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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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paar Worte zu Piper, und weiter ging es. Doch im nächsten Augenblick hörte sie hinter sich einen Aufschrei. Sie drehte sich um und sah Silas, der auf die Kante zustolperte. Mit einer Hand umklammerte er sein Tagebuch, während der Schecke scheute und zurückwich und in Panik auszubrechen drohte.
    Das Pferd schnaubte und suchte verzweifelt nach Halt, doch es war zu spät. Reflexhaft beging Silas den Fehler, die Zügel festzuhalten, und er wurde von den Füßen und hinter dem Tier her über die Kante gerissen. Chaka starrte wie gelähmt vor Entsetzen auf das Geschehen. Silas wäre in die Tiefe gestürzt, hätten nicht die beiden anderen Tiere die Hufe gestemmt. Die Zügel des Schecken wurden ihm aus der Hand gerissen, und das Pferd fiel den weiten Weg in den Fluß hinunter.
    Chaka hastete an ihren Pferden vorbei nach hinten. Silas baumelte über dem Abgrund. Die Zügel der beiden verbliebenen Pferde waren alles, was ihn noch hielt. Sie warf sich auf den Weg. Er blickte zu ihr hoch, und sein Gesicht war weiß wie eine Maske. »Halt durch!« schrie sie und packte mit beiden Händen seine Jacke.
    Doch Silas war zu schwer. Sie fand keinen Halt, keine Möglichkeit, ihn festzuhalten. Hinter ihr ertönten Schreie und Füßetrappeln, doch alles ging viel zu schnell. Sie rief um Hilfe, er rutschte ihr langsam aus der Hand, und sie wurde selbst über den Rand gezogen, während sie auf Silas starrte und den Fluß tief unter ihnen.
    »Die Schale!« rief er.
    »Ich hab’ dich!« Doch sie hatte ihn nicht: Sie wurde weiter über die Kante gezogen, und er entglitt ihrem Griff. Wo blieben nur die anderen?
    Seine Augen waren sehr blau und voller Angst. Er sah Chaka an in diesen letzten Sekunden, während endlich irgend jemand ihre Knöchel packte und ihr sagte, daß sie durchhalten solle.
    »Verdammt!« preßte Silas hervor. Dann ließ er los.
    Chaka schrie. Silas schien ganz langsam von ihr wegzuschweben, und dann packten starke Hände sie und zerrten sie vom Abgrund weg. Hinterher weinte sie lange, lange Zeit.

Kapitel 14
     
     
    »Es hatte irgend etwas mit der Schale zu tun«, sagte Flojian. »Er war aus irgendeinem Grund aufgeregt deswegen und machte die Tiere scheu.« Doch sie konnten nichts Ungewöhnliches entdecken, auch wenn Chaka immer wieder darauf hinwies, daß Silas so unmittelbar vor seinem Tod noch einmal auf die Schale aufmerksam gemacht hatte.
    Sein Tagebuch war auf den Laufsteg gefallen, und das war alles, was von ihm übrig war. Eine entschlossene Suche nach seinem Leichnam erschien angesichts ihrer begrenzten Möglichkeiten als undurchführbar, und sie sahen nur wenig Aussichten auf Erfolg. Und so beschränkten sie sich auf eine eher oberflächliche Suche entlang dem nördlichen Ufer.
    Silas hätte gewollt, daß sie weiterzogen und die Expedition erfolgreich beendeten, meinte Avila, und sie sprach damit aus, was alle dachten. Wieder zu Hause in Illyrien würden sie ihm ein Denkmal errichten. Und so sagten sie seinem Geist in einer nachmittäglichen Zeremonie Lebewohl, ritzten den Tasselay in seinen Grabstein, nahmen einen Weinschlauch heraus und tranken auf sein Gedenken.
    Auf Silas Glote, den letzten der Straßenbauer.
    Sie kletterten auf einen Hügel, von wo sie eine bessere Sicht auf die Schale hatten. Sie entdeckten nichts Auffälliges, und schon gar nichts, das die Aufregung des alten Gelehrten gerechtfertigt hätte. Das Objekt war vollkommen nichtssagend. Nach einer Weile gaben sie auf und zogen nach Norden weiter. Die Stimmung war düster und mutlos. Alle wollten weit weg sein, bevor die Dämmerung einbrach.
    »Ich glaube nicht, daß wir weit kommen«, sagte Shannon. Er deutete auf zwei Markierungen an zwei nahe beieinander stehenden Baumwollbäumen. Sie zeigten auf die Stelle, wo der Fluß einen Linksschwenk beschrieb. In Richtung der Esplanade. Und der merkwürdigen Schale.
    Zögernd setzten sie sich über den Hügelrücken in Bewegung. Die Sonne verblaßte bereits. In den Bäumen tollten Eichhörnchen, und Vögel sangen laut. Ringsum standen Steinhäuser verstreut unter Bäumen. Sie entdeckten eine Straßenlaterne, die von einer ausladenden Ulme weggedrückt worden war und jetzt in einem Winkel von fünfundvierzig Grad über dem Boden hing und einen halb vergrabenen Hojjy mit einem verrosteten Spiegel, an dem eine Quaste baumelte.
    Der Tag war ungewöhnlich warm. Ein paar Blumen blühten. Chaka hatte noch nie derartige Blüten gesehen: groß, gelb, schalenförmig. »Feuerkugeln«, erklärte Avila. »Im

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