Die Ewigen
eine zweisame Stille, die ich überraschenderweise angenehmer fand als eine einsame Stille. Shara fühlte sich zart und zerbrechlich an, und ich versuchte, meinen Arm so leicht wie möglich zu machen: Mir gefiel es, die Prinzessin so nah bei mir zu haben, und es wäre einfach zu schade gewesen, wenn Shara meinen Arm wegen akuter Luftknappheit dahin packen würde, wo er hingehörte - einen Meter von ihrem goldgesalbten Leib entfernt, mindestens. Trotz - oder gerade wegen - aller Glückseligkeit musste ich irgendwann eingeschlafen sein, denn als ich in der einsetzenden Dämmerung die Augen öffnete, war Shara weg, und ich fühlte mich überraschenderweise ein wenig verlassen.
Shara "Du hast zwei Bereiche für dich: ein Arbeitszimmer unten und eine kleine Wohnung oben. Das Arbeitszimmer ist noch nicht fertig, also zeig ich dir erst die Wohnung!"
Josie wirbelte die große Freitreppe hinauf, und weg war sie. Ich holte sie erst im dritten Stock ein, wobei ich mich auf den letzten Metern am Geländer eher nach oben ziehen denn festhalten musste, weil ich mittelschweres Seitenstechen hatte. Josie stand in dem nach rechts abzweigenden Korridor vor einer hohen Tür an dessen Ende und tappte schon ungeduldig mit dem Fuß, bat mich dann aber mit einem reuigen Lächeln um Verzeihung, als ich vor ihr stand, mit leicht rasselnder Lunge nach Luft rang und mir eine Hand in die schmerzende Taille presste.
"Der rechte Flur gehört dir fast ganz allein. Da vorn" - sie deutete auf die einzige andere Tür - "ist ein leeres Zimmer, kannst du auch noch haben, wenn dir die Wohnung zu klein sein sollte. In dem Flur links sind auf diesem Stockwerk nur noch die Wohnungen von Andreas und Ciaran. Bereit?
Ich nickte, Josie stieß mit anmutigem Schwung und einem erwartungsvollen Lächeln die hohe Doppeltür auf. Zunächst sah ich gar nichts - im Vergleich zum kühlen und dämmerigen Flur war das Zimmer, in das wir traten, blendend hell. Das lag vor allem an den riesigen Flügelfenstern, von denen sich jeweils drei an der Wand geradeaus sowie an der rechten und linken Seite befanden: Sie reichten vom Boden bis fast zur Decke, ließen das Sonnenlicht ungehindert in das Zimmer fluten und gewährten einen atemberaubenden Rundblick über den Innenhof der Burg und darüber hinaus auf das sich vor uns ausbreitende Tal. Die Größe des Raumes hätte ich nicht angeben können - riesig, mit Sicherheit größer als meine ganze Wohnung in München. Der Boden bestand aus dunklem Holz: Sehr alt, aber gewachst und gebohnert, bis es einen ganz warmen, matten Glanz entwickelt hatte. Vor den Fenstern schwangen dünne, weiße Gardinen leicht in der milden Luft, dazwischen hingen zartbraune, blickdichte Vorhänge, die man wahrscheinlich zuziehen konnte. Es gab eine riesengroße Sofa-Gruppe mit flauschigem Teppich und schlichtem, offenen Kamin rechts vorn vor den Fenstern, und eine blitzende Mini-Küche mit meiner eigenen Cappuccino-Maschine auf der Theke gleich rechts neben der Eingangstür. Vier Barhocker standen vor der Theke, links vorn befand sich ein großer Esstisch mit sechs Stühlen. Zudem gab es einen Fernseher, eine Stereoanlage mit im Raum verteilten Boxen, ein riesiges Bücherregal (in dem natürlich meine Bücher standen), ein paar Bodenvasen und Stehlampen - trotzdem wirkte der Raum immer noch weitläufig und luftig. Neben dem Esstisch stand ein Sideboard, über dem auf zwei schlichten Gestellen das Schwert aus dem Stein und dieser schreckliche, dazugehörige Dolch platziert waren (zum Glück beide in ihren edelsteinbesetzten Scheiden, was das Ganze etwas erträglicher machte), auf dem Board stand ein riesiger Strauß roter Rosen: Schwert und Dolch machten das Zimmer nicht eben gemütlicher, aber vielleicht setzte Josie ja auf Schocktherapie. Und ich entdeckte dann das Schwert sogar noch ein zweites Mal - auf den sechs großformatigen und leuchtend bunten Bildern, die über dem Sofa hingen: Siebdrucke im Warhol-Stil, als Vorlage hatte eine Nahaufnahme des Griffs und der sichtbaren Klinge des Schwertes gedient.
"Magst du Warhol?", fragte Josie, als sie meinen prüfenden Blick bemerkte, ich nickte: Ich liebte Warhol, ich hatte nur so meine Probleme mit dem Schwert.
"Die sind aber nicht echt, oder?"
Josie sah mich erstaunt an. "Klar sind die echt, die habe ich Ende der sechziger Jahre in Auftrag gegeben. Wir haben viele Bilder und Skulpturen, sind oft eine gute Geldanlage."
Sie zeigte auf drei kleinere Bleistiftzeichnungen in der Küche - ich
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