Die fabelhafte Miss Braitwhistle
auch nicht?«, hat sie gesagt.
Gleich hatte ich wieder ein schlechtes Gewissen wegen dem Klavierschlüssel. Vielleicht sollte ich ihr einen Tipp geben?
»Haben Sie schon mal in der Findekiste nachgeschaut?«, hab ich sie gefragt.
»Ich glaube nicht, dass er da ist«, sagte sie.
»Warum nicht?«
»Weil er viel zu groß ist und nicht reinpasst.«
»Aber der Klavierschlüssel ist doch ganz klein!«, hat Aki gerufen.
»Den Klavierschlüssel hab ich doch längst wieder, Herr Pommerenke hat ihn gefunden. Nein, ich suche Herrn Fischli. Hat ihn einer von euch heute schon gesehen?«
Keiner von uns hatte ihn gesehen und das war merkwürdig. Normalerweise stand er morgens vor dem Lehrerzimmer und sagte zu allen Schülern »Guten Morgen«. Aber wir hatten heute morgen gar nicht darauf geachtet, weil wir uns so über Herrn Pommerenkes Schild aufgeregt haben.
Ich hab Aki angeschaut, Aki hat mich angeschaut, und dann hab ich zu ihm gesagt: »Herr Fischli hat doch noch nie gefehlt.«
Auch Frau Klawitter hat gesagt: »Der Direktor hat noch nie gefehlt. Und wenn, hätte er sich doch gemeldet.«
»Vielleicht er hat nur einfach ausgeschlafen«, sagte Miss Braitwhistle.
»Verschlafen meinen Sie? Das kann ich mir nicht vorstellen, nicht Herr Fischli.«
Ich konnte mir weder vorstellen, dass Herr Fischli verschlafen hatte, noch dass er überhaupt schlief.
»Was machen wir denn jetzt?«, rief Frau Klawitter ganz verzweifelt. »Wir brauchen unseren Direktor doch!«
»Wo wohnt Herr Fischli?«, hat Miss Braitwhistle gefragt.
»Sie wollen doch nicht etwa zu ihm gehen?« Frau Klawitter war ganz entsetzt.
»Naturlich.«
»Aber gehört sich das denn, ich meine, vielleicht ist Herr Fischli ja krank und im Schlafanzug«, Frau Klawitter bekam mal wieder lauter rote Flecken am Hals.
»Ich nehme ein paar Kinder mit mir«, sagte Miss Braitwhistle.
Aki und ich haben uns gleich gemeldet und auch Hugo hat wie wild mit den Fingern geschnipst.
»Drei Jungen, drei Mädchen«, hat Miss Braitwhistle gesagt. »Mehr nicht.« Von den Mädchen wollten aber nur Annalisa und Henni mit.
»Dann geh ich eben«, hat Clemens gesagt. Und Max hat sich ausgeschüttet vor Lachen: »Clemens ist ein Mädchen, Clemens ist ein Mädchen!« Aber Clemens lässt so was kalt.
»Und was ist mit uns?«, wollte Pauline wissen. »Müssen wir etwa wieder zu Frau Sauermann?«
Frau Klawitter hat den Kopf geschüttelt. »Ihr dürft in der Klasse bleiben und einen Aufsatz schreiben.«
Aki hat mich angeschaut und ich hab Aki angeschaut, und Aki hat gesagt: »Schwein gehabt!«
»Worüber sollen wir denn schreiben?«, hat Molly gefragt.
»Genau, worüber sollen wir schreiben?«, hat auch Polly gefragt.
»Schreibt eine kleine Geschichte über …«, Frau Klawitter sah aus dem Fenster. »Über die Kastanie auf dem Hof.«
»Und wenn wir damit fertig sind?«, hat Max gefragt.
»Dann dürft ihr nach Hause gehen.«
Ich hab Aki angeschaut und Aki hat mich angeschaut, und ich hab gesagt: »Pech gehabt!«
Aber immerhin kamen wir so an die frische Luft. Aber so frisch war die auch nicht, denn es hat nach Autos gestunken.
Glücklicherweise wohnte Herr Fischli nicht weit. Wir mussten nur durch den Park, dann in eine schmale Straße, in der viele Bäume standen, und bis zum Haus mit der Nummer 13.
Es war ein langweiliges kleines Haus in einem langweiligen kleinen Garten. Es gab etwas mickriges Gras und ein paar mickrige Büsche. Ich hatte gedacht, Herr Fischli wohntin einer Villa. Wohnen Direktoren nicht immer in einer Villa?
Auch Aki schien enttäuscht zu sein. »Ist das wirklich das richtige Haus?«
Miss Braitwhistle hat auf den Zettel geschaut, auf den Frau Klawitter die Adresse geschrieben hatte: »Matterhornstraße Nummer 13. Das ist hier, isn’t it?«
»Und was machen wir jetzt?«, wollte Henni wissen.
»Wir klingeln«, hat Miss Braitwhistle gesagt. »Was sonst?«
Das Gartentor war nicht abgeschlossen, wir sind rein und zur Haustür. Über der Klingel stand »U. Fischli«, wir waren also richtig. Aber was sollte das »U«?
»Kennt ihr einen Vornamen, der mit U anfängt?«, hab ich gefragt.
»Ulrike«, hat Annalisa gesagt. »So heißt meine Tante.«
Aki hat Annalisa einen Vogel gezeigt. »Herr Fischli heißt doch nicht Ulrike!«
»Vielleicht Uwe oder Ulrich«, schlug Clemens vor.
»Vielleicht ihr ihn fragt selber«, sagte Miss Braitwhistle und drückte auf den Klingelknopf.
Nichts passierte.
»Wir müssen die Polizei holen!«, rief Hugo ganz aufgeregt.
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