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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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zielte noch immer auf den Bankschalter.
    »Die Polizei wurde bereits gerufen.« Die Stimme klang schrill.
    »Dann ruf sie wieder«, entgegnete Chaka. »Wir haben hier einen Mörder.«
     
    »Genial!« sagte Quait. Sie verließen das Gebäude in überschäumender Stimmung und klopften sich ununterbrochen auf die Schultern oder umarmten sich.
    »Das war noch nicht einmal geplant«, lachte Chaka.
    »Stimmt«, sagte Avila. »Der Plan lautete, daß Chaka den Tisch lange genug ablenken sollte, bis ich in den Seitengang gelaufen wäre. Wahrscheinlich gibt es hinter einer der Türen einen grauen Kasten wie den von Mike, der diesen Tisch kontrolliert. Ich hatte gehofft, bis dorthin vorzudringen und ihn abschalten zu können. Aber Chaka hat sich so gut geschlagen, daß ich in Deckung geblieben bin.«
    »Ich habe die Türen gesehen«, sagte Flojian. »Wie kommst du auf die Idee, sie wären unversperrt?«
    »Für den Fall, daß ich nicht hinein oder der Tisch hinter mir her gekommen wäre, hatte Chaka einen Stein im Rucksack.«
    »Sie wollte den Tisch mit einem Stein angreifen?«
    »Ja«, sagte Chaka. »Es war ein großer Stein.« Sie zeigte ihn vor. »Wir dachten, daß ich im allgemeinen Chaos eine gute Chance hätte, den Tisch damit zu treffen.«
    Alle lachten.
    »Hört zu«, sagte Avila. »Die Situation war nicht so verzweifelt, wie es vielleicht klingen mag. Wir hatten noch einen anderen Plan in Reserve.«
    »Und was für ein Plan war das?«
    Chaka hielt die Daumen nach oben. »Du warst großartig da drin, Flojian«, sagte sie und umarmte ihn. »Der Reserveplan war, draußen vor dem Fenster ein Feuer anzuzünden. Der Wind weht recht heftig, und vielleicht hätten wir genügend Rauch in die Bank lenken können, um dort für Chaos zu sorgen. Vielleicht wäre es uns sogar gelungen, ein automatisches Löschsystem in Gang zu setzen, wer weiß? Auf jeden Fall hätten wir für Verwirrung gesorgt.«
    »Verwirrung?« Quait warf einen Blick zurück auf das dichte Gestrüpp, das die Bank umgab. »Ihr hättet einen Großbrand verursacht. Diese Büsche wären wie trockener Zunder hochgegangen.«
    »Nun ja«, erwiderte Chaka zögernd. »Das wußten wir auch. Deswegen war es ja nur der Reserveplan.«
    »Zu eurem anderen wilden Plan.« Flojian lachte laut.
    Avila seufzte. »Ich würde mich nicht so lustig machen. Immerhin hat Chaka euch befreit.«
     
    Dieses geheimnisvolle Leben, das die Geräusche in dem Straßenmast verursachte und die Reaktionen des Zeichentischs in der Bank hervorrief, schien in ganz Ann Arbor aktiv zu sein. Vor einem Steinhaus flammten Lichter auf, als sie sich näherten, und erlöschten wieder, nachdem das letzte Pferd (hastig von Chaka getrieben) vorüber war. Aus einem zweistöckigen Gebäude erklangen ein paar Takte leiser Musik, die sich wiederholten, bis die kleine Gruppe außer Hörweite war. Auf einer Lichtung lehnte sich Flojian gegen ein vierzig Fuß langen glänzenden Metallzaun und machte einen verblüfften Satz nach vorn, als eine Glocke erklang und drei Gatter im Zaun aufsprangen. (Der Zaun besaß insgesamt ein ganzes Dutzend dieser Gatter, doch die anderen blieben geschlossen.)
    Es war eine unruhige Gegend, und alle waren froh, sie endlich hinter sich zu lassen.
    Sie ritten bis spät in den Abend weiter, immer auf der Flucht vor herannahenden Gewitterwolken, und fanden schließlich in einer kleinen Kirche der Straßenbauer Unterschlupf. Es war ein idealer Lagerplatz. Der letzte Besucher hatte einen großen Vorrat an Feuerholz zurückgelassen, das Dach war undicht genug, um den Rauch abziehen zu lassen, aber auch dicht genug, um sie vor dem Sturm zu schützen. Die Vordertür war verschwunden, was jedoch niemanden störte, weil sie ihren Unterschlupf mit den Tieren teilten. Sie tränkten die Pferde, fütterten sie, rieben sie ab und entspannten sich dann vor einem munter brennenden Feuer.
    Wein oder Bier waren längst ausgegangen, und es gab nichts, womit sie auf ihr Glück anstoßen konnten. Trotzdem zog Quait jetzt sein Walloon hervor. Seine Finger tanzten über die Saiten, und er fragte die anderen, was sie hören mochten.
    »Ein schönes Lagerfeuerlied«, schlug Chaka vor.
    »Das sollt Ihr haben, Mylady«, sagte er. »Avila, kennst du die Goldenen Reiter?«
    Avila nahm ihr Flöteninstrument und spielte ein paar Takte. Quait stimmte ein und sang:
     
    Ich verließ mein Mädchen voller Schmerz,
    In der Nacht, als wir zogen nach Mineer;
    Sie küßte meine Lippen und behielt mein Herz
    Und sah mir lang

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