Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)
Wäschewechsel war nicht mehr möglich. Also mussten sie sich auf die Suche nach einem Dorf machen, um sich dort alles Notwendige für eine Wanderung durch die Berge zu organisieren. Der Adler hatte ihnen gesagt, sie sollten sich Richtung Westen halten. So befolgten sie seinen Rat und brachen auf.
Bossus wähnte sich am Ziel seiner Wünsche. Als Antares und Luziferine auf dem Felsblock ihre Rast machten, war er sich sicher, sie endlich vernichten zu können. Diese Aufrührer hatten in seinen Augen schon lange den Tod verdient. Waren sie doch die Eltern, die diesen Bengel geboren hatten, der Jodaryon befreit hatte. Gemeinsam waren sie jetzt auf dem Weg zu ihm und wollten seine Macht brechen. Das konnte und wollte Bossus auf keinen Fall zulassen. Alle Menschen, die diesem Wasgo und dem größenwahnsinnigen Nichtskönner Jodaryon halfen, mussten bestraft werden. Alle sollten sie sterben.
Mit den Eltern des Möchtegernzauberers wollte er nun endlich beginnen. Mit seinen magischen Kräften erschütterte er den Berg, auf dem sich das Paar gerade befand. Durch seine Seherkugel konnte er genau erkennen, was geschah. Als der Felsblock in die Tiefe stürzte und Antares und Luziferine mit sich riss, begann Bossus zu jubeln.
Doch was er dann sehen musste, brachte ihn vor Wut zur Raserei. Der blöde Riesenvogel fing Antares, der seine Frau fest an sich drückte, in der Luft auf und flog mit dem Paar fort. Da sich der Adler des Lebens und der Weisheit Bossus' Macht widersetzen konnte, war es ihm nicht möglich, ihn zu verfolgen. Bossus verlor Wasgos Eltern aus den Augen. Er tobte wie noch nie und wollte für diese Tat um jeden Preis jemanden büßen lassen.
Selbst Jodaryon und Wasgo waren von der Bildfläche verschwunden. Wo mochten die nur stecken? Mit Hilfe seiner Seherkugel untersuchte er die Berge. Es war zum Verrücktwerden, nichts und niemanden konnte er entdecken. Es war so, als wenn nie jemand auf die Wanderschaft gegangen wäre, um ihn zu bekämpfen. Bossus ahnte, dass es dieses Mal einen anderen Kampf geben werde als den, den er sich wünschte und den er kannte. Dieses Mal sollten nicht die Heere über Gut und Böse in einer Schlacht entscheiden. Bossus ahnte es schon in diesem Augenblick, dass er sich Jodaryon und diesem jungen Zauberer selbst stellen musste.
Jodaryon wollte die Höhle verlassen, als ihn Wasgo zurückhielt. „Warte bitte“, bat der junge Mann, „meine Eltern haben mir eine Schale mitgegeben, in die wir jetzt einmal sehen sollten. Es ist die Schale der Weisheit. Vielleicht kann sie uns helfen, zu erkennen, was wir als nächstes tun sollten. Die Schale zeigt uns, wie die Zukunft sein kann. Deshalb wird sie auch die Schale der Erkenntnis genannt, weil wir mit dem Wissen, das wir durch die Schale bekommen, die Zukunft ändern können.“
„Das ist gar keine so ganz dumme Idee“, meinte Jodaryon scheinbar mürrisch, innerlich aber stolz auf seinen Schüler und schlug vor, in der Höhle eine Rast zu machen.
Während Jodaryon ein kleines Feuer machte, über dem er Dauerwürste röstete, suchte Wasgo aus seinem Rucksack die Schale der Weisheit heraus. Er füllte sie mit Wasser und fragte seinen Gefährten, ob der zuerst in die Schale sehen mochte.
„Du traust dich wohl nicht?“, scherzte Jodaryon, der aber missgelaunt war.
„Doch, das schon, aber ich weiß nicht, was ich zu sehen bekomme. Was ist, wenn ich damit nicht umgehen kann?“, fragte der junge Mann. Er war daran gewöhnt, dass sein älterer Gefährte mürrisch und schlecht gelaunt war. Aber zu Wasgo war Jodaryon stets korrekt. Er war nicht übermäßig höflich zu dem jungen Zauberer, aber doch bemüht, sein schweres Herz und sein hartes Gemüt nicht an Wasgo auszulassen. Im Gegenteil spürten beide, dass sich in Jodaryon langsam eine Veränderung vollzog. Er behandelte seinen jungen Freund nicht mehr so streng und mürrisch. Wasgo dachte, dass Jodaryon ihn zum Beginn ihrer Bekanntschaft nicht sehr gemocht hatte, aber dass sich das im Verlaufe der Zeit langsam änderte.
„Nun“, überlegte Jodaryon, „das kann mir ebenso ergehen. Aber einer von uns sollte es wagen.“
„Dann mach du es, alter Mann“, hänselte der Jüngere.
„Ich bin der Mann mit den größeren Erfahrungen, du brauchst mich noch“, gab Jodaryon daraufhin zurück.
Wasgo setzte sich ans Feuer. Die Schale der Weisheit stellte er so neben sich auf den Erdboden, dass er bequem in sie hineinsehen konnte. Was er sah, nahm ihm beinahe den
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