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Die ewige Bibliothek

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Titel: Die ewige Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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die sich durch Löcher in ihren Schädeln und einem Hang zur Rudelbildung kennzeichnen werde. Sie nannten sich selbst die Gage und ließen sich mehr oder weniger dauerhaft bei Rutland and Burlington’s nieder, wo zwei ehemalige Institutsleiter und ein ehemaliger Professor der Universität eine Dauer-Show inszenierten, die unter anderem die Beschwörung atlantischer Magier und alte Nummern der Marx Brothers beinhaltete. Die Verkaufszahlen für Schokoriegel, Zahnpasta und Cola mit Schuss stiegen in den folgenden Wochen außerordentlich an.
     

     
    Am Freitag Morgen, nach dem Gedenkgottesdienst für Vohlmann, dem Vizerektor, der in der Woche zuvor gestorben war, geschah nichts.
     

     
    Am Samstag Morgen wurde eine Notfallsitzung des Senats einberufen und einer der verbliebenen Vizerektoren schlug vor, die Finanzierung des Instituts für Altere Literatur und Geschichte um weitere sechs Monaten zu verlängern. Er deutete an, dass der Leiter des Instituts gerade ein Projekt in Angriff nehme, das der Universität einiges Prestige einbringen werde. Schließlich sei es finanztechnisch sicherer, ein einzelnes Projekt sechs Monate lang zu finanzieren, als Langbein zwei weitere Monate freie Hand zu gewähren, bis man ihn entlassen konnte. Der Vorschlag wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen.
     

     
    Am Sonntag Morgen bezog Michael seine Büroräume in der Universität und machte sich an die Arbeit. Er stöpselte das Telefon aus, brachte Schlösser an den Türen an und dachte sich ein geheimes Klopfzeichen aus, das er nur seinen drei Assistenten und dem Jungen vom Pizza-Service verriet. Es sollte ein langer Sommer werden.
     

     
    Dreizehn Montage später stöpselte Michael das Telefon wieder ein und rief einen ausgesprochen wütenden Galen an.
    »Wo zur Hölle haben Sie gesteckt?«
    »Was glauben Sie wohl? Ich habe gearbeitet. Schnappen Sie sich eine Flasche Champagner und kommen Sie zu Juda. Die Übersetzungen sind fertig.«
     

     
    »Anscheinend habe ich eine gute Wahl getroffen«, sagte Juda im Empfangszimmer seiner Villa und prostete Michael und Galen zu. »Das ist eine ziemliche Leistung, Professor Langbein.«
    »Danke.« Michael ließ sich in einem Sessel in der Nähe der Fenster nieder.
    Galen blieb stehen, und Juda nahm seinen üblichen Platz im Sessel ein. Auf einem niedrigen Tisch lag das Manuskript neben einem fünfzehn Zentimeter hohen Stapel Notizen - Michaels Übersetzungen.
    »Können wir anfangen?«, murrte Galen. »Ich habe ziemlich lange gewartet und ein gewisses Risiko auf mich genommen, damit Sie das in die Tat umsetzen konnten. Ich will wissen, ob es die Zeit und den Aufwand wert war.«
    Michael lächelte, als er seinen Champagner abstellte und nach seinen Notizen griff. »Glauben Sie mir«, sagte er und grinste von einem Ohr zum anderen, »es war es wert. Lassen Sie uns mit dem offensichtlichen Kernstück des Manuskripts anfangen – der Edda selbst. Die altnordische Dichtung umfasst eine breite Zeitspanne. Dennoch ist kaum etwas davon erhalten geblieben, außer in isländischen Manuskripten, die im dreizehnten Jahrhundert und später niedergeschrieben wurden. Sie gliedert sich weitgehend in zwei Klassen, die ›Eddisch‹ und ›Skaldisch‹ genannt werden. Die moderne Verwendung der Begriffe ist ziemlich unpräzise, aber im Allgemeinen liegt der Unterschied zwischen dem Eddischen und dem Skaldischen in der Form. Während sich die eddischen Lieder durch ein freies, rhythmisches Metrum auszeichnen, wird in der skaldischen Dichtung jede Silbe gezählt und abgemessen. Es gibt auch einen Unterschied im Stoff – die eddische Dichtung ist vollkommen anonym und berichtet von Göttern und Helden, die in einer fernen Vergangenheit gelebt haben, während der größte Teil der skaldischen Dichtung namentlich bekannten Autoren zugeschrieben wird. Außerdem handelt die skaldische Dichtung nicht von Mythen oder Legenden, sondern von zeitgenössischer Geschichte. Die eddische Dichtung verdankt ihren Namen einem nicht weiter bemerkenswerten Manuskript, das allgemein als Ältere oder Lieder-Edda bekannt ist, und in dem die meisten eddischen Gedichte erhalten geblieben sind. Es wurde in den späten Jahrzehnten des dreizehnten Jahrhunderts in Island niedergeschrieben, beruht aber auf einem oder mehreren verlorenen Manuskripten, die im selben Jahrhundert verfasst wurden und meiner Meinung nach die Grundlage für den Text der Ur-Edda bildeten.«
    »Aber«, unterbrach Galen, »der Name Edda gehörte

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