Die Eule von Askir
sie ganz gewiss nicht.
»Ja«, beantwortete Desina Santers Frage, während die Soldaten die Schaulustigen zurücktrieben, sodass ein freier Platz vor den Gebäuden entstand. »Ich erwarte nicht, dass wir ihn hier finden werden. Vielleicht eine Spur, die zu ihm führt. Dennoch…«
Der Stabsleutnant nickte zustimmend. »Vorsicht ist immer gut.« Er sah zu, wie die Marinesoldaten den Bereich abschlossen und sich eine Gruppe darauf vorbereitete, in den Schiefen Mast einzudringen.
»Sagt, Maestra, das, was Ihr vorhin gesagt habt, im Boot, meine ich… Haltet Ihr es für möglich, dass es etwas mit dem Verfluchten zu tun hat?«
»Ay«, sagte sie leise. »Es wäre wohl ein seltsamer Zufall, wenn diese ganzen Morde, die von und mit Magie verübt wurden, nicht zusammenhängen würden.« Sie schaute hoch zu ihm. »Es sollte heutzutage, nach so vielen Jahrhunderten, niemanden mehr geben, der diese Form der Magie, die Wissen rauben kann, beherrscht. Es ist eine Magie der dunklen Elfen. Ihnen sagt man nach, dass ihre Augen im Dunkeln rot leuchten und sie dazu imstande wären, sich in Rauch aufzulösen.«
»Wieso sollen sie hier morden?«, fragte Santer überrascht. »Wo ist da die Verbindung?« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe auch von diesen Elfen gehört, aber sie sind nicht mehr als eine Legende.«
»An mancher Legende ist etwas Wahres dran.«
Desina sah zu Schwertmajor Rikin, die ihren Leuten ein Zeichen gab. Daraufhin wurde die Tür zur Taverne aufgerissen, sechs Mann stürmten mit erhobenen Schilden hinein, während sich jeweils vier Soldaten Zugang durch die drei Fenster verschafften. Das Geräusch von berstendem Glas wurde hörbar, dann Schreie… dann Kampfeslärm, der nicht lange anhielt, dann folgte Stille.
In der Tür erschien eine der Seeschlangen und gab der Schwertmajorin ein Zeichen, woraufhin diese einen weiteren Befehl gab und eine zweite Tenet in die Taverne eindrang, während die restlichen Soldaten mit Armbrüsten im Anschlag die Vorderseite bewachten. Es dauerte nicht lange, bis ein anderer Soldat in der Tür erschien und ein weiteres Zeichen gab, erst jetzt entspannte sich Rikin. »Wir können hinein«, teilte sie Desina und dem Stabsleutnant mit. »Das Gebäude ist gesichert.«
26
Das war es in der Tat. Im großen Schankraum knieten gefesselt knapp zwei Dutzend Leute, unter ihnen der Wirt und drei Schankmägde und zwei bullige Männer, die hasserfüllt aufsahen, als Desina, Rikin und Santer die Taverne betraten. Einer der Soldaten war am Arm verletzt, ein weiterer kräftiger Mann lag in einer Blutlache vor dem Fuß der Treppe, die hinter der schweren Theke nach oben führte. Der Rest der Gefangenen bestand aus dem üblichen Abschaum des Hafens, hartgesottene Halunken und Seeleute, die es nicht gewohnt waren, Ärger aus dem Weg zu gehen.
Ein Korporal trat vor und erstattete Rikin Meldung. »Das Gebäude ist gesichert. Nur einer der Halunken leistete Widerstand, Marin hat einen leichten Kratzer abbekommen, das war es schon.« Er sah zu dem Toten hinüber. »Dämlicher Hund.«
Desina musterte die Gefangenen. Die meisten von ihnen waren eingeschüchtert, vor allem die drei Schankmädchen. Kaum eines von ihnen war viel älter als Regata oder sie selbst, aber sie sahen verbraucht und verlebt aus, jeder Funken in ihnen erloschen. Sie knieten hier und warteten ergeben auf ihr Schicksal. Ein paar der Seeleute sahen sowohl wütend als auch unverständig drein, einer von ihnen hob den Kopf und funkelte sie an. »Wir haben nichts getan! Ich verlange, freigelassen zu werden! Und zwar bald, mein Schiff läuft mit der Ebbe aus!«
»Dann hättet Ihr an Bord sein sollen«, antwortete Rikin ungerührt. »Wir werden euch schon aussortieren.« Sie wies mit der Spitze ihres Schwerts auf einen der Gefangenen. »Nur dich nicht, Joakin. Dich suchen wir schon lange.«
Der Gefangene, ein hagerer Mann in dunklen Kleidern, warf ihr einen hasserfüllten Blick zu, und versuchte sie anzuspucken. Rikin wich nicht aus, aber der Auswurf verfehlte sie ohnehin. Santer trat einen Schritt vor. Es sah fast nachlässig aus, wie er den Mann mit einer Hand ohne erkennbare Mühe hochhob und ihm mit der anderen einen Hieb an die Schläfe versetzte. Er ließ den Mann los, und bewusstlos schlug der Kerl vor den Füßen der Schwertmajorin auf den dreckigen Boden auf, dann schob Santer ihn mit einem Fuß in die Reihen der Gefangenen zurück.
Die meisten der anderen verkniffen sich weitere Proteste, doch der Wirt und
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