Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
darstellen könnte. Gebt also acht, dass Ihr sie niemals verärgert.«
Catalina schüttelte den Kopf. »Das würde ich nie tun. Ich fürchte mich vor ihr.«
»Ich auch!«, gestand er lachend. »Aber ich kenne sie gut, und deshalb warne ich Euch. Sie kennt keine Skrupel, wenn es um den Machterhalt ihres Sohnes oder ihrer Familie geht. Dafür geht sie über Leichen. Sie liebt keinen Menschen außer meinem Vater - nicht mich, nicht ihre Ehemänner, niemanden außer ihm.«
»Auch Euch liebt sie nicht?«
Arthur schüttelte den Kopf. »Nicht einmal meinen Vater liebt sie auf eine Art, wie andere Menschen lieben. Es war ihre Entscheidung, dass er zum König bestimmt war. Als er noch klein war, schickte sie ihn fort, damit ihm nichts geschehen konnte. Aus der Ferne überwachte sie seine Knabenjahre. Dann befahl sie in einem Augenblick größter Gefahr seine Rückkehr, damit er die Krone fordern sollte. Sie kann nur einen König lieben!«
Catalina nickte. »Er ist ihr Thronprätendent.«
»Genau. Für ihn forderte sie den Thron. Sie hat ihn zum König gemacht.«
Besorgt bemerkte Arthur, wie ernst die Prinzessin geworden war. »Nun aber genug davon. Jetzt müsst Ihr mir Euer Lied singen.«
»Welches?«
»Gibt es denn noch eine Ballade über den Fall Granadas?«
»Dutzende, würde ich schätzen.«
»Dann singt mir doch davon«, drängte Arthur. Er lehnte sich an einen Kissenberg, und die Prinzessin kniete vor ihm, warf ihre rotbraune Haarpracht zurück und begann mit leiser, lieblicher Stimme zu singen:
»Wie sie weinen in Granada, als die Sonne untergeht,
Der eine zu dem Herrgott betet, der andere Allah anfleht.
Es ist das Ende des Koran, das Kreuz hat ihn besieget,
Und wo einst schallt' des Mauren Horn, die Glocke tönt zum Siege.
Te Deum Laudamus!, auf der Alcalá sie singen:
Und von den Alhambra-Minaretten die Halbmonde springen.
Von der Burg vereint die Waffen von Aragón und Kastilien starren,
Ein König reitet weinend fort, und Schmach soll seiner harren.«
Arthur schwieg geraume Zeit. Catalina streckte sich neben ihm aus und starrte auf den bestickten Betthimmel über ihren Köpfen, ohne ihn zu sehen.
»So ist es immer, nicht wahr?«, sann er. »Der Aufstieg des Einen ist der Fall des Anderen. Ich werde eines Tages König sein, doch dafür muss mein Vater sterben. Und wenn ich eines Tages sterbe, kommt mein Sohn an die Macht.«
»Sollen wir ihn Arthur nennen?«, fragte Catalina. »Oder Heinrich, nach Eurem Vater?«
»Arthur ist ein guter Name«, stimmte er zu. »Ein guter Name für eine neue britannische Königsfamilie. Arthur nach Artus von Camelot, und nach mir. Wir wollen keinen weiteren Heinrich; mein Bruder reicht vollkommen. Ja, wir wollen ihn Arthur nennen, und seine ältere Schwester Mary.«
»Mary? Ich wollte sie Isabella nennen, nach meiner Mutter.«
»Ihr könnt unsere nächste Tochter Isabella nennen. Aber ich möchte, dass unsere Erstgeborene Mary heißt.«
»Nein, Arthur muss der Erstgeborene sein.«
Er schüttelte den Kopf. »Zuerst werden wir eine Mary bekommen, damit wir lernen, wie das alles zu machen ist.«
»Wie was zu machen ist?«
Er fuchtelte mit der Hand. »Die Taufe, die Entbindung, das ganze Theater: die Sorgen, die Amme, das Schaukelpferd, die Kindermädchen. Meine Großmutter hat ein ganzes Buch darüber verfasst, wie man es richtig macht. Es ist furchtbar kompliziert. Aber wenn wir zuerst eine Mary bekommen, dann wissen wir, was in der Kinderstube bereitstehen muss, und nach Eurer nächsten Entbindung werden wir unseren Sohn und Erben sicher in die Wiege legen.«
Catalina fuhr mit gespielter Empörung auf ihn los. »Ihr wollt an meiner Tochter lediglich üben!«, rief sie aus.
»Ihr wollt doch wohl nicht mit meinem Sohn anfangen!«, protestierte Arthur. »Denn er wird die Rose der Rose von England sein. So werde ich genannt, wie Ihr ja wohl wisst: ›die Rose von England‹. Ich meine, Ihr solltet doch meine kleine Rosenknospe, meinen jungen Sprössling, mit ein wenig mehr Respekt behandeln!«
»Dann soll sie aber Isabella heißen«, bestimmte Catalina. »Wenn sie zuerst kommt, nennen wir sie Isabella.«
»Mary, nach der Himmelskönigin.«
»Isabella, nach der Königin Spaniens.«
»Mary, der Himmelsgöttin, zum Dank, dass Ihr zu mir gekommen seid. Das schönste Geschenk, das der Himmel mir machen konnte.«
Catalina glitt in seine Arme. »Isabella«, sagte sie, doch er küsste sie schon.
»Mary«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Und wir wollen sie
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