Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
lange im Schulzimmer eingeschlossen war und unerwartet Sommerferien bekommt. Die Welt ist für ihn eine Quelle der Lustbarkeiten, und noch die geringste Erfahrung verschafft ihm großes Vergnügen. Er liebt die Jagd, durfte jedoch nie wirklich feurige Pferde reiten. Er liebt das Lanzenstechen, aber sein Vater und seine Großmutter hatten ihm nicht einmal das Betreten der Turnierschranken erlaubt. Er liebt die Gesellschaft von welterfahrenen Männern, die ihre Konversation und ihre Vergnügungen sorgfältig den seinen anpassen. Er liebt auch weibliche Gesellschaft, aber zum Glück lässt er sich nicht zu Dummheiten verleiten, da ihn eine kindliche Anhänglichkeit an mich fesselt. Er redet gern mit hübschen Frauen, spielt mit ihnen Karten, sieht ihnen beim Tanz zu und belohnt sie mit Preisen, wenn sie etwas besonders hübsch gemacht haben - aber nie ohne einen fragenden Seitenblick zu mir, ob ich seine Handlung gutheiße. Immer steht er an meiner Seite und schaut mit solch hündisch ergebenem Blick auf mich hinab, dass ich nicht umhinkann, ihm ebenfalls mit Liebe und Ergebenheit zu begegnen - und so ist es nach einer Weile dahin gekommen, dass ich ihn um seiner selbst willen liebe.
Harry umgibt sich mit einem Hofstaat junger Männer und Frauen, die deutlich den Wandel zeigen, der am englischen Hofe vor sich gegangen ist. König Heinrichs Hof bestand aus alten Männern, Mitstreitern, die in vielen seiner Schlachten gekämpft, die ihre Ländereien mindestens einmal verloren und wiedergewonnen hatten. Harrys Hof hingegen besteht aus Männern, die nie eine Härte kennengelernt haben, die niemals auf die Probe gestellt worden sind.
Ich habe es mir zum Prinzip gemacht, kein Wort der Kritik gegen ihn oder die unbändigen jungen Männer zu sagen, von denen er umgeben ist. Sie bezeichnen sich als seine »Günstlinge« und ermutigen einander zu verrückten Wetten und Streichen. Harry wurde als Kind von allem ferngehalten, deshalb finde ich es nur natürlich, wenn er jetzt über die Stränge schlägt. Er liebt es, wenn junge Männer mit ihren Faustkämpfen und Trinkgelagen prahlen, mit wilden Ritten und Überfällen, mit den Mädchen, die sie verführen, und den Vätern, die sie aus dem Hause der jungen Verführten prügeln. Harrys bester Freund ist William Compton, und stets schreiten die beiden Arm in Arm einher, als seien sie tanz- oder kampfbereit. William ist ein harmloser Bursche, ein junger Narr wie die übrigen Höflinge, er liebt Harry als Kameraden und spielt mir ergebene Anbetung vor, die uns alle zum Lachen bringt. Die Hälfte der Günstlinge gibt vor, in mich verliebt zu sein, und ich erlaube ihnen, Gedichte auf mich zu verfassen und mich in Liedern zu preisen ... wobei ich strikt darauf achte, Harrys Gedichte und Lieder allen anderen vorzuziehen.
Die älteren Höflinge missbilligen dies bunte Treiben und haben schon des Öfteren strenge Kritik an den wilden jungen Gefolgsleuten des Königs geübt - ich jedoch hülle mich in Schweigen. Wenn die Ratsmitglieder mit Klagen zu mir kommen, sage ich lediglich, dass der König ein junger Mann ist und sich austoben muss. Keiner seiner Gefährten stellt eine wirklich Gefahr für die Disziplin des Hofes dar, denn außer im Rausch sind es äußerst umgängliche junge Leute. Der Herzog von Buckingham, der mich vor so langer Zeit in England willkommen hieß, und der junge Thomas Howard sind sogar besonders edle junge Herren, eine Zierde für jeden Königshof. Meiner Mutter hätten sie auch gefallen. Aber wenn die jungen Burschen zu tief ins Glas geschaut haben, dann sind sie laut und ungehobelt und leicht erregbar, wie es die Art junger Männer ist ... und im nüchternen Zustand reden sie eine Menge Unsinn. Ich betrachte sie mit den Augen meiner Mutter und weiß, dass sie später gute Offiziere abgeben werden. Wenn wir in den Krieg ziehen, sind ihre Energie und ihr Mut genau das, was wir brauchen. Die Lautesten unter ihnen, die größten Unruhestifter in Friedenszeiten, sind genau die Befehlshaber, die man im Kriege braucht.
***
Lady Margaret, die Königingroßmutter, die mehrere Ehemänner, eine Schwiegertochter, einen Enkel und schließlich ihren kostbaren Sohn begraben hatte, war des Kampfes um ihre Stellung in der Welt ein wenig müde geworden. Catalina war sorgfältig darauf bedacht, ihre alte Feindin nicht zu offenem Streit anzustacheln. Dank ihrer Diskretion trat die Rivalität zwischen den beiden Frauen nicht offen zutage. Alle, die gehofft hatten, Lady
Weitere Kostenlose Bücher