Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm
Brust drückte.
»Du siehst jetzt ein, nicht wahr,
my young Mexican or Indian, dass wir unbedingt auch noch zum Liquor Store
mussten?«
Frau Weinwurm schraubte
vorsichtig den Deckel ab – »uh, knirscht, der Sand dringt aber auch überall
ein!« – und setzte den Flachmann an ihre Lippen. Bernardo beobachtet den
auf und nieder hüpfenden Adamsapfel – groß und ausgeprägt wie bei einem … Kerl?
– und ja, jetzt verstand er, warum er vorhin mitten auf dem Highway scharf
bremsen musste, und der Wagen stand noch nicht, da hebelte Frau Weinwurm schon
die Beifahrertür auf und sprang hinaus. Ihre Absätze polterten davon, so dass
Bernardo für einen kurzen Moment versucht war, sich hinüberzulehnen, die Tür
zuzuziehen und mit beiden Füßen das Gaspedal bis zum Anschlag durchzutreten.
Aber dann! Mimis enttäuschter Blick und ihre Worte – »sie ist ein Beluga-Wal
und die stehen unter Artenschutz, mein ich jedenfalls, wusste ich doch, dass du
kein richtiger Mann bist!« - würden wie mit einem Tranchiermesser glatt
und sauber durch seine Brust schneiden und sein Herz krampfte sich zusammen. Im
Rückspiegel sah er, wie der Plastikspangenkopf in den verschiedenen braunen
Papiertüten mit den Einkäufen versank, bis sie die richtige gefunden hatte, wie
sie mit beiden Armen hineingriff und eine Flasche Jack Daniels heraus angelte.
»Auch einen?«
Frau Weinwurm streckte Bernardo
den Flachmann hin und nickte auffordernd. Er schüttelte den Kopf, und Frau
Weinwurm zuckte mit den Achseln.
»Dann gehen wir jetzt mal zu
meinem Kaktus!«
Sie schritt an ihm vorbei, ernst,
den geöffneten Flachmann in der Hand, und blieb vor dem Kaktus stehen, dessen
Bekanntschaft sie gestern Nacht gemacht hatte. Bernardo sah, dass sich große,
tellerförmige Schweißflecken unter ihren Achseln gebildet hatten, und bemerkte,
dass sie auch heute wieder eine hochgeschlossene weiße Bluse trug. Der Kilt
hatte seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen, aber nun dachte er, dass
es schon richtig war, dass sie heute Morgen auch noch bei Gussie Jane’s
einkaufen war, obgleich er nicht wusste, was sie erstanden hatte, da er bei Penkatzki’s mit einer Tasse Chai Tee (Mimi’s derzeitiges It-Getränk) gewartet hatte.
Crazy I-Phone musste schwitzen
wie ein Schwein, seufzte er und sah nach seinem Pickup, der in der Mittagssonne
neben dem Highway stand. Keine Klimaanlage, sie würden auf großer Flamme
köcheln, wenn sie zum Motel zurückfuhren. Wenn sie jemals fuhren!
»Weißt du, es kann kein Zufall
sein, dass ich gestern Nacht exakt hier vom trail abgekommen bin und den Graf-Winkelthal -Korken verloren habe. Hast du eigentlich gemerkt, dass
ich meine erste Feuerprobe als Trapper bestanden habe und richtig damit lag,
dass der Wind oder kleines Getier den Korken auf die andere Seite des Hügels
getrieben haben könnten?«
»Äh, tja, ist das so?«
»Yes, Sir, genauso!«, nickte Frau
Weinwurm. »Hier ist es! Hier muss SEIN Geist sein! Hier hat er mich erwartet!
Sein flesh and blood!«
»Flesh and blood?«, hörte Frau
Weinwurm Bernardos Stimme in ihrem Rücken.
»Ja, flesh and blood! Aber nicht
das Blut auf dem Korken, mein Kleiner, oh nein, da liegst du falsch! SEIN Fleisch
und Blut!«
Frau
Weinwurm trat ein paar Schritte zurück, sorgfältig die Fangarme der
Dorngewächse und Sukkulenten vermeidend. Sie schüttete vorsichtig ein bisschen
Whiskey aus ihrem Flachmann in die geöffnete Handfläche und – »Bernardo, hier,
halt mal!« – drückte Bernardo das flache Gefäß in die Hand. Ehrfürchtig tunkte
sie die Fingerspitzen in die goldgelbe Flüssigkeit, murmelte ein paar
Worte und besprengte dann den Boden vor ihren Stiefelspitzen. Immer noch
vor sich hinmurmelnd, als würde sie ihre Schritte zählen, umkreiste Frau
Weinwurm langsam den Kaktus, spritzte Whiskey im sichelförmigen Bogen auf die
Pflanzen, den Boden, die Steine und die braune Echse, die immer noch auf Bernardos
Felsen hockte und sonnenbadete. Ihr Echsenkopf zuckte zusammen, ihr Maul
öffnete sich und sie zischte Frau Weinwurm an, doch die schwarzen Augen
huschten nervös hin und her, als Frau Weinwurm zurückzischte. Mit wedelndem
Schwanz verschwand sie mit zwei geschmeidigen Bewegungen unter dem Felsen.
Bernardo setzte die letzte
Papiertüte auf der geblümten Überdecke ab und wandte sich um. Im Badezimmer
rumorte Frau Weinwurm, und er hoffte, er könnte sich davonstehlen, bevor sie
wieder herauskam.
»Das wäre es dann. Ich gehe mal
und haue mich für…
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