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Die Evangelistin

Die Evangelistin

Titel: Die Evangelistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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würde? Die Liebesbeziehung eines Juden und einer Christin, die, wie wir uns ehrlich eingestehen mussten, doch nie eine Zukunft haben konnte? Eine stürmische Affäre, nach deren tränenreichem Ende sie sich wieder in Tristans Arme werfen würde, da er ihr die Sicherheit gab, die ich ihr niemals geben konnte, weil ich ein Jude war? Ein Jude, der niemals etwas anderes sein wollte als ein Jude, weil es das Letzte war, was ihm in seinem Leben geblieben war!
    Wie hatte ich auch nur einen Moment lang annehmen können, sie könnte mit mir glücklich werden?
    Celestina war die Liebe meines Lebens! Doch nun hatte ich sie für immer verloren! Nach ihr konnte ich keine andere Frau mehr lieben – nicht Rebekka und auch nicht Lea. Nie mehr würde ich lieben. Mein Herz würde wieder erfrieren. Für den Rest meines Lebens würde ich wieder allein sein und so gottverlassen einsam wie in den hoffnungslosen Jahren nach Sarahs Tod.
    Mein Leben hatte nun endgültig seinen Sinn verloren: denn ohne Celestina konnte ich das Verlorene Paradies nicht erschaffen!
    Wäre ich an jenem Karfreitag doch mit Sarah und meinem Sohn auf dem Scheiterhaufen gestorben! Hätte ich mich doch von David und Aron losgerissen und in die Flammen geworfen!
    Sarah, meine geliebte Sarah war gestorben, damit ich weiterleben konnte! Ich hatte die Gelübde des Nazirats abgelegt, hatte mich Gott geweiht und hatte mit meinem ganzen Herzen und meiner ganzen Seele versucht, heilig zu werden – ein Nazoräer! Aber ich war so unheilig geworden, wie ich es nur sein konnte! Jedes Gebot hatte ich gebrochen!
    O Gott, diese Schuld!
    Vielleicht war es am besten, wenn ich ging, bevor sie zurückkehrte, wenn ich ihr und mir eine tränenreiche Trennung ersparte und sie ohne ein Wort des Abschieds verließ.
    Wozu Worte verschwenden, die am Ende doch nichts anderes waren als die Rechtfertigung einer Schuld, die unentschuldbar war. Ich hatte Tristans Ehe gebrochen, wie zuvor die Ehe meines Bruders David. Diese Sünde würde Adonai mir niemals vergeben!
    Bebend vor Scham und vor Enttäuschung über meine furchtbare Tat erhob ich mich vom Bett und brachte meine Kleidung in Ordnung. Dann legte ich Tristans Brief mit seinem Ring auf das Kopfkissen.
    Leise schlich ich die Treppe hinunter, lauschte einen Herzschlag lang auf Celestinas verzweifeltes Schluchzen, das aus Menandros’ Schlafzimmer drang, dann zog ich lautlos die Tür hinter mir ins Schloss.

    Ich hatte immer gedacht, Sarahs Tod wäre der schlimmste Augenblick meines Lebens. Doch ich hatte mich getäuscht.
    Wie Recht hatte Celestina gehabt, als sie schrieb:
    ›Der furchtbarste Augenblick im Leben des Menschen ist nicht der, in dem er erkennt, dass, obwohl er sein Leben lang mit aller Kraft gekämpft hat, seine Hoffnungen sich nicht erfüllen werden, sondern der, in dem er sich bewusst wird, dass er keine Hoffnungen mehr hat, keine Wünsche, keine Träume, keine Visionen …
    … nichts, wofür es sich zu leben lohnt.‹

· C ELESTINA ·
K APITEL 13
    »… und dann habe ich ihn gefragt, ob er sich Kinder wünscht«, schluchzte ich.
    Menandros setzte sich im Bett auf und umarmte mich tröstend.
    »Einen Sohn mit mir zu haben, das wäre sein Herzenswunsch. Wie gern würde er wieder ein Kind im Arm halten! Einen kleinen Netanja. Meine Tränen haben ihn verletzt. Nach Benjamins Tod wünscht er sich so sehr einen Sohn! Aber ich … ich kann doch keine Kinder bekommen! «, schrie ich meine Seelenqualen hinaus.
    Menandros zog mich neben sich auf das Bett, legte den Arm um mich und ließ mich weinen.
    Schließlich wischte ich mir die Tränen ab. »Was soll ich tun, Menandros? Soll ich ihm die Wahrheit sagen – dass ich ihm niemals ein Kind schenken kann? Keinen Sohn, der die Dynastie der Ben Davids fortsetzen kann.«
    »Sag ihm die Wahrheit, wie du sie mir im Katharinenkloster gesagt hast«, presste er hervor. »In der Kapelle des brennenden Dornbusches hast du mir gestanden, dass du mich als vertrauten Freund haben willst, nicht als Geliebten.«
    »Seit drei Jahren hoffst du, dass sich meine Gefühle ändern«, erwiderte ich.
    »Diese Hoffnung werde ich niemals aufgeben, Celestina«, murmelte er. »Ich liebe dich!«
    Ich küsste ihn auf die Lippen. Verzweifelt erwiderte er meinen Kuss und schlang seine Arme um meine Schultern.
    »Deine Liebe bedeutet mir sehr viel«, flüsterte ich, dann befreite ich mich aus seiner Umarmung. »Ich gehe jetzt zu Elija.«
    »Was wirst du ihm sagen?«
    »Ich werde ihn fragen, ob er mich noch will,

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