Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
wohl weiß, den Euro will – wenn auch nur aus Ahnungslosigkeit. Und er will um jeden Preis retten, was sich auf Dauer nicht retten lässt, ohne dass den Rettern dabei das Geld ausgeht.
Schäubles Behauptung, die Zypern-Rettung sei ein Erfolg gewesen, wurde schon kurze Zeit später widerlegt, als der zyprische Finanzminister zusätzlichen Bedarf an Hilfsgeldern anmeldete. Als wolle er den Zynikerspruch »Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern« illustrieren, ließ er im April 2013 verkünden, ja, man habe den Finanzbedarf im November auf 17,5 Milliarden Euro beziffert. Jedoch: »Die Zahl liegt fortan bei 23 Milliarden.« Dass das gesamte Bruttoinlandsprodukt Zyperns 2012 bei 22,5 Milliarden lag, setzte er als bekannt voraus. Zwar muss der Inselstaat die zusätzlichen 6 Milliarden aus eigener Kraft aufbringen, das heißt mittels Plünderung von privaten Bankkonten. Doch kann man sich vorstellen, was geschieht, wenn ihm dies nicht gelingt. Dann gilt für Euroland die Devise: Wer einmal rettet, muss immer retten.
Es geht auch anders: Island hat seine Schuldenkrise aus eigener Kraft gemeistert. Es ließ sogar sein Volk darüber abstimmen, ob man es mit Fremdhilfe oder aus eigener Kraft schaffen wollte. Aus eigener Kraft, entschied man. Im Gegensatz zu Europas Sorgenkindern zögerte man nicht, die Zockerbanken pleitegehen zu lassen und sogar, undenkbar für Europa, die für die Missstände verantwortlichen Politiker vor Gericht zu stellen. Und das Tollste: Es hat funktioniert.
Das Land hat sich wie Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen. Seit dem Zusammenbruch des Bankensektors ist seine Wirtschaft ständig gewachsen, hat sich Island finanziell nahezu saniert. Der Beitritt zur EU , um den es sich in jahrelangen Verhandlungen bemüht hatte, wurde, wie der Außenminister im Januar 2013 verkündete, bis auf Weiteres auf Eis gelegt. Seinem Volk kann das nur recht sein: Laut einer Umfrage vom Februar dieses Jahres waren 63,3 Prozent der Isländer gegen diese Anbindung. Bei den Wahlen im April haben sie die eurofreundlichen Parteien abgewählt.
Beim Thema Euro-Volksbefragung hat Wolfgang Schäuble den Vogel abgeschossen. Im Mai 2012 forderte er allen Ernstes, die Griechen sollten selbst über ihren Verbleib in der Euro-Zone und damit auch über weitere Milliardengeschenke aus Deutschland abstimmen. Im Jahr zuvor hatte der damalige Ministerpräsident Papandreou mit demselben Vorschlag bei der Bundesregierung Empörung ausgelöst. Nun also nahm Schäuble einen neuen Anlauf, es den Griechen nur ja recht zu machen.
Auf die Idee, die deutschen Wählerinnen und Wähler zu befragen, war der deutsche Finanzminister nicht gekommen. Ob sie weiter bereit waren, massenhaft Steuergelder in dem griechischen Fass ohne Boden – und nicht nur in diesem Fass – zu versenken, darüber sollten allein er selbst und seine »Chefin« entscheiden, die über ausreichende Mehrheiten im Bundestag verfügten. Dem Volk, das angeblich durch das Parlament repräsentiert wird, scheinen dessen Abgeordnete, allen voran Wolfgang Schäuble, tief zu misstrauen.
Denselben Mangel an Respekt vor den deutschen Wählern zeigte er, als er bei der Verleihung des Karlspreises 2012 anregte, zukünftig den EU -Kommissionspräsidenten vom europäischen Volk direkt wählen zu lassen – ungeachtet des unüberwindlichen Sprachproblems. War Schäuble nicht bewusst, dass er den Europäern ein Privileg zugestehen wollte, das seinem eigenen Volk vorenthalten wird? Im Gegensatz zu den meisten demokratisch organisierten Nationen dürfen die Deutschen ihr eigenes Staatsoberhaupt nicht direkt wählen.
Nein, Schäuble hat den Traum vom »Europa der Vaterländer« – einst von Charles de Gaulle erfunden und im Vertrag von Lissabon festgezurrt – ad acta gelegt, um sich ganz dem Traum von den »Vereinigten Staaten von Europa« hingeben zu können. Sein Vorbild dafür sind offensichtlich die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Unterschied zu Europa sprechen dort die Bürger aller 50 Bundesstaaten die gleiche Sprache, weshalb sie sich problemlos ein Bild von den jeweiligen Kandidaten machen können. Dagegen würde ein Wahlkampf in der EU zur Farce, da es zu einer Sprachenverwirrung wie beim Turmbau zu Babel kommen würde.
Wie sollen sich beispielsweise französische Wähler ein Bild von einem Kandidaten machen können, dessen Mentalität ihnen so fremd ist wie seine Sprache? Kann man in Frankreich auf Finnisch Wahlkampf machen? Oder in Helsinki auf
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