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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Ästhetik verbot verschiedene Handschriften in demselben Buch.) Später, sobald sie mehrere Kopien besitzen würden, würde er die Arbeiten ausweiten können. Schließlich, so erwartete Silas, würden hundert oder mehr gebundene Kopien von Mark Twains Werk in den fünf Städten zirkulieren.
    Es hatte eine kurze Debatte gegeben, ob man die Sprache modernisieren sollte. Silas hatte argumentiert, das Original zu übernehmen, da es noch immer leicht lesbar wäre. Außerdem war er überzeugt, daß niemand eine gerechte Übertragung zustande brächte. Die Kommission hatte sich gewunden, aber schließlich doch nachgegeben.
    Sie besaßen originalgetreue Kopien der beiden anderen noch existierenden Fragmente von Mark Twains Werk, von Leben auf dem Mississippi und von den Fa k ten im Prozeß des Großen Fleischvertrags. Jetzt, mit dem zusätzlichen und vollständigen Yankee aus Connecticut, gab es genug Material, um eine ernsthafte Bewertung der Arbeit des Straßenbauer-Schriftstellers zu versuchen. Silas fragte sich, welche Schlüsse Mark Twain, hätte er neben Silas Glote in Illyrien gestanden, aus den Ruinen seiner eigenen Zivilisation gezogen hätte.
    Silas hatte mehr als dreißig Kommentare über zahlreiche Aspekte vorzeitlicher und moderner Literatur, Ethik und Geschichte verfaßt. Nur einer davon, die Schöne neue Hyperbel, war je in Buchform gebracht und in die Bibliothek gestellt worden. (Heute, viele Jahre später, war ihm der Titel fast peinlich.) Er versuchte darin zu belegen, daß Huxleys Schöne neue Welt in Wirklichkeit ein spekulatives Buch darstellte und nicht etwa eine genaue Beschreibung von Straßenbauertechnologien oder ihrer Ethik. Silas wußte nicht genau, ob er mit seiner Theorie recht hatte, doch er zitterte innerlich angesichts der Möglichkeit, daß eine hochentwickelte Zivilisation wie die der Straßenbauer in eine derartige Horrorgesellschaft ausarten konnte.
    Gegenwärtig war er mit der Aufzeichnung seiner Eindrücke über den Yankee aus Connecticut beschäftigt. Im gesamten Spektrum der Literatur, über das die Liga verfügte, gab es einfach nichts, das mit Mark Twain vergleichbar gewesen wäre. Am nächsten kamen dem vielleicht noch die ironischen Komödien des Stückeschreibers Caper Tallow aus Argon, doch diese wirkten neben dem feinsinnigen Humor Mark Twains eher drollig.
    Silas verfaßte seinen Kommentar mit extremer Sorgfalt, denn er wußte, daß ihm noch viele weitere folgen würden. Und weil er der erste war, würden seine Bemerkungen Aufmerksamkeit erregen: Entweder als ein Beispiel für Verständnis oder für Unangemessenheit. Er spürte, daß dieses eine Dokument ihm auf die eine oder andere Weise einen Ruf einbringen würde, der für die Nachwelt erhalten bliebe.
    Er war nun seit fast einem Monat ununterbrochen mit diesem Projekt beschäftigt, und er fühlte sich so sicher, was das Ergebnis anging, daß er einen alten Grundsatz verletzte und einigen der anderen Lehrer von seinen Fortschritten erzählte. Sie zeigten sich beeindruckt, doch wie es eben so ist, war es Mark Twain, dem ihre ganze Anerkennung zuteil wurde.
     
    Noch am gleichen Tag, an dem Silas seine Niederschrift beendete, kam Chaka Milana zu ihm. Er hatte eben seine Schreibutensilien weggelegt und stand im Begriff, zum Essen zu gehen. Sie lächelte ihm triumphierend zu, während sie von ihrem Pferd Piper abstieg. »Ich kann zwar nicht garantieren, daß Haven existiert«, sagte sie, »aber ich glaube, es ist möglich, den Weg zurückzuverfolgen, den Endines Expedition gegangen ist.«
    Sie führte ihn zur Letzten Hoffnung, einer in der Nähe gelegenen Kneipe. Ein großer, dunkelhäutiger Mann mit dickem schwarzem Haar und einem gestutzten Bart saß an einem Ecktisch. »Silas«, sagte Chaka, »darf ich Ihnen Jon Shannon vorstellen?«
    Silas streckte ihm die Hand hin. Shannon setzte seinen Bierkrug ab. »Erfreut, Sie kennenzulernen, Silas«, sagte er.
    Chaka rutschte auf die Bank an der Wand, und Silas nahm neben ihr Platz. »Chaka hat mir erzählt, Sie hätten für sie gearbeitet?«
    Shannon nickte. »Sie wollte wissen, ob ich die Spur der Endine-Expedition finden könnte.«
    Ein Frösteln durchfuhr Silas. »Ich nehme an, Sie hatten Erfolg, sonst würden wir nicht hier sitzen.«
    Shannon sah Chaka an. »Ich fand einige Markierungen oben bei der Wildwaldstraße. Sie wissen, wo das ist?«
    Silas war nie dort gewesen, doch er wußte, daß sie vielleicht hundertvierzig Meilen nördlich lag, grob parallel zum Ohio verlief und

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