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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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Hass, den er gegen den Kult in sich trug. Er versuchte ihn zu unterwandern und nahm Dinge auf sich, von denen er nicht sprechen wollte. Es gelang ihm, das Vertrauen anderer zu gewinnen. Er gestand mir, dass er auf der Suche nach demjenigen war, der den Tod Eurer Königin verursacht hat. Er muss ihn auch gefunden haben.«
    »Hat er Euch gesagt, wer es ist?«, fragte Tarkan atemlos.
    »Nein«, antwortete sie. »Aber er fragte mich, ob ich die Ordinade kennen würde.«
    »Die alte Ballade von der Schöpfung der Riesen?«, fragte Tarkan erstaunt.
    »Ihr habt mehr in Eurem hübschen Kopf, als ich dachte«, meinte die Bardin. »Wir unterhielten uns über die Riesen und über die, welche vor ihnen da waren, und die, die nach ihrem Untergang die Welt bevölkerten. Darüber, wie alt der Text wohl sein könnte und ob er einen Sinn ergeben würde. Ich kenne die Ordinade«, sagte sie. »Ich singe sie sehr selten. Sie dauert gute zwei Kerzen lang, hat ein schlechtes Versmaß, und danach schläft ein ganzer Saal tief und fest. Aber diese eine Strophe hatte es ihm angetan.«
    Leise deklamierte sie den Text, die Sprache der Varlande klang ungewohnt und rau auf ihren Lippen. Tarkan hob die Hand, und sie hielt inne.
    »Verzeiht, ich sehe, der Diener hat mich an Bildung übertroffen, denn ich verstehe diese Sprache leider nicht«, sagte er entschuldigend.
    »Es ist ihre alte Sprache. Sie behaupten ja selbst, dass sie von den Riesen abstammen. In der Übersetzung geht der Text in etwa so«, sagte sie und deklamierte den Vers erneut.
     
    »Ein Rabe fliegt und landet,
    auf des Riesen weißem Haupt,
    das Feuer in der Esse brandet,
    als heißer Stahl ein Licht ihm raubt.
    Ein Aug des blauen Himmels Farbe,
    das zweite schwarz und dunkel wie die Nacht,
    Hat der Schmied dem Tag die Nacht gebracht.«
     
    »Und was bedeutet es?«, fragte Tarkan. »Nichts Gutes, denke ich. Es hat mir eben einen Schauer über den Rücken gejagt!«
    »So schlimm ist es nicht«, meinte Taride. »Man muss bedenken, woher der Text stammt. Ich habe gehört, in den Varlanden sei es Brauch, dass sich zwei alte Freunde zur Begrüßung gegenseitig niederschlagen.« Sie lachte leise. »Der Text ist ein Teil ihrer Schöpfungsgeschichte. Der Rabe bringt dem Allvater Nachricht, dass es Zeit geworden ist, das Gefüge der Welten neu zu schmieden. In der Esse des Himmelfeuers spritzt das Eisen auf und raubt ihm ein Augenlicht, nun sieht er mit einem Auge den Tag, mit dem anderen die Nacht. Weil er es so sieht, ist es auch so geschehen, und die Welt, der Tag und die Nacht sind neu erschaffen.« Sie zuckte die Schultern. »Alle anderen Schöpfungen beginnen in der Dunkelheit, zu der das Licht hinzukommt. Diese hier ist die einzige, die ich kenne, in der das Licht den Anfang darstellt und die Dunkelheit dazustößt.« Sie nahm einen kleinen Schluck aus ihrem Weinglas.
    »Und was…?«
    »Was hat das mit dem Ganzen zu tun? Nun, Jenks lachte bitter, als er diesen Vers hörte. Dann sagte er, dass das der Mann sei, der seine Königin ermorden ließ.« Sie sah ihn aufmerksam an. »Sagt Euch das etwas?«
    Tarkan schaute sie an und schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Nicht das Geringste. Der Allvater, der Gott der Riesen, ließ meine Königin ermorden? Was ergibt das für einen Sinn? Seid Ihr sicher, dass er es so gesagt hat?«
    »Natürlich bin ich sicher! Das ist der Mann, der meine Königin ermorden ließ«, sagte Taride. »Das waren seine exakten Worte. Ich bin eine Bardin, und Worte sind mein Handwerk.« Sie sah ihn an. »Ich habe ihn gefragt, was er damit meinte, und er sagte nichts und bat mich, weiterzuspielen. Als er ging, wirkte er sowohl grimmig entschlossen als auch niedergeschlagen. Ich konnte ihn nicht aufmuntern, obwohl ich es wirklich versucht habe.«
    Tarkan überlegte. »Vielleicht ist diese Beschreibung nur ein Bild. Vielleicht meint er einen Geblendeten, einen Mann mit nur einem Auge…«
    Taride schaute lange auf den Tisch herab. »Oder jemanden mit unterschiedlichen Augenfarben. Hell und dunkel.«
    »Das wäre eine Möglichkeit. Aber wo sollen wir so jemanden finden? Warum musste er sich nur so rätselhaft ausdrücken?« Tarkan verzog missmutig das Gesicht.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Wie auch immer. Ich mochte diesen Mann, der kein Diener war. Könnt Ihr mir sagen, wer er war?«
    Tarkan schüttelte den Kopf. »Nein, Sera, das kann ich nicht. Ich weiß nichts weiter über ihn, nur, dass er der Königin und dem Prinzen loyal ergeben war.«
    Sie nickte, schaute

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