Die ewige Straße
besaßen, hatte einiges zu ihrer neuen Zuversicht beigetragen.
Am Tag, nachdem sie die Höhle hinter sich gelassen hatten, war plötzlich ein Bär zwischen den Bäumen hervorgekommen und auf Flojian losgegangen. Flojian hatte instinktiv nach seinem Gewehr gegriffen, doch dann war es ihm aus der Hand gefallen. Die Kreatur war so nah an Flojian herangekommen, daß er ihren heißen, fauligen Atem riechen konnte. Flojian hatte die einzige Waffe gezogen, die ihm in diesem Moment geblieben war: den Keil. Trotz der Erfahrung an Bord der Friedfertigen hatte er noch nicht gelernt, sich auf das kleine, harmlos aussehende schwarze Ding zu verlassen. Doch es betäubte die Kreatur so blitzschnell, als hätte jemand eine Kerze ausgeblasen. An jenem Abend hatten sie ein Festmahl.
Eine Gruppe von sechs bewaffneten Tuks versuchte ebenfalls ihr Glück. Sie versperrten ihnen den Weg und verkündeten, daß sie die Pferde, das Gepäck und (offensichtlich nach einem zweiten Blick) Chaka haben wollten. Mit der Waffe in der Hand verspürten die Gefährten kaum mehr als Verachtung für die zerlumpten Wegelagerer. Sie lauschten lässig ihren Drohungen und Forderungen und schickten die sechs Räuber anschließend fast beiläufig schlafen.
Eine zweiter Zwischenfall verlief ähnlich. Ein Dutzend Reiter versperrte ihnen den Weg, sechs vor und sechs hinter ihnen, und verlangten die Herausgabe sämtlicher Wertgegenstände. Die Übermacht beeindruckte die drei Gefährten nicht im mindesten. Sie reagierten, indem sie in einer gespielt verzweifelten Geste die Hände hoben (in den Handflächen versteckt: die Keile) und es Chaka überließen, das Kommando zu geben. Chaka verkündete den Banditen, sie sähen müde aus und benötigten wahrscheinlich eine Runde Schlaf. Der Effekt war atemberaubend. Reiter und Pferde brachen gleichzeitig zusammen.
Ein Gefühl der Unverwundbarkeit ergriff von Chaka und Flojian Besitz, und Quait warnte sie eindringlich, nicht leichtsinnig zu werden. Übermut konnte sie nur allzu rasch das Leben kosten.
In der folgenden Nacht schliefen alle schlecht. Als Chaka aus einem wüsten Traum hochschreckte, sah sie Flojian zusammengekauert am Feuer sitzen.
Sie erhob sich und ging zu ihm. Er starrte unverwandt in die Flammen.
»Avila«, sagte sie.
Er nickte. »Sie könnte noch leben.«
Sie hätte noch am Leben sein können, wenn sie damals die Keile ernst genommen hätten. Wenn jeder einen bei sich getragen hätte, so wie Avila.
»Es ist zu spät«, sagte sie.
Seine Kiefermuskeln arbeiteten, und er wischte sich über die Augen.
Vielleicht war ihnen ihr Ruf vorausgeeilt. Im Verlauf der nächsten Tage begegneten sie weiteren Gruppen von Tuks, doch die Treffen verliefen stets freundlich. Sie wurden sogar in die Dörfer eingeladen.
Mehrmals nahmen sie die Einladungen an und amüsierten sich jedesmal sehr. Endlich war der Frühling eingekehrt, und überall wurde gefeiert. Das Essen war gut, doch sie achteten stets darauf, nicht zuviel zu trinken. Die gebotene Unterhaltung war – ganz im Geist der Jahreszeit – stets erotischer Natur. Chaka genoß es, Quait zu beobachten, der so tat, als stünde er über allem, und sie war erfreut zu sehen, daß Flojian sich ein wenig an den gebotenen Schauspielen erfreute, obwohl er stets dankend ablehnte, wenn sich Tuk-Frauen erboten, mit ihm zu gehen. Und in guter Erinnerung an einen Ratschlag Jon Shannons schützte er bei diesen Gelegenheiten stets Krankheit vor, statt eine Beleidigung der Gastgeber zu riskieren.
Quait machte keinerlei Hehl aus seiner Beziehung zu Chaka, und er erhielt demzufolge auch keine eindeutigen Angebote.
Die Tuks taten, als bemerkten sie die Vorsicht ihrer Besucher nicht, die stets darauf bestanden, alle unter dem gleichen Dach zu schlafen. Sie nickten Chaka vielsagend zu, als wollten sie zum Ausdruck bringen, daß sie eine Frau zu schätzen wußten, die zwei Männer für sich beanspruchte. »Wir stehen schließlich mitten im Leben«, erinnerte einer der vielen Ganjis sie. »Wir verstehen diese Dinge nur zu gut, Chaka.«
Die Tuks hatten vom Ki von Hauberg gehört. Nach ihren Worten war er ein Despot, der über eine von mehreren Seemächten entlang der Küsten des großen inländischen Meeres herrschte. Sie hatten auch von der Frie d fertigen gehört und waren erfreut, von ihrem Ende zu erfahren. »Ein Sklavenhändler und Piratenschiff«, sagten sie. »Ihre Städte sind abscheulich. Sie stehlen sich gegenseitig Geld, führen untereinander Kriege und verbünden
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