Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
entgegenschicken müssen.«
»Könntet Ihr nicht den Oberbefehl übernehmen?«, fragte Katharina.
»Ich könnte es versuchen«, erwiderte er ehrlich. »Ich bin im Moment die beste Waffe, über die Ihr verfügt, Euer Gnaden.«
»Würde der König ein Heer führen können?«, fragte sie mit gedämpfter Stimme.
Der alte Mann lächelte. »Er ist ein junger Mann«, sagte er. »An Mut fehlt es ihm nicht; niemand, der ihm je beim Lanzenstechen zugeschaut hat, könnte an seinem Mute zweifeln. Und im Sattel ist er erstklassig. Aber ein Krieg ist kein Turnier, und noch kennt er den Unterschied nicht. Er muss erst an der Spitze eines kühnen Heeres reiten und ein paar Scharmützel bestehen, bevor er sich an den größten Kampf seines Lebens wagen kann - den um sein Reich. Man reitet ein Fohlen nicht in die Angriffsschlacht, bevor man es trainiert hat. Und auch der König, wiewohl ein Herrscher, muss doch erst das Kämpfen erlernen.«
»Er hat keine Ahnung von Kriegführung«, stimmte Katharina zu. »Nie ist er angehalten worden, Schlachten auf dem Papier zu studieren. Er versteht weder etwas von Geländebeschaffenheit noch von der Aufstellung eines Heeres. Er weiß nichts von Proviantierung oder wie man eine Truppe auf dem Marsch unterbringt. Sein Vater hat ihm überhaupt nichts beigebracht.«
»Sein Vater wusste selbst fast nichts«, sagte der Earl leise, nur für ihre Ohren bestimmt. »Seine erste Schlacht focht er auf Bosworth Field, und die gewann er teils durch Glück und teils durch die Verbündeten, die ihm seine Mutter zur Seite gestellt hatte. Er war gewiss sehr mutig, aber kein Feldherr.«
»Aber warum hat er nicht dafür gesorgt, dass Heinrich die Kriegskunst erlernt?«, fragte Ferdinands Tochter, die in Heerlagern aufgewachsen war und Feldzüge erlebt hatte, bevor sie mit Nadel und Faden umgehen konnte.
»Wer hätte gedacht, dass er es eines Tages wissen müsste?«, entgegnete der alte Mann. »Wir haben doch alle angenommen, dass Arthur König wird.«
Katharina zwang sich, keinerlei Schmerz deutlich werden zu lassen, der sie bei der Nennung seines Namens überkommen hatte. »Natürlich«, stimmte sie zu. »So war es ja damals. Das hatte ich vergessen.«
»Arthur wäre ein großartiger Feldherr geworden. Er hat großes Interesse an der Kriegskunst gezeigt. Er las viel, er hat viele Schlachten studiert. Er fragte seinen Vater, und auch mich plagte er mit Fragen. Er war sich der schottischen Gefahr überaus bewusst. Er pflegte mich über die Grenzlande auszufragen: wo die Burgen stünden, wie das Gelände beschaffen sei. Arthur hätte mit einiger Aussicht auf Erfolg ein Heer gegen die Schotten führen können. Der junge Heinrich wird auch ein großer König sein, wenn er erst einmal die Taktik gelernt hat, aber Arthur kannte sie bereits. Es lag ihm im Blut.«
Katharina gestattete sich nicht, ausgiebig über Arthur zu reden. »Vielleicht«, war alles, was sie dazu bemerkte. »Doch was können wir jetzt schon tun, um die Raubzüge der Schotten zu bremsen? Sollten wir den Grenzlords Verstärkung schicken?«
»Ja, aber die Grenze ist lang und schwer zu überwachen. König Jakob fürchtet keine englische Armee, die von unserem König geführt wird. Er hat auch keine Angst vor den Grenzlords.«
»Warum fürchtet er uns nicht?«
Howard zuckte die Achseln; er war ein zu treuer Anhänger des Königs, um deutliche Worte zu wählen. »Nun, Jakob ist ein erfahrener Krieger, er sucht bereits seit zwei Generationen Streit mit uns.«
»Wen würde Jakob so sehr fürchten, dass er in Schottland bleibt, damit wir Zeit gewinnen, die Grenze zu verstärken und uns auf den Krieg vorzubereiten? Was könnte Jakob aufhalten und uns Zeit verschaffen?«
»Nichts und niemand«, erwiderte der Alte kopfschüttelnd. »Niemand kann Jakob aufhalten, wenn er kriegslüstern ist. Höchstens der Papst - wenn er den Krieg verbieten würde? Aber wer könnte Seine Heiligkeit dazu überreden, zwischen zwei christlichen Herrschern zu vermitteln, die wegen eines Piratenraubzuges und eines unbedeutenden Fleckchens Land zerstritten sind? Und der Papst hat genug eigene Sorgen mit dem anrückenden Heer der Franzosen. Außerdem würde eine Beschwerde unsererseits lediglich eine Widerlegung durch die Schotten nach sich ziehen. Warum sollte Seine Heiligkeit sich die Mühe machen, für uns zu intervenieren?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Katharina. »Ich weiß auch nicht, wie man den Papst auf unsere Seite ziehen könnte. Wenn er doch nur wüsste, wie
Weitere Kostenlose Bücher