich gegen eine der Kisten und vergaß für einen kostbaren Moment Kronrat und Prinz, Seelenreiter und Mord und lauschte versonnen einer Ballade von einem jungen Mann, der keinen Zweifel daran hatte, dass er das Richtige tat.
    Als sie aufhörte zu spielen, ihren federgeschmückten Hut herumgehen ließ und von der Menge reich entlohnt wurde, war es für Tarkan, als ob er aus einem Traum erwachen würde.
    Als der Hut vor ihm anhielt, griff er in sein Wams und ließ eine Goldmünze hineinfallen, während er sie unverwandt ansah. Sie schaute hinab in ihren Hut, wo das schwere Gold auf Kupfer und nur wenig Silber gelandet war, und lächelte leicht. »So gut hat es Euch gefallen?«, fragte sie.
    »Kommt wieder«, sagte Tarkan nur leise. Einen Moment trafen sich ihre Augen, sie nickte fast unmerklich und ging dann weiter, ein fröhliches Lächeln und einen kleinen Scherz für jedermann, der sie belohnte.
    »Ihr seid nicht von hier, nicht wahr?«, fragte sie, als sie sich anschließend zu ihm gesellte. Sie wog ihren Beutel in der Hand, verstaute ihn und setzte dann den breitkrempigen Hut wieder auf, an dem die Feder keck wippte. »Ein Aldaner, würde ich meinen.«
    »Ist das so leicht zu erkennen?«, fragte Tarkan mit einem Lächeln.
    »Nirgendwo sonst im Reich, wird das ›r‹ so misshandelt wie in Eurer Heimat, Ser«, sagte sie. »Es ist unverkennbar.«
    Sie hielt die goldene Münze hoch, die Tarkan ihr gegeben hatte. »Ist das nicht etwas viel für eine Ballade?«, fragte sie, während ihre Augen ihn musterten, als ob sie tiefer sehen würden als andere. Wie alt die Bardin war, vermochte Tarkan nicht zu sagen, obwohl er sich für einen Kenner der Weiblichkeit hielt. Ihre Haut war, von den feinen Lachfalten abgesehen, glatt und faltenlos wie die eines Mädchens, doch die Augen hatten viel mehr gesehen, als es ihre Jahre erlauben sollten. Selbst wenn er sich täuschte, so konnte sie kaum älter sein als zwei Dutzend und vier.
    »Ich habe schon viele Auftritte von Barden gesehen«, sagte Tarkan mit seinem freundlichsten Lächeln. »Auch von solchen, die als die Größten angepriesen wurden. Ich hörte sie in reich

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