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Die Evangelistin

Die Evangelistin

Titel: Die Evangelistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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wegschicken. Wenn er von Elija erfuhr, wäre er zutiefst gekränkt.
    »Was ist mit dir? Du bist so geistesabwesend.«
    Verwirrt sah ich auf: Menandros stand neben mir.
    Als ich seufzte, küsste er mich zart auf die Wange. »Kann ich etwas für dich tun?«
    »Nein, Menandros.«
    Warum war er so besorgt um mich?
    »Celestina.« Er zögerte, als müsste er mir etwas Furchtbares schonend beibringen. »Du hast Besuch.«
    Er wich meinem Blick aus, als hätte er Angst, seine Gefühle würden mich verletzen. Er wirkte so traurig.
    Menandros, bist du verstimmt über die Rosen auf der Treppe, Tristans intimes Abendessen, sein stundenlanges Warten auf mich, die Nacht in meinem Bett?
    »Ist Elija gekommen?«
    Menandros schüttelte den Kopf. »Es ist nicht Elija.«
    »Wer dann?«
    »Giovanni Montefiore.«

    Er wartete im Empfangsraum auf mich. Er stand am Fenster und blickte auf die Gondeln und die funkelnden Wellen des Canalazzo herab. Als ich in den Raum rauschte, drehte er sich zu mir um.
    »Ich danke Euch, dass Ihr mich empfangt, Celestina. Nach allem, was zwischen uns gescheh…«
    »Warum seid Ihr nach Venedig gekommen? Wollt Ihr zu Ende bringen, was Ihr begonnen habt?«
    Vor meinem heißen Zorn wich er einen Schritt zurück.
    »Ja, das will ich«, gestand er nach einigem Zögern. Er wirkte verunsichert. »Celestina, ich verstehe Euren Zorn …«
    »Vor einem Feind, der mir in die Augen sieht, wenn er mir den Dolch ins Herz rammt, habe ich mehr Achtung als vor einem, der mir mitten in der Nacht Assassini auf den Hals hetzt«, unterbrach ich ihn verächtlich.
    Erschrocken sah er mich an. »Um Gottes willen!«
    »Nun sagt Euren Text auf!«, fuhr ich ihn an. »Ich habe Euch schon bei unserem Treffen in Florenz wissen lassen, dass ich Verlogenheit verachte! Sagt, was Ihr zu sagen habt!«
    Da fiel er vor mir auf die Knie. »Ich bitte Euch demütig um Vergebung …«
    »Wie bitte?«
    »… denn ich habe Euch beschimpft und beleidigt. Ich habe Dinge gesagt und geschrieben, die ich zutiefst bedaure. Eure humanistischen Kenntnisse habe ich in Zweifel gezogen. Ich bitte Euch inständig: Vergebt mir, Celestina!«
    Für einen Augenblick war ich sprachlos.
    »Ihr hattet Recht: Das Evangelium aus Ägypten ist tatsächlich eine Fälschung. Das haben auch andere Humanisten, die den Text untersucht haben, bestätigt.«
    Sein Evangelium war eine Fälschung!
    Und mein aramäischer Papyrus?
    Was würden die Humanisten denken, wenn ich nun mein Evangelium veröffentlichte?
    Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
    »Bitte versteht mich doch, Celestina«, flehte er mich mit erhobenen Händen an. »Ich hatte mir solche Hoffnungen gemacht, ein neues Evangelium gefunden zu haben. Ich war so euphorisch! Und dann … O Gott, was habe ich bloß getan! Ich bin zutiefst beschämt, Celestina. Ich werde alles tun, um das Unrecht wiedergutzumachen.«
    »Das Attentat!«, presste ich zutiefst aufgewühlt hervor und rang nach Atem. »Ihr habt keine Assassini nach Venedig geschickt? Ihr habt nicht versucht, mich zu ermorden?«
    »Um Gottes willen: Nein!«
    Verstört ließ ich mich auf einen Sessel sinken.
    Wenn nicht Giovanni Montefiore hinter dem Anschlag steckte – wer wollte mich dann ermorden?

· E LIJA ·
K APITEL 8
    Als ich mich mit der Gondel dem Portal ihres Palacios näherte, sah ich ihn: Der Mann stand in der Nähe der Anlegestelle der Kirche Santa Maria della Carità, nur wenige Schritte von der Ca’ Contarini entfernt.
    Celestina hatte Recht: Ihr Haus wurde überwacht!
    Tristan wollte sie offenbar vor einem neuen Mordanschlag schützen. Oder vor noch etwas anderem? Als Consigliere hatte er das Attentat auf sie untersuchen lassen. Er wusste, dass Celestina und Menandros im Kampf gegen fünf Asesinos niemals hätten überleben können.
    Wusste er auch von mir?
    Quer über den Canal Grande steuerte ich meine Gondel zum Landungssteg der Ca’ Tron. Dann nahm ich die Bücher und meinen Tallit und kletterte auf den schwankenden Steg.
    Auf mein Klopfen öffnete Menandros – als hätte er mich erwartet. »Kali mera«, begrüßte er mich auf Griechisch.
    »Ich bin mit Celestina verabredet.« Ich zeigte ihm die Bücher unter meinem Arm.
    »Das hat sie mir gesagt. Ich würde gern kurz mit Euch sprechen, bevor Ihr zu ihr geht.«
    Menandros trug das lange schwarze Gewand eines orthodoxen Priesters und einen goldenen Crucifixus. Was war denn bloß geschehen?
    »Warum wollt Ihr mit mir sprechen?«
    »Celestina ist sehr erregt. Heute Morgen

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