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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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rechts und links an mir vorbei, dann zog er die Tür weiter auf. Ich wollte nicht, musste aber, also trat ich ein - in eine kleine Eingangshalle. Meine Stiefel wirbelten Staubflöckchen auf dem schmutzigen Boden umher, es roch abgestanden und leicht sauer, aus altmodischen Wandlampen mit trüben Schirmen sickerte dämmriges Licht in die milchige Luft. Keine Möbel, zwei geschlossene Türen links, eine rechts - vor der Treppe, die in das Obergeschoss führte.
    "Wo ist Davide?", fragte ich, nachdem Drake mich in aller Ruhe den Raum hatte mustern lassen.
    "Oben. Wo hast du deine Waffe?"
    Ich zog meine Jacke leicht zur Seite, so dass er einen Blick auf mein Schulterholster werfen konnte: Es war zugeknöpft, die Waffe gesichert.
    "Was ist in der Tasche?"
    Ich nahm sie von der Schulter, zog den Reißverschluss auf und ließ ihn wortlos einen Blick hineinwerfen: Nichts besonderes, hätte die korrekte Antwort gelautet - Telefon, ein Mp3-Player, Kosmetiktasche, ein Krimi, dessen blutig-reißerischen Anfang ich längst vergessen hatte und anderer nutzloser, durchweg harmloser Kram. Drake bedeutete mir mit einem Nicken, dass er genug gesehen hatte, und wies auf die Treppe.
    "Geh voraus, es ist die Tür gleich rechts neben der Treppe."
    Die Treppe war steil, ihre Stufen knarrten wenig vertrauenserweckend unter meinen Schritten. Oben endete sie in einem schmalen Flur, beleuchtet von den gleichen altertümlichen Lampen wie die Eingangshalle, den Boden bedeckte ein fadenscheiniger, staubfarbener Teppich. Hier oben gab es drei Türen links, eine rechts - Letztere öffnete ich und trat in eine Art Wohnzimmer. Als Erstes knallten mir die unglaublich hässlichen, in wilden Farben geblümten Vorhänge ins Auge, die ich schon von den letzten beiden Beweisfotos kannte, auch die Tapeten an den schiefen Wänden waren von nicht weniger scheußlicher Machart: Braune und orange Kringel, ein grafischer Alptraum aus den Sechzigern oder Siebzigern - wahrscheinlich sind die Bewohner nach dieser überaus mutigen Renovierung ausgezogen, weil diese Muster sie wahnsinnig gemacht hatten, dachte ich schaudernd. Der Raum war nicht groß und sparsam möbliert: Ein großer Holztisch geradeaus unter einem Fenster, darum herum nicht zusammenpassende Holzstühle, an der Wand rechts ein weiteres Fenster, darunter eine Art Anrichte mit Schnitzereien. An der Wand links einige Bilder - ich erkannte eine tanzende Zigeunerin sowie einen röhrenden Hirsch und konzentrierte mich dann auf das jetzt einzig Wichtige: Davide.
    Der Junge saß am Tisch auf einem Stuhl. Er hatte den Kopf gesenkt, die mit einem Kabelbinder gefesselten Hände hielt er ruhig, aber ineinander verkrampft im Schoß, die Füße standen ordentlich nebeneinander und waren ebenfalls mit einem dieser Plastikriemen fixiert. Das karierte Hemd war ihm ein bisschen aus der Hose gerutscht, seine Haare fielen ihm wirr in die Stirn, und außer blassen Wangen sowie den langen, dunklen Wimpern konnte ich von seinem Gesicht nicht viel sehen.
    "Binde ihm die Hände los", forderte ich Drake auf, und als der Junge meine Stimme hörte, hob er langsam den Kopf, als würde er gerade aus einem tiefen Schlaf erwachen - ich brauchte nicht erst in seine müden Augen zu sehen, um zu wissen, dass dieser Schlaf weder erholsam noch mit angenehmen Träumen erfüllt gewesen war.
    Drake ging zu dem Jungen hinüber und zog ein Taschenmesser aus der Hosentasche. Davide zuckte beim Anblick der Klinge nicht zusammen und ich schlussfolgerte erleichtert (und hoffentlich richtig!), dass er nur minimal bedroht worden war - er wirkte erschöpft, aber nicht geschockt, so weit ich das beurteilen konnte. Äußere Verletzungen gab es so weit auch keine, und als er sich nun zögernd mit befreiten Händen und Füßen erhob, waren seine Bewegungen langsam, aber gefasst.
    "Komm bitte zu mir herüber, Davide", bat ich ihn, und stellte meine Tasche auf dem Boden ab. "Du kannst jetzt nach Hause gehen, ich will nur eben kontrollieren, ob es dir auch gut geht."
    Davide warf einen kurzen Blick zu Drake - nicht lang genug, um wirklich eine Frage zu sein, aber doch lang genug, um mir weh zu tun: Davide muss Drake nicht um Erlaubnis bitten, dachte ich erbost, Drake hat Davide nichts zu befehlen. Drake reagierte indes nicht auf den fragenden Blick, auch wenn er ihn ganz klar bemerkt hatte: Er faltete das Taschenmesser wieder zusammen, wandte sich dann leicht zu mir um.
    "Du kannst dir so viel Zeit nehmen, wie du brauchst, aber komm weiter von der Tür

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