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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Shannon. »Das ist Zauberei. Einfach Zauberei, und fertig. Und es ist überhaupt keine gute Idee, mit diesen Dingen zu spielen.«
    Sie gingen zum anderen Ende der Plattform, nichts war zu hören außer ihren eigenen Schritten, dem Hufgeklapper ihrer Tiere und einem schwachen Wind, der über Öffnungen strich. Die Plattformen endeten allesamt in einer Halle, während die Gräben in Tunnel führten.
    Avila hob die Lampe und blickte sich in der Dunkelheit um. Der Ort erinnerte sie an einen Tempel. Die gewaltigen Ausmaße, der Eindruck, daß die Zeit stehengeblieben war, die Echos – all das erweckte in ihr ein Gefühl, als kehrte sie heim.
    »Vor uns befindet sich eine Wand«, sagte Quait. Grau und mächtig ragte sie vor der kleinen Gruppe auf. Am Fuß der Mauer standen etliche kleine Kabinen aneinandergereiht.
    »Keinerlei Fußabdrücke.« Shannon suchte den staubbedeckten Boden ab. »Hier ist schon sehr lange niemand mehr vorbeigekommen.«
    Die Kabinen waren mit Regalen und Pulten ausgestattet. »Läden«, sagte Avila. »Das hier war anscheinend ein Basar.«
    »Wir könnten uns schneller umsehen, wenn wir uns aufteilen«, schlug Quait vor.
    Avila stimmte zu. »Und wo wir gerade dabei sind«, fügte sie hinzu, »haltet nach den Markierungen Ausschau.«
    »Wahrscheinlich befinden sie sich bei einem Ausgang«, sagte Shannon. Gemeinsam mit Avila zog er los.
    Korridore führten aus der Halle. Es gab noch mehr solcher Kabinen, doch diese hier sahen anders aus; vielleicht waren es einstige Werkstätten oder Warteräume. Einige waren frei zugänglich, andere durch hoffnungslos verklemmte oder verbogene Türen versperrt. Es gab Treppen nach oben und Treppen in tiefere Stockwerke.
    Avila und Shannon fanden Räume mit Tischen und Stühlen, Räume mit Vitrinen voller Spielzeuge und Puppen und Kleidung, und Regale mit Fetzen und Staub, die wahrscheinlich einst Bücher gewesen waren. Viele Spielsachen waren noch intakt, bunte kleine Imitationen von Waffen und Hojjies und Puppen. Ein Teil der Kleidung sah fast noch tragbar aus: blaue Hemden und rote Pullover und beigefarbene Hosen aus einem Material, das der Zeit widerstand. Der größte Teil der Waren allerdings sowie sämtliche Bücher waren zu Staub zerfallen.
    Hinter einer zerstörten Doppeltür entdeckten sie einen senkrechten Schacht. Mehrere Etagen tiefer reflektierte Wasser das Licht ihrer Lampen. Nach oben hin war nichts zu erkennen.
    »Ich würde nicht ohne Lampe hier drin rumlaufen wollen«, sagte Shannon.
    Das Feuer auf der Plattform war nur ein entfernter Lichtschein. »Bist du überzeugt, daß außer uns niemand hier ist?« fragte Avila.
    Shannon nickte. »Wahrscheinlich war keiner mehr hier, seit Karik durchgekommen ist.«
    Im gleichen Augenblick hörte Avila eine zweite Stimme. Sie war kaum hörbar, überdeckt von Shannons Antwort, und im ersten Moment dachte sie an einen Luftzug, der vielleicht über ihnen durch die Dunkelheit wisperte.
    Avila.
    Das Blut gefror ihr in den Adern. Shannon hielt inne und ging in die Knie. »Deck’ die Lampe ab!« sagte er.
    Avila schloß die Reflektorklappe, und sie waren von Dunkelheit umgeben. Shannon nahm sie beim Arm und zog sie ein paar Schritte zur Seite. »Irgend jemand kennt deinen Namen«, sagte er.
    Das plötzliche Mißtrauen in seiner Stimme entging ihr nicht. Aber es war vollkommen unmöglich, daß irgendein Mensch in der Nähe ihren Namen kannte.
    Die Stimme rief erneut, schwach, weit entfernt, doch unverkennbar.
    Avila sah Chakas Lampe auf der anderen Seite der großen Halle über Plattformen und Gräben tanzen.
    »Beweg dich nicht«, sagte Shannon. Er nahm das Gewehr von der Schulter und brachte es in Anschlag. »Wer ist dort?« rief er.
    Avila hatte mehr Angst als je zuvor in ihrem Erwachsenenleben. Sie konnte sich nicht erklären, was da geschah, und so tat sie das einzige, was der an ein religiöses Leben gewohnten und erst kürzlich vom Glauben abgefallenen in den Sinn kam: sie kehrte in den Schoß der Göttin zurück. Die Götter, denen sie den Rücken zugekehrt hatte, waren zu diesem einsamen, abgelegenen Ort gekommen, um Avila zur Rechenschaft zu ziehen.
    Heilige Mutter, bist du das?
    Sie wußte nicht, ob sie die Frage laut gesprochen oder sich alles nur eingebildet hatte.
    »Ich schätze, wir sollten zu den anderen zurückgehen und zusehen, daß wir von hier verschwinden«, sagte Shannon.
    Avila wußte nicht, aus welcher Richtung die Stimme gekommen war. Sie öffnete die Blende ihrer Lampe und leuchtete in die

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