Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
Grenzfestung Berwick eingenommen habe und weiter gen Newcastle ziehe.
»Wie kann er es wagen?!«, tobte Heinrich. »Wie kann er es wagen, einzumarschieren, unsere Schiffe auszurauben und unser Volk in Angst und Schrecken zu versetzen? Weiß er denn nicht, dass ich morgen schon ein Heer aufstellen kann, das ihn vernichtend schlagen wird?«
»Es wäre kein leichter Feldzug«, mahnte Katharina, die an die wilden Grenzlande und den langen Marsch dorthin dachte. Die Schotten würden gnadenlos um den Preis der wohlhabenden südlichen Lande kämpfen, und englische Soldaten waren kaum zum Kampf zu bewegen, wenn sie fern ihrer Städte und Dörfer weilten.
»Doch, das wäre er«, widersprach Heinrich. »Jeder weiß doch, dass die Schotten kein Heer zusammenhalten können. Sie sind nichts weiter als Raubritter! Wenn ich ihnen mit unserer großen englischen Armee entgegenzöge, schwer bewaffnet und mit allem Notwendigen versorgt, dann würde ich sie binnen eines Tages schlagen!«
»Sicherlich würdet Ihr das«, stimmte Katharina lächelnd zu. »Aber vergesst nicht, dass wir zunächst eine Heerschau für den Krieg gegen die Franzosen abhalten müssen. Ihr könnt Euch Eure Sporen auf dem Feld der Ehre viel besser im Kampf gegen die Franzosen verdienen als in einer schäbigen Grenzstreiterei mit den Schotten.«
***
Als die Mitglieder des Kronrates die Gemächer des Königs verließen, sprach Katharina Thomas Howard an, den Earl of Surrey und Vater von Edward Howard.
»Mylord? Habt Ihr Kunde von Edward? Ich vermisse meinen jungen Chevalier.«
Der alte Mann strahlte sie an. »Heute haben wir einen Bericht bekommen. Der König selbst wird es Euch mitteilen. Er wusste, es würde Euch freuen, dass Euer Günstling einen Sieg errungen hat.«
»Hat er - tatsächlich?«
»Er hat den Piraten Andrew Barton gefangen genommen und zwei seiner Schiffe gekapert.« Der Stolz des alten Mannes strafte seine vorgetäuschte Bescheidenheit Lügen. »Er tat nur seine Pflicht«, wiegelte er ab. »Er hat nur getan, was jeder Howard tun würde.«
»Er ist ein Held!«, rief Katharina begeistert. »England braucht tapfere Seeleute ebenso wie Soldaten. Die Zukunft der Christenheit liegt in der Beherrschung der Meere. Wir müssen das Meer beherrschen wie die Sarazenen die Wüste. Wir müssen die Freibeuter von den Meeren vertreiben, damit Englands Schiffe unbehindert in alle Welt fahren können. Und - habt Ihr noch etwas vernommen? Ist er wieder auf dem Heimweg?«
»Er bringt die beiden Schiffe nach London und den Piraten ebenfalls - in Ketten. Wir machen ihm den Prozess und hängen ihn am Kai auf. König Jakob wird das allerdings gar nicht gefallen.«
»Glaubt Ihr, dass der schottische König einen Krieg heraufbeschwören will?«, fragte Katharina ohne Umschweife. »Würde er aus der Hinrichtung seines Piraten einen Kriegsgrund konstruieren? Ist das Land in Gefahr?«
»In der größten Gefahr, die ich je erlebt habe«, erwiderte der alte Mann ehrlich. »Wir haben die Waliser unterworfen und unsere Grenzen im Westen gesichert, und nun werden wir die Schotten schlagen müssen. Danach kümmern wir uns um die Iren.«
»Die Iren haben ein eigenes Land, mit eigenen Herrschern und Gesetzen«, wandte Katharina ein.
»Das hatten die Waliser auch, bevor wir sie besiegten«, entgegnete Howard. »Dieses Land ist zu klein für drei Königreiche. Wir müssen die Schotten unter das Joch unserer Herrschaft zwingen.«
»Vielleicht könnten wir ihnen einen Prinzen anbieten«, dachte Katharina laut. »Wie Ihr es bei den Walisern tatet. Der zweite Sohn könnte Prinz von Schottland sein, so wie der Erstgeborene der Prinz von Wales ist. So könnte das Reich unter einem englischen König vereinigt werden.«
Die Idee machte dem Alten Eindruck. »Das stimmt. So könnte man es erreichen. Zuerst vernichtend schlagen und dann den Frieden anbieten, verbunden mit Ehrungen. Sonst haben wir sie ewig am Hals!«
»Der König glaubt, dass sie nur eine kleine Armee haben, die rasch besiegt sein wird«, bemerkte Katharina.
Howard verkniff sich ein Lachen. »Seine Gnaden sind nie in Schottland gewesen. Oder im Kriege. Die Schotten sind furchtbare Gegner, ob in der offenen Feldschlacht oder im Überraschungsangriff. Sie sind gefährlicher als jeder Reiter seiner neumodischen französischen Kavallerie. Sie kennen keine Ritterlichkeit, sie kämpfen um den Sieg, und sie kämpfen bis zum Tode. Wir werden ihnen eine schlagkräftige Truppe unter einem erfahrenen Befehlshaber
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