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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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berufliche Verpflichtungen, an die ich denken muß. Und wir werden das Geld brauchen, um ein gutes Leben zu führen. Wenn ich jetzt mit dir käme, würde ich alles wegwerfen. Bei dir ist das etwas anderes. Du kannst wiederkommen und da weitermachen, wo du aufgehört hast.«
    Sie starrte ihn an. »Vermutlich hast du recht«, sagte sie. Dann stand sie auf und zog ihre Jacke über.
    »Was hast du vor?«
    »Ich will nach Hause. Ich muß nachdenken.«
    »Chaka, ich möchte nicht, daß du wegen dieser Geschichte böse auf mich bist. Ich bitte dich, nimm endlich Vernunft an!«
    Sie war auf den Beinen und draußen auf der Veranda, ohne noch auf seine Worte zu hören. Sie ging in den Stall, warf Piper den Sattel über und zog gerade die Riemen fest, als Raney durch die Tür kam. Doch sie schob ihn von sich weg und stieg auf ihr Pferd.
    »Chaka …«
    »Später, Raney«, sagte sie. »Laß uns später über alles reden.«
    Sie ritt an ihm vorbei und hinaus in die Nacht. Der Wind rauschte in den Bäumen, und Regen hing in der Luft.
    Und wenn Sie wirklich gehen müssen, dann nehmen Sie niemanden mit, dem Sie nicht Ihr Leben anvertrauen würden. Denn genau darauf wird es ankommen.

Kapitel 7
     
     
    Und wenn Sie wirklich gehen müssen, dann nehmen Sie keine Fremden mit. Nehmen Sie niemanden mit, dem Sie nicht Ihr Leben anvertrauen würden. Im Verlauf der folgenden Woche entdeckte Chaka, wie wenig Menschen sie kannte, auf die Shannons Beschreibung paßte. Die, denen sie vertraute, waren auf Raneys Seite. Sie betrachteten es als ihre Pflicht, Chaka von ihrem Vorhaben abzubringen. Unter gar keinen Umständen waren sie bereit, eine zweite Expedition zu unterstützen. Es ist wichtig, meinten einige, daß man aus der Geschichte lernt. Statt dessen kamen Leute zu ihr, die sie nicht einmal kannte, und boten sich als Teilnehmer an. Die meisten wirkten labil oder unzuverlässig. Ein paar wollten sogar Geld.
    Höchstwahrscheinlich hätte es niemals eine zweite Expedition gegeben, wäre da nicht Quait Esterhok gewesen, und hätte er nicht beinahe gleichzeitig zwei Leidenschaften entwickelt: die eine für Mark Twain … und die andere für Chaka Milana.
    Die erste brachte ihm – vielleicht zum ersten Mal – eine Ahnung dessen, was mit dem Untergang der Straßenbauer-Zivilisation verlorengegangen war. Die Städte der Liga kannten keine Druckerpresse, und deswegen gab es den Roman als Kunstform nicht. Die Schreiber der Gegenwart beschränkten sich auf Praktisches, auf die Wissenschaften (Handbücher, philosophische, religiöse, juristische und ethische Traktate) und auf die Geschichte als solche.
    Doch nicht die literarische Form war es, die Quait so sehr beeindruckte. Es war vielmehr die Stimme des Erzählers, die so lebendig und energiegeladen schien, so völlig anders als der formalistische, steife Schreibstil der Illyrer. Es war, so erzählte er Silas, als säße Mark Twain im gleichen Raum. »Was wissen wir über ihn?« fragte er.
    Silas umriß das wenige, was die Liga über Twain besaß: Daß er an einem Ort namens Hartford gelebt hatte, daß er im Straßenbauerjahr 1835 geboren wurde (kein Mensch wußte, wann das gewesen war), daß er sich der Trödelei bewußt war, die in den Behörden herrschte (wie in den Fakten im Prozeß des Großen Fleischvertrags zu lesen), und daß er ein Flußschiffer auf dem Mississippi gewesen war, obgleich nach wie vor schleierhaft blieb, was für eine Art von Schiff er gesteuert hatte.
    Und doch. Trotz der mangelnden Fakten hatte Quait das Gefühl, Mark Twain fast so gut zu kennen, wie er Silas kannte.
    Quaits zweite Leidenschaft entwickelte sich unmittelbar aus der ersten. Es war nicht leicht, an das Buch heranzukommen, um darin zu lesen. Entweder befand es sich gerade in den Händen der Gelehrten, oder die Kopierer hatten es in Beschlag. Oder beides. Also war Quait dazu übergegangen, das Voranschreiten der Arbeiten zu beobachten und über Schultern mitzulesen. Im übrigen dachte er angestrengt darüber nach, woher er das Geld nehmen sollte, eine der Kopien zu kaufen, wenn sie denn einmal herausgegeben würden. Eines Nachmittags traf er ein und fand einen anderen glühenden Verehrer vor, der ebenfalls zu lesen versuchte, während ein Gelehrter, der zu Besuch war, Notizen über Kapitel Vier anfertigte.
    Sie befanden sich in einem Hinterzimmer, wo das Buch vorläufig für die Öffentlichkeit unzugänglich aufbewahrt wurde.
    Der Verehrer war eine atemberaubende junge Frau, deren schulterlanges feuerrotes

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