Die Evangelistin
Knie berührten. Dann ergriff sie meine Hand, zog mich zu sich herüber und küsste mich.
Ich war wie von Sinnen! Zutiefst erregt zog ich sie an mich, doch sie riss sich lachend los, wendete ihr Pferd und galoppierte am Campanile vorbei über die Piazza San Marco.
Schwer atmend trieb ich Menandros’ Hengst an und stürmte ihr hinterher. Sie war ein paar Pferdelängen vor mir, doch ich hatte sie schnell eingeholt.
Tief beugte ich mich über die Mähne meines Hengstes, während wir in rasender Geschwindigkeit nebeneinander her ritten.
In manchen Nächten war ich mit Sarah ausgelassen lachend durch die Olivenhaine unseres Landsitzes galoppiert. Tief sog ich die Nachtluft ein, atmete nicht den Geruch der Lagune von Venedig, sondern den berauschenden Duft der Orangenbäume in den Gärten unserer Villa bei Alhama de Granada.
Weit beugte ich mich aus dem Sattel, um nach ihren Zügeln zu greifen, doch vor Vergnügen jauchzend entkam sie mir.
Die Hufe schlugen Funken auf dem Steinpflaster der Piazza, als Celestina plötzlich ihren Hengst herumriss und in Richtung der Prokuratien davonraste. Schon hatte ich sie eingeholt, da änderte sie erneut die Richtung und entkam. Voller Vorfreude auf eine leidenschaftliche Nacht in ihrem Bett folgte ich ihr. Zwischen den beiden Kirchen am Westende der Piazza erreichte ich die Calle dell’Ascension, die nach links in Richtung des Canal Grande führte. Schlitternd bog ich in der schmalen Gasse nach rechts ab zur Kirche San Moisè.
Immer wieder sah sie sich nach mir um und trieb lachend ihr Pferd an, als ich sie einholte.
Auf dem Campo vor der Kirche drängte sie mich ab – beinahe wäre ich mit meinem Pferd in den Rio di San Moisè gestürzt! – und jagte mit einem triumphierenden Schrei die Stufen der Brücke hinauf. Der wilde Ritt durch das nächtliche Venedig schien ihr unbändigen Spaß zu bereiten!
Schwer atmend zügelte ich meinen Hengst nicht einmal zwei Schritte vor dem im Mondlicht schimmernden Kanal, dann wendete ich und trabte die Stufen der Brücke empor.
Am Ende der Gasse sah ich, wie sie ihr Pferd nach links herumriss, zur Brücke, die über den nächsten Rio führte. Über die Schulter blickte sie zurück: ob ich ihr noch folgte?
Ich hieb meinem Pferd die Absätze in die Flanken. Die Hufe donnerten durch die nächtliche Stille.
Dann hatte ich den nächsten Rio erreicht! Von der Brücke aus beobachtete ich, wie sie ihr Pferd die Treppe neben der kleinen Kirche am Campo hinauflenkte. Mit einem gewaltigen Satz sprang mein Hengst über die Stufen der Brücke hinweg und stürmte hinter ihr her.
»Du wirst mir nicht entkommen!«, rief ich ihr hinterher, doch sie lachte nur übermütig. Beinahe wäre ihr Pferd auf den glatten Stufen ausgeglitten, aber es fing sich wieder.
Auf dem Campo San Maurizio hatte ich sie endlich eingeholt. Ungestüm drängte ich meinen Hengst gegen ihren, bis sich unsere Knie aneinander rieben. Ich beugte mich vor, um ihr die Zügel zu entreißen, aber wieder entkam sie mir.
Hintereinander preschten wir durch die schmale Gasse auf den Campo San Stefano. Bevor sie nach links zur Ca’ Tron abbiegen konnte, schnitt ich ihr den Weg ab. Während wir ganz nah nebeneinander her galoppierten, neigte ich mich weit hinüber und riss sie schwungvoll vor mich in den Sattel.
Um nicht von meinem galoppierenden Pferd zu fallen, schlang sie ihre Arme um meine Schultern und hielt sich an mir fest. Völlig außer Atem zügelte ich meinen Hengst nur wenige Schritte vor dem Gartentor der Ca’ Tron.
Ihre Hand lag auf meinem Knie und huschte an der Innenseite meines Schenkels nach oben, um mich zwischen meinen Beinen zu streicheln. Ihr Kuss war erregend, und ich stöhnte vor Lust.
Als ich die Zügel losließ, um sie zu umarmen, lachte sie übermütig und glitt aus dem Sattel. Mit wehenden Röcken rannte sie zum Portal und huschte ins Haus.
Voller Ungeduld sprang ich ab, band Menandros’ Pferd fest und stürmte ihr hinterher. Mit einem Tritt schloss ich das Portal, das donnernd ins Schloss fiel, und folgte ihr, zwei Stufen auf einmal nehmend, hinauf in den ersten Stock.
An der Treppe, die zu ihrem Schlafzimmer hinaufführte, hatte ich sie eingeholt. Ungestüm riss ich sie in meine Arme und hielt sie fest, damit sie mir nicht noch einmal entkommen konnte. Mein Kuss raubte ihr den Atem.
Aufgeschreckt durch den Lärm war Menandros aus seinem Schlafzimmer gekommen. Er trug eine seiner weiten orientalischen Roben und hielt ein Buch in der Hand. Offenbar
Weitere Kostenlose Bücher