Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
behalten.«
»Einen Sommer lang«, sage ich verächtlich.
»Nein, länger«, entgegnet Lady Margaret. »Denn er selbst hat auch von Liebe gesprochen. Er ist ein wirklich romantischer junger Mann. Er sagte angeblich, er wolle der ihre sein bis in den Tod.« Da bemerkt sie den Ausdruck auf meinem Gesicht und verstummt. »Verzeiht mir, ich hätte nichts davon erzählen sollen.«
Ich denke daran, wie Anne Stafford vor Schmerz geschrien hat, wie sie ihm erzählt hat, dass sie noch Jungfrau sei und dass es zu weh tue. Dass er ihr erster Mann, ihre erste Liebe sei. Ich kann mir vorstellen, wie gut ihm das geschmeckt hat.
Wieder muss ich mein Pferd zügeln, das auf den Zaum beißt. »Was habt Ihr mit ›Ehrgeiz‹ gemeint?«
»Ich glaube, Anne gedachte aufgrund der Stellung ihrer Familie und der Zuneigung, die zwischen ihr und dem König bestand, die maitresse en titre des englischen Hofes zu werden.«
Ich blinzele verwirrt. »Und was hätte aus mir werden sollen?«
»Ich glaube, sie dachte, er würde sich im Laufe der Zeit von Euch ab- und ihr zuwenden. Ich glaube, sie hoffte, Euch als geliebte Frau zu ersetzen.«
Ich nicke. »Und wenn ich bei der Geburt seines Kindes gestorben wäre, dann hätte sie wohl ihre unbefriedigende Ehe annullieren lassen und hätte ihn geheiratet?«
»Das wäre der Gipfel ihres Ehrgeizes gewesen«, stimmt Lady Margaret zu. »Und es haben sich schon seltsamere Dinge ereignet. Elizabeth Woodville beispielsweise ist nur aufgrund ihrer Schönheit auf den englischen Thron gelangt.«
»Anne Stafford war meine Hofdame«, sage ich mit Nachdruck. »Ich habe sie bevorzugt für dieses Ehrenamt ausgewählt. Hat sie denn keine Verpflichtung mir gegenüber? Keine Freundschaft? Hat sie denn niemals an mich gedacht? Hätte sie mir in Spanien gedient, dann wären wir Tag und Nacht zusammen gewesen und ...« Ich verstumme. Es ist unmöglich, einer Frau, die ihr Leben lang die kritischen Blicke der Männer aushalten musste, die Behaglichkeit und Sicherheit eines Harems zu schildern.
Lady Margaret schüttelt den Kopf. »Frauen sind stets Rivalinnen«, lautet ihr Urteil. »Doch bis vor Kurzem glaubten alle noch, dass der König nur Augen für Euch hätte. Nun wissen sie es besser. Alle hübschen Mädchen aus guter Familie glauben nun, dass sie nur die Hand auszustrecken brauchen, um sich die Krone zu schnappen.«
»Es ist immer noch meine Krone«, betone ich.
»Aber die Mädchen werden darauf hoffen«, entgegnet sie. »So geht es nun mal in der Welt zu.«
»Dann werden sie auf meinen Tod warten müssen«, sage ich düster. »Und die Wartezeit könnte selbst einem ehrgeizigen Mädchen reichlich lang werden.«
Lady Margaret nickt. Ich deute hinter mich, und sie schaut sich um. Die Hofdamen reiten zwischen den jungen Höflingen, sie lachen und flirten. Heinrich zur Seite reitet Prinzessin Mary, auf seiner anderen Seite eine ihrer Ehrenjungfern. Sie ist neu am Hofe, ein hübsches, frisches junges Mädchen. Eine Jungfrau, zweifellos, wieder einmal ein niedliches Jüngferchen.
»Und welche von diesen wird die Nächste sein?«, frage ich bitter. »Wenn ich mich in der nächsten Schwangerschaft ins Wöchnerinnengemach zurückziehe und ihn nicht wie ein Adler im Auge behalten kann? Vielleicht eine Percy? Oder eine Seymour? Eine Howard? Oder eine Neville? Welches Mädchen wird als Nächstes auf den König zutreten und versuchen, ihn zu bezaubern?«
»Manche Eurer Damen lieben Euch sehr«, sagt Lady Margaret beschwichtigend.
»Und manche von ihnen nutzen ihre bevorzugte Stellung, um sich dem König zu nähern«, entgegne ich. »Weil es einmal geschehen ist, warten sie auf ihre Chance. Sie wissen, dass der einfachste Weg zum König durch meine Gemächer führt. Deshalb werden sie so tun, als seien sie meine Freundinnen, werden mir ihre Dienste anbieten. Zuerst spielt mir eine von ihnen Freundschaft und Ergebenheit vor, doch in Wahrheit lauert sie nur auf ihre Chance. Und ich kann nicht vorhersehen, welche als Erste auf dieses Mittel verfällt.«
Lady Margaret beugt sich vor und streichelt mit ernstem Gesicht den Hals ihres Pferdes. »Ja«, sagt sie nur.
»Und eine von ihnen, eine von den vielen, wird es schlau genug anstellen, um dem König den Kopf zu verdrehen«, sage ich bitter. »Er ist jung und eitel und leicht zu verführen. Früher oder später wird sich eine der Hofdamen gegen mich wenden und nach meiner Stellung streben.«
Lady Margaret richtet sich wieder im Sattel auf und blickt mir gerade in die
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