Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
musste ihm alles in einer Person sein.
»Ich habe an Krieg gedacht«, sagte er jetzt.
»Ach ja?«
»König Ludwig glaubt, er könne ihn noch abwenden, aber wir werden ihm schon einen Krieg aufzwingen. Es heißt, er wünsche Frieden, aber ich will das nicht. Ich bin König von England, wir haben schon bei Agincourt gesiegt. Er wird schon noch merken, dass er mit mir rechnen muss.«
Catalina nickte. Kürzlich hatte ihr Vater geschrieben, sie solle Harry in seiner Kriegsbegeisterung gegen den französischen König unterstützen. Die englischen Truppen sollten allerdings nicht wie üblich an der französischen Nordküste angreifen, sondern an der französisch-spanischen Grenze. Ferdinand schlug vor, die Engländer sollten Aquitanien zurückerobern, da dessen Einwohner bestimmt froh wären, dem französischen Joch zu entrinnen. Sicher würden sie das Heer ihrer Befreier mit Freuden verstärken. Spanien sichere den Engländern seine tatkräftige Unterstützung zu. Es werde ein leichter und siegreicher Feldzug sein.
»Morgen früh bestelle ich mir eine neue Rüstung«, verkündete Harry. »Keine Turnierrüstung, sondern eine schwere Schlachtrüstung.«
Fast hätte Catalina gemahnt, dass er wohl kaum in den Krieg ziehen könne, wenn es im Reich so vieles zu tun gab. Sobald das englische Heer Richtung Frankreich zog, würden die Schotten, ungeachtet der Tatsache, dass auf ihrem Thron eine englischstämmige Königin saß, sogleich die Schwäche ihrer Feinde ausnutzen und in Englands Norden einfallen. Das englische Steuersystem war von Gier und Ungerechtigkeit bestimmt und bedurfte dringend der Reform; ferner lagen Pläne in der Schublade für neue Schulen, für einen neuen Kronrat, für Grenzbefestigungen und den Ausbau der Flotte, welche die Küsten sichern sollte. Es waren Arthurs Pläne, die er für England entworfen hatte, und Catalina fand, sie wögen schwerer als Harrys Wunsch, möglichst bald in den Krieg zu ziehen.
»Während meiner Abwesenheit ernenne ich Großmutter zur Regentin«, sagte Harry. »Sie kennt ihre Aufgaben.«
Catalina überlegte. »Ja, natürlich«, stimmte sie zögernd zu. »Aber die Arme ist doch schon so alt. Sie hat schon so viel getan im Leben. Vielleicht wäre es eine Belastung für sie?«
Harry lächelte. »Doch nicht für sie! Sie hat immer alles regiert. Sie führt das königliche Rechnungsbuch, sie kennt sich aus. Ich glaube nicht, dass ihr je etwas zu viel wird, wenn nur wir Tudors an der Macht bleiben.«
»Ja, natürlich«, sagte Catalina bereitwillig. Dann änderte sie ihre Taktik. »Und wie gut sie Euch beherrscht hat! Stets hat sie dafür gesorgt, dass Euch nichts geschehen konnte. Und selbst jetzt würde sie Euch wohl nicht ziehen lassen, wenn sie es verhindern könnte. Als Ihr noch ein Knabe wart, durftet Ihr an keinem Turnier und keinem Wettkampf teilnehmen, nicht einmal Freunde durftet Ihr haben. Eure Großmutter sorgte ja stets für Euren Schutz. Wenn Ihr eine Prinzessin wäret, sie hätte Euch nicht mehr verhätscheln können.« Sie lachte. »Ich glaube fast, sie hielt Euch für eine Prinzessin und nicht für einen kernigen Knaben. Also ist es doch sicher an der Zeit, dass sie ein wenig Ruhe genießt? Und dass Ihr ein wenig Freiheit gewinnt?«
Sein finsterer Blick zeigte Catalina, dass ihre Taktik anschlug.
»Außerdem«, fuhr sie lächelnd fort, »wenn Ihr Eurer Großmutter große Befugnisse übertragt, dann wird sie nichts Eiligeres zu tun haben, als den Kronrat zu überzeugen, dass Ihr heimkehren müsst, da ein Krieg viel zu gefährlich für Euch wäre.«
»Sie kann mich wohl kaum von einem Feldzug abhalten«, empörte er sich. »Ich bin der König!«
Catalina zog ihre Augenbrauen hoch. »Tut, was Ihr wünscht, Liebster. Aber ich könnte mir vorstellen, dass sie Euch die Mittel streicht, wenn sich das Schlachtenglück wenden sollte. Wenn sie und der Kronrat an Eurer Fähigkeit als Heerführer zweifeln, brauchen sie nichts weiter zu tun, als die Steuern für Eure Armee zu streichen. Es könnte dahin kommen, dass Euer Gegner zu Hause sitzt - von lautersten Motiven geleitet -, während Ihr in der Fremde den Angriffen des Feindes ausgesetzt seid. Ihr könntet zu der Erkenntnis kommen, dass alte Menschen Euch bei der Erfüllung Eurer Wünsche im Wege stehen. Wie es ihre Gewohnheit ist.«
Harry schaute sie entsetzt an. »Sie würde niemals gegen mich arbeiten!«
»Nicht mit Absicht«, pflichtete Catalina ihm bei. »Sie würde stets überzeugt sein, Euren Interessen zu
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