Die Eule von Askir
Befragung der Gefangenen etwas bringen wird.«
»Die beiden Schläger des Wirts wissen gar nicht, worum es geht«, erklärte Stabssergeant Hartung, als er Santer, Rikin und die Maestra etwas später zum Zellentrakt begleitete. »Dafür haben sie sich fleißig gegenseitig verschiedener Dinge bezichtigt.« Der Sergeant schüttelte nur den Kopf. »Der Wirt hingegen«, fuhr er fort, »ist ein ganz anderes Kaliber. Er fragt nur immer wieder, ob schon jemand gekommen wäre.« Der Soldat sah zu Desina hinüber. »Ihr müsst ihm einen ordentlichen Schrecken eingejagt haben, er flucht die ganze Zeit.«
»Dann wollen wir mal sehen«, sagte Desina, als der Soldat die schwere Zellentür aufschloss. Doch der Wirt würde nichts mehr sagen, er lag in seinem eigenen Urin auf dem Boden. Während Desina und Rikin einen überraschten Blick wechselten, näherte sich der Soldat mit gezogenem Schwert vorsichtig dem Wirt, stieß ihn mit dem Fuß an und beugte sich dann über ihn. Als er sich wieder aufrichtete, schüttelte er den Kopf. »Er ist tot«, stellte er verwundert fest. Er sah sich zweifelnd in der leeren Zelle um. »Nur, wie ist dies möglich?«
Desina trat an die Leiche heran, und der Soldat half ihr, den Mann auf den Rücken zu drehen.
»Wenn ich es nicht besser wüsste«, meinte Hartung verwundert, »würde ich sagen, er ist erdrosselt worden. Doch es gibt keine Spur von Würgemalen!«
»Doch«, widersprach Desina. »Die gibt es. Ihr könnt sie nur nicht sehen.« Sie hielt ihre Hand an den Hals des Toten, sorgsam darauf bedacht, ihn nicht zu berühren. Ein dunkles Mal wurde dort sichtbar. Sie spürte wieder dieses seltsam kalte Gefühl, den Geschmack von Blut in ihrem Mund. Als sie die Hand wegnahm, verschwand das Mal. Sie sah sich um. Es gab in der Zelle nur eine Öffnung, die Tür.
»Hatte er denn Besuch?«, fragte sie, als sie sich wieder erhob.
»Nein«, antwortete der Stabssergeant. Er musterte Schloss und Scharniere der Tür. »Nichts«, sagte er. »Nichts zu erkennen. Aber, Maestra, als ich eben hochging, um Euch Bericht zu erstatten und Euch zu ihm zu führen, lebte er noch. Das schwöre ich!«
»Ich glaube Euch, Stabssergeant«, sagte Desina. Sie schloss müde die Augen und massierte sich den Nacken. »Also war alles umsonst.« Sie sah den Soldaten an. »Oder wussten die Mädchen etwas?«
»Ich habe eine unserer Rekrutinnen zu ihnen in die Zelle gesperrt. Die Schankmägde haben sich über alles Mögliche unterhalten, wild herumspekuliert, aber es war leicht zu erkennen, dass sie nicht die geringste Ahnung hatten. Die anderen Gäste wussten auch nichts, ich habe sie wieder laufen lassen. Bis auf Joakin. Der bleibt hier.«
»Was hat dieser Joakin denn ausgefressen?«, fragte Desina neugierig.
»Er ist ein gerissener Mörder«, antwortete Rikin für den Sergeanten. »Wir haben ihn schon eine Weile gesucht. Er benutzt eine ganz besondere Methode… Er bringt andere dazu, unwissentlich für ihn zu töten.«
»Wie das?«, wollte Desina wissen.
»Er brachte die Frau seines letzten Opfers dazu, ihrem Mann ein Pulver in den Tee zu rühren, damit er sie ausdauernder lieben konnte. Der Mann starb daran. Die Frau bestand darauf, vor Boron zu treten, um ihre Unschuld zu beweisen, und konnte Joakin genau beschreiben«, erklärte Santer. »Wir haben den Kerl schon lange gesucht.«
»Wie hat Boron entschieden?« Wie viele andere auch war Desina von der Gerechtigkeit des Gottes fasziniert. Die Urteile waren oft so überraschend und so unterschiedlich, dass man nur schwer erkennen konnte, wie der Gott dachte. Manchmal war er wirklich unberechenbar.
Rikin schmunzelte. »Er trug ihr auf, weltlichen Dingen zu entsagen und sich den Priesterinnen der Astarte zu unterwerfen.« Sie lachte leise. »In gewissem Sinne leuchtet es mir ein. Ich habe gehört, sie sei jung, schön und sehr begabt… in gewissen Dingen.«
»Joakin wird es anders ergehen«, sagte der Sergeant grimmig. »Wir wissen nun von sieben Fällen, in die er verwickelt ist. Zwei sind ohne jeden Zweifel bewiesen. Er wird morgen Inquisitor Pertok vorgeführt. Pertok hat weniger Humor als Boron, ich zweifle nicht daran, dass Joakin mit Blei gefüllt werden wird.«
Das traditionelle Urteil für Giftmörder. Ihnen wurde durch einen Trichter flüssiges Blei eingeflößt, bis sie starben.
Einen Moment lang fühlte sich Desina schwach, dann riss sie sich zusammen. So hart das Gesetz in der alten Reichsstadt auch war, es war meist gerechter als in den anderen Reichen,
Weitere Kostenlose Bücher