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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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ihre Kraft an Kranke ab. Oder hast du irgendwas, von dem ich nichts weiß?" Jackson verneinte, Ciaran zuckte mit den Schultern und wandte sich an mich. "Ich kann mir höchstens so etwas denken: Du kannst nicht nur Kraft von dir auf andere übertragen, du bewirkst beim Patienten auch ein bisschen so was wie ... die Konzentration des Körpers auf die Wunde. Das haben wir ja bei Davide gesehen: Da, wo deine Finger auflagen, war das Hämatom verheilt, du hast also erst einmal lokal begrenzt gewirkt. Das Gleiche bei den Kratzern und Schnitten bei Jackson: Die sind immer zuerst genau dort verheilt, wo deine Haut auf Jacksons lag. Dass du aber den ganzen Körper durchdringen kannst, haben wir ja gesehen, als du Jacksons rechte Hand gehalten hast und der Schnitt an der linken trotzdem verheilt ist."
    "Was aber länger gedauert hat", warf Jackson ein.
    "Ja. Es kann sogar sein ..." Ciarans Veilchenaugen blickten an mir vorbei, gedankenverloren - nach einer knappen Minute sprach er dann weiter. "Das ist wahrscheinlich Blödsinn, aber ein bisschen Müdigkeit und ein bisschen Muskelkater sind etwas anderes als ein blutender Schnitt oder eine entzündete Wunde. Wunde und Schnitt sind akut, dringend - sie können einen Menschen ernsthaft gefährden. Vielleicht registriert dein Körper so etwas." Er lächelte, ließ sich wieder in den Sitz zurückfallen. "Das funktioniert wahrscheinlich nicht bei großen Unterschieden in der Konstitution - wenn du mit einem offenen Beinbruch jemanden anfasst, der nur einen Mückenstich hat, dann dürfte sich dein Körper erst mal holen, was er braucht, bevor es bei dem anderen aufhört zu jucken."
    Ich lachte ein bisschen, was natürlich von Ciaran beabsichtigt war, fand das aber alles noch immer sehr verwirrend: Mein Körper registrierte normalerweise nur widerwillig die Existenz meines Gehirns - was Ciaran da gerade vor sich hin phantasierte, klang nun wirklich mal total absurd. Und noch etwas kam mir in den Sinn, während Jackson seine warme Hand wieder auf meine legte, die vor Nervosität, nein: Angst, eiskalt war: Da hatte ich in Rom so noch flapsig gesagt, ich würde nie Kranke heilen können, weil dass das Erste (und das Absurdeste!) gewesen war, was mir damals in den Sinn gekommen war, und nun hatte ich genau das bekommen.

    Wie schon gestern Abend war die Fahrt schnell vorüber, und wir hielten erneut auf dem Hof. Statt der verkniffenen Mutter öffnete uns diesmal eine hübsche, ein wenig rundliche junge Frau, aus deren lächelndem Gesicht Davides Karamellaugen strahlen - dessen ältere Schwester Chiara, wie Ciaran mir erläuterte, als ich ihr die Hand schüttelte. Jackson kam diesmal wie selbstverständlich mit hinein, der leichte Druck seiner Hand auf meinem Rücken war ermutigend. Chiara führte uns die Treppe hinauf, voll des Dankes über Ciarans späten Besuch gestern und voll des Spottes über ihren kleinen Bruder und dessen Leichtsinnigkeit: Scheinbar war sie in den wahren Grund für die Verletzung eingeweiht. Der leichtsinnige kleine Bruder war in seinem Zimmer, lag brav lesend auf dem Bett und strahlte uns erfreut an. Wirklich ein sonniges Gemüt, dachte ich: Eigentlich hätte es ihn schon wundern müssen, wenn drei Leute kamen, um eine simple Schnittwunde zu besichtigen, aber so sollte es mir auch recht sein.
    "Ciao, Davide - da sind wir wieder", sagte Ciaran und gab dem Jungen die Hand. "Wie geht es dir heute?"
    Er stellte seine Tasche auf den Schreibtisch und trat an das Bett. Chiara bot uns Kaffee an, und diesmal nickte Davide mir enthusiastisch zu, als ich ihm in Erinnerung an die trübe Brühe vom gestrigen Abend einen fragenden Blick zuwarf.
    "Mir geht es gut", beantwortete der Junge Ciarans Frage, Chiara huschte aus dem Zimmer. "Vor allem die Schulter ist echt viel besser, meine Schwester hat sie heute Morgen noch mal mit der Salbe eingerieben."
    "Sehr schön. Zeig mir erst die Schulter, dann werfen wir einen Blick auf dein Bein."
    Davide schälte sich aus seinem Hemd und drehte uns den Rücken zu. Jackson blieb neben der Tür stehen, ich trat jedoch näher heran und blickte mit Ciaran auf den Bluterguss - oder besser auf das, was noch von ihm übrig war. Ich hatte nun wirklich von Medizin keine Ahnung, aber mit blauen Flecken hatte auch ich so meine Erfahrungen gesammelt: Erst Blau, dann Violett, schließlich scheußlich Gelb - und mit viel Glück nach einer Woche verschwunden. Gestern Abend war Davides Schulter eindeutig im Übergang von Blau zu einem satten Violett

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