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Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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unbeschäftigt war und auf seinen Einsatzbefehl wartete. Sie verbarg ihre Angst vor Heinrich und dem Kronrat, schrieb aber einen geheimen Brief an ihren Vater und erkundigte sich nach seinen Plänen. Sie stellte den spanischen Botschafter zur Rede und fragte ihn, was die englische Armee nach Meinung ihres Vaters tun solle und wann endlich der Marschbefehl erteilt werde?
    Ihr Vater, der mit seiner eigenen Armee auf dem Marsch war, schickte keine Antwort; und der Gesandte konnte ihr nichts sagen.
    Der Sommer dauerte an, und Katharina schrieb kein zweites Mal. In einem bitteren Moment, den sie nicht einmal vor sich selbst zugab, begriff sie, dass sie nicht die Verbündete ihres Vaters auf dem Schachbrett namens Europa war, sondern wenig mehr als ein Bauer in seinem Spiel. Sie brauchte gar nicht erst zu fragen, wie die Strategie ihres Vaters aussehe: Da er die englische Armee vor seine Haustür beordert hatte, sie jedoch nicht einsetzte, konnte sie seine Pläne ohnehin erraten.
    In England nahte allmählich der Herbst, doch der heiße Sommer Spaniens war noch lange nicht zu Ende. Endlich hatte Ferdinand Verwendung für seine Verbündeten, doch als er ihnen Nachricht schickte und befahl, sie sollten im Winter auf den Feldzug gehen, weigerten sie sich, ihm Antwort zu geben. Sie meuterten gegen ihre eigenen Kommandeure und forderten, heimkehren zu dürfen.

 
 
W INTER 1512
 
    Weder Katharina noch die Zyniker im Kronrat waren sonderlich überrascht, als die englische Armee im Dezember zerlumpt und mit Schande bedeckt heimkehrte. Lord Dorset, der die Hoffnung aufgegeben hatte, jemals Befehle oder Verstärkung von Seiten König Ferdinands zu bekommen, und der überdies mit Meuterei in den eigenen Reihen zu kämpfen hatte, brachte das hungrige, müde Heer nach Hause. Zweitausend Mann waren Seuchen zum Opfer gefallen, und das Heer kehrte so entmutigt heim, wie es vordem voller Stolz ausgezogen war.
    »Was ist nur fehlgeschlagen?« Heinrich stapfte in Katharinas Gemächer und bedeutete ihren Damen, sich zu entfernen. Er weinte fast vor Zorn über die beschämende Niederlage. Er konnte einfach nicht glauben, dass seine Streitmacht, die so tapfer ausgezogen war, in solcher Unordnung heimkehren konnte. Sein Schwiegervater hatte ihm geschrieben und sich über das Benehmen der englischen Soldaten beschwert. Nun hatte Heinrich in Spanien und Frankreich sein Gesicht verloren. Er floh zu Katharina als dem einzigen Menschen auf der Welt, der seine Erschütterung und Betroffenheit teilen konnte. Er war so wütend, dass er nur noch stammeln konnte. Dies war der erste Fehlschlag unter seiner Herrschaft, und er hatte wie ein Kind geglaubt, dass ihm nie etwas misslingen könne.
 
***
 
    Ich nehme seine Hände. Auf diesen Moment habe ich seit dem Sommer gewartet, als die englischen Truppen in Frankreich landeten, jedoch keinen Einsatzbefehl erhielten. Als dies geschah, wusste ich, dass man uns getäuscht hatte. Und schlimmer noch: Der uns getäuscht hatte, war mein eigener Vater.
    Ich kenne meinen Vater als Feldherrn, und ich kenne ihn als Mann. Da er die Engländer am Tage ihrer Landung nicht sogleich in die Schlacht warf, wusste ich, dass er etwas anderes mit ihnen vorhatte, uns seinen Plan jedoch nicht enthüllen würde. Es entsprach nicht seinen Gewohnheiten, tapfere Soldaten im Heerlager zu lassen, wo sie faulenzen, sich betrinken und sich allerlei Krankheiten zuziehen können. Ich habe den größten Teil meiner Kindheit auf Feldzügen mit meinem Vater verbracht und habe nie erlebt, dass er Müßiggang duldet. Im Gegenteil, er hält die Soldaten auf Trab, damit sie nicht auf dumme Gedanken kommen. In meines Vaters Ställen steht kein Pferd, das ein Pfund Fleisch zu viel auf den Knochen hätte ... und ähnlich fordernd behandelt er auch seine Soldaten.
    Wenn er die Engländer im Heerlager verkommen ließ, dann deshalb, weil sie dort waren, wo sie ihm am meisten nützten. Es kümmerte ihn nicht im Geringsten, dass sie schlecht ernährt waren und krank wurden. Als ich dies erfuhr, schaute ich wieder in die Landkarten und begriff nun endlich, worum es ihm ging: Er benutzte die Engländer als Gegengewicht, als ruhende Armee. Ich las die Berichte unserer Befehlshaber, ihre Klagen über das untätige Herumsitzen, über Gefechtsübungen an der Grenze, bei denen sie in Sichtweite der französischen Armee kamen ... ohne dass der sehnlich erwartete Angriffsbefehl erfolgte. Als ich all das gelesen hatte, wusste ich, dass ich recht hatte. Mein

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