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Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)

Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)

Titel: Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rusch
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vor Bossus schützen und hatte ihn nun Luzifer gebracht.
    Wasgo wuchs zu einer Größe heran, die die des Herrn des Fegefeuers übertraf. Dabei streckte er weiterhin seinen rechten Arm dem Unwesen entgegen und befahl ihm mit harter, tiefer Stimme: „Auf die Knie, sage ich dir! Du hast deinem Herrn gehorsam zu sein.“
    Tatsächlich knickten die Beine des feurigen Kerls ein, er sank nach vorne und sein massiger Körper prallte mit einem lauten Geräusch, dass sich so anhörte, als wenn ein großer Stein auf einen anderen Stein prallt, auf den Boden auf.
    „Verzeih mir, Herr, aber wie hätte ich dich erkennen sollen?“, fragte Luzifers Untergebener.
    „Geh zurück, dahin, von wo du hergekommen bist! Verschwinde!“, befahl ihm Wasgo streng.
    Tatsächlich gehorchte das Wesen und erhob sich ächzend vom Boden und langsam ging es zurück, in die Richtung, aus der es gekommen war.
    Als der Herr des Fegefeuers endlich verschwunden war, verwandelte sich Wasgo zurück und nahm seine ursprüngliche Größe wieder ein. Jodaryon sah den jungen Mann sorgenvoll an. Doch der sprach: „Schon vergessen, großer Meister, wessen Lehrling ich bin? Du selbst hast mir das beigebracht.“ Ein schelmisches Grinsen überzog das schöne jugendliche Gesicht.
    Jodaryon fasste dem jungen Mann erleichtert an seinen linken Unterarm und sagte: „Dann lass uns jetzt weiter gehen.“
    Ohne weitere Zwischenfälle erreichten unsere beiden Helden eine Höhle, von der aus sie ihre Wanderung durch die Berge fortsetzen konnten.
     
     
    Ein Schrei hallte durch die Berge. Es war aber nicht der Schrei der Luziferine, auch nicht der Schrei des Antares. Immer noch stürzten die Erdmassen und Gesteine vom sich aufbäumenden Berg in die Tiefe. Der Felsblock, auf dem Antares seine bewusstlose Frau im Arm hielt, rutschte den Berg herunter. Antares versuchte Luziferine mit seinem Körper zu schützen. Doch seine Kräfte verließen ihn. Er hatte nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder er ließ Luziferine los und hielt sich am Fels fest. In diesem Fall würde Antares mit dem Fels in die Tiefe stürzen und sterben müssen. Oder er nahm den Körper seiner Frau in seine Arme und stürzte mit ihr gemeinsam in den sicheren Tod.
    Für ihn gab es kein Überlegen. Er liebte Luziferine. Sie war ihm immer eine gute Frau und für seinen Sohn eine gute Mutter. Er nahm sie in seine schützenden Arme. Vielleicht konnte sie wie durch ein Wunder doch noch überleben, wenn er sich eng an sie schmiegte. Sein Körper sollte den zu erwartenden Aufprall für Luziferine abdämpfen. Wenn er auch schon sterben musste, so wollte er doch alles versuchen, das Leben seiner lieben Frau zu retten. Immerhin hatte sie sich seinetwegen mit ihrem Vater überworfen und hatte auf das ewige Leben in der Hölle verzichten müssen, weil ihr Vater sie verbannt hatte. Ihre Liebe war stärker als das ewige Leben.
    Mit seinem Körper beschützte Antares nun seine Frau. So gut er es konnte, drückte er sie an sich und umschlang mit seinen Armen Luziferines Körper. Es musste ihm gelingen, mit seinem Rücken auf die Erde zu prallen. Nur so hatte seine Frau eine Chance zu überleben. Sein letzter Gedanke galt Wasgo, seinem lieben Sohn. Mit Wehmut dachte er an ihn. Zu gerne hätte er ihn noch einmal gesehen. Aber sein Wunsch sollte ihm wohl nicht erfüllt werden.
    Ein zweiter Schrei drang an Antares' Ohr. Es war ein heller, langgezogener Schrei, der Schrei eines Adlers. Der Adler des Lebens und der Weisheit saß mit seinem riesigen Körper auf dem Gipfel des Berges und genoss die Aussicht über das Land. Zwar konnte er das genauso gut im Flug tun. Doch auch ein Adler musste sich einmal ausruhen.
    Plötzlich wurde der Berg erschüttert. Das Massiv brach teilweise in sich zusammen. Der Adler erhob sich in die Lüfte. Als er sich im Gleitflug befand, sah er sich alles an. Traurig war er darüber, dass der Berg, der schon viele tausend Jahre hier stand, nun teilweise zerstört wurde. Was war das, das den Berg zu schaffen machte? Waren es Naturgewalten? Und was sah er da weit von sich entfernt auf einem Felsblock? Zwei Menschen, die ums Überleben kämpften! Er erkannte sie. Das waren Antares und Luziferine.
    Im Sturzflug bewegte sich der Adler zu den in Lebensgefahr schwebenden Menschen. Er sah, dass Luziferine von einem Stein am Kopf getroffen wurde und das Bewusstsein verlor. Antares hielt sie fest. Würde er sie halten können?
    Der Adler des Lebens und der Weisheit stieß seinen unverwechselbaren Schrei aus.

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