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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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Bibliothek gestürmt war, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Andreas und Ciaran waren oben gewesen, er hatte freie Bahn gehabt - und wer weiß, wie lange er die Kombination zum Safe schon kannte! Und ich? Ich hatte ihm natürlich mit meinem blöden Spruch über Shara unter Einfluss von ein paar Drinks eine Steilvorlage geliefert, um mit beleidigtem Gesicht aus dem Raum zu rennen. Respekt, Jack, dachte ich, du warst schnell, aber du spielst da gerade ein gefährliches Spiel: Dafür würde Andreas dich eiskalt für ein paar Jahrzehnte verbannen, wenn nicht gar Schlimmeres.
    Shara Magnus Gesicht war das pure Entsetzen. Er sah aus, als würde er entweder gleich davonlaufen oder aber sich schreiend auf mich stürzen, um mir die Blätter zu entreißen - und bei seiner Statur konnte ich mir Letzteres lebhaft vorstellen, Ersteres dagegen nur schwerlich.
    Jacksons Gesichtsausdruck konnte ich weniger eindeutig lesen: reichlich Trotz (nur gegen wen?), ein wenig Reue und eine große Portion Entschlossenheit waren am deutlichsten. Ich schaute auf die Kopien hinunter: Eine altmodische Schrift schmückte das oberste Blatt, und sie erinnerte mich schwer an die mittelalterlichen Handschriften, über denen ich während meines Studiums gebrütet hatte.
    "Das ist Latein."
    Jackson nickte zu meiner überraschten Feststellung. "Ja, ich übersetzte dir das. Du kannst sicher genug, um mich zu kontrollieren."
    Das machte das Ganze nicht eben einfacher. Ich seufzte und zog die Tür weiter auf. "Kommt rein."
    Sie folgten mir, blieben jedoch mitten im Raum stehen, wie sich unwohl fühlende Gäste in einem fremden Wohnzimmer. Waren wir also wieder in die förmliche, zurückhaltende Phase unserer Bekanntschaft zurückgefallen? Das tat mir ein bisschen weh, aber diese Distanz war in den nächsten Minuten wahrscheinlich eher nützlich. Ich ging zu dem großen Esstisch hinüber und setze mich, fächerte die Blätter vor mir auf. Es waren unterschiedlich lange Berichte - der von Magnus gehörte zu den längeren, der von Jackson war dagegen eher mittel, Josies ziemlich kurz. Die Jahreszahlen neben den Namen zeigten wir, dass ich mit meinem Tipp in Richtung Mittelalter nicht ganz falsch gelegen hatte: Die ersten Einträge waren die von Andreas und Ciaran vom Ende des 13. Jahrhunderts. Die Schrift wurde runder und flüssiger, als sie mit dem 17. Jahrhundert bei 'Josephine' anlangte, und war vor lauter Schwüngen und harten Zacken kaum zu lesen, als 'Albert' und Jackson Ende des 18. beziehungsweise 19. Jahrhundert an der Reihe gewesen waren - Shanes Name schließlich war im 20. Jahrhundert in einer recht modern aussehenden Druckschrift geschrieben. Eines war jedoch ganz klar, auch wenn ich es nicht wirklich wahrhaben wollte: Diese Texte waren ohne Ausnahme von ein und derselben Person, von ein und derselben Hand geschrieben worden, denn wenn auch die Type variierte, war die Schrift doch unverwechselbar immer die gleiche. Die Punkte auf den i's, die Schwünge bei den g's und f's - ja, kein Zweifel: Es war die Handschrift von Andreas - und sie zog sich durch die Jahrhunderte. Mir wurde kurz schwindlig, dann rief ich mich zur Ordnung und sortierte die Kopien von Jackson und Magnus aus, die anderen legte ich zur Seite.
    "Darf ich etwas sagen?" Jacksons Stimme klang angespannt, aber ruhig.
    "Bitte."
    "Ich kann in deinem Leben nichts sehen, wessen du dich schämen müsstest. Trotzdem bist du beschämt, weil wir scheinbar alles über dich wissen und du nichts dergleichen über uns. Wenn du das da liest, wirst du sehen, dass wir alle nicht würdig sind, uns ein Urteil über dich zu erlauben. Dass wir es trotzdem getan haben, kannst du strafen, wie du willst."
    Magnus gab einen Klagelaut von sich, der mir in der Seele wehtat. Ich hatte Mitleid mit ihm - aber sah er denn nicht, dass sein leidender Gesichtsausdruck und sein wehleidiger Protest auch meine Neugier anfachten, dass sein Gejammer mir nur zu deutlich sagte, dass diese Texte verdammt interessant sein mussten? Sie standen beide noch immer mitten im Zimmer, wie Schüler, die zum Direktor gerufen worden waren: Jackson steif und sehr gerade, Magnus mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf.
    "Wisst ihr denn, was über euch in dieser ... Chronik geschrieben steht?"
    "Nein, normalerweise nicht."
    Ich wartete, doch Jackson sagte nichts weiter - bis Magnus plötzlich erwachte, ihn grob am Oberarm fasste und schüttelte.
    "Herrgott, Jack, sag es endlich! Wie bist du da ran gekommen? Und warum?"
    Jackson

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