Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
etwas anderes sein als Eure treu ergebene Ehefrau und Königin.«
»Ich kann im Nu eine Armee aufstellen, wisst Ihr«, prahlte Heinrich. »Ihr müsst Euch wirklich nicht vor Jakob fürchten. Ihr müsst nicht einmal Furcht vortäuschen. Ich könnte die Geißel der Schotten sein. Ich könnte sie vom Antlitz dieser Erde fegen.«
»Ja, natürlich könnt Ihr das. Doch nun braucht Ihr es zum Glück nicht mehr.«
H ERBST 1511
Edward Howard brachte die schottischen Freibeuter in Ketten nach London und wurde als Held gefeiert. Seine Popularität machte Heinrich - der stets auf den Beifall des Volkes lauerte - durchaus neidisch. Immer häufiger sprach er von Krieg, und der Kronrat, der die Kosten eines Krieges fürchtete und überdies an Heinrichs Feldherrnfähigkeiten zweifelte, konnte dennoch nicht leugnen, dass Schottland eine fortwährende Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit Englands darstellte.
Schließlich war es die Königin, die Heinrich von seiner Eifersucht auf Edward Howard ablenkte. Sie erinnerte ihren jungen Gatten immer wieder daran, dass er seine erste Schlacht mitten in Europa schlagen müsse und nicht in ein paar halb versteckten Hügeln in den Grenzlanden. Wenn Heinrich von England in den Krieg zog, dann sollte er dies als Verbündeter der zwei mächtigsten Herrscher der Christenheit tun, und mit dem französischen König als Gegner. Und Heinrich, der von Kindesbeinen an die englischen Heldensagen von Crécy und Agincourt förmlich in sich aufgesogen hatte, war mit der Aussicht eines glänzenden Sieges über Frankreich leicht von seinen anderen Plänen abzubringen.
F RÜHLING 1512
Es fiel Heinrich schwer, nicht selbst an Bord zu gehen, als die englische Flotte in See stach, um sich König Ferdinands Feldzug gegen die Franzosen anzuschließen. Der Anblick war überaus prächtig; von den Masten wehten die Banner der vornehmsten Häuser Englands, und es war die bestausgerüstete, bestaufgestellte Streitmacht, die das Land seit Jahren verlassen hatte. Katharina war nicht müßig gewesen: Sie hatte die schier endlose Proviantaufnahme überwacht, das Aufstocken der Rüstkammern, die Ausstattung der Soldaten. Sie entsann sich der rastlosen Tätigkeit ihrer Mutter, wenn ihr Vater im Felde war, und der wichtigen Lektion, die sie bereits in ihrer Kindheit gelernt hatte: Eine Schlacht kann nur gewonnen werden, wenn die Armee gründlich und nachhaltig verproviantiert ist.
Die auslaufenden Schiffe bildeten eine Späherflotte, die bestgerüstete, die je englischen Boden verließ. Katharina war zuversichtlich, dass die englischen Truppen unter dem Kommando ihres Vaters den Papst verteidigen, die Franzosen schlagen und England wieder einmal als Grundbesitzer in Frankreich etablieren konnten. Die Friedenspartei im Kronrat sorgte sich, dass England in einen weiteren endlosen Krieg verwickelt werden würde, aber Heinrich und Katharina waren aufgrund von Ferdinands zuversichtlichen Voraussagen überzeugt, dass der Sieg rasch errungen und England reich belohnt werden würde.
***
In meiner Kindheit sah ich Vater einen Feldzug nach dem anderen führen, und nie erlebte ich, dass er verlor. In den Krieg zu ziehen ist wie ein Wiederaufleben meiner Kindheit, die Farben und die Töne und die Aufregung einer Nation am Vorabend eines Krieges entzücken mich. Und weil ich nun die gleichberechtigte Verbündete meines Vaters bin und ihn mit der starken englischen Armee unterstützen kann, habe ich nun endlich das Gefühl, erwachsen geworden zu sein. Stets hat er diese Unterstützung von mir ersehnt, es ist die Erfüllung meines Daseins als Tochter. Dafür habe ich die langen Jahre des Wartens auf den englischen Thron erduldet. Dies ist mein Schicksal, das sich nun endlich erfüllt: Ich kommandiere eine Armee, wie mein Vater, wie meine Mutter es einst tat. Ich bin eine Kriegerkönigin, und an diesem sonnigen Morgen, als ich die Flotte in See stechen sehe, hege ich keinerlei Zweifel, dass der Sieg mein sein wird.
***
Der Plan sah vor, dass die englische Armee auf die spanische treffen und in den Südwesten Frankreichs eindringen sollte, in die Guyenne und das Herzogtum Aquitanien. Katharina zweifelte nicht im Geringsten daran, dass ihr Vater seinen Anteil an der Kriegsbeute an sich reißen wollte, doch sie erwartete immerhin, dass er sein Versprechen halten würde, gemeinsam mit den Engländern in Aquitanien einzumarschieren und das Herzogtum für England zurückzuerobern. Sein geheimer Plan,
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