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Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Titel: Die fabelhafte Miss Braitwhistle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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»Vielleicht hat ihn jemand ermordet.«
    »Wer wurde ermordet?«, fragte Henni.
    Da hörten wir eine Art Schniefen und dann ein lang gezogenes Heulen. Weinte Herr Fischli etwa?
    Miss Braitwhistle klopfte an die Tür. Und Aki rief: »Wir sind’s, Herr Fischli! Die 4a.«
    Das muss ihn wohl erschreckt haben, denn das Heulen hörte sofort auf.
    »Nicht die ganze 4a«, fügte ich sicherheitshalber hinzu.
    Und dann ging die Tür auf und Herr Fischli stand da. Fast hätten wir ihn nicht erkannt. In der Schule trug er immer einen gebügelten Anzug und blank polierte Schuhe, außer im Sportunterricht natürlich. Jetzt hatte er eine zerknitterte Hose an und einen Pullover, der ein Loch im Ärmel hatte. Ein Schlafanzug hätte auch nicht schlimmer sein können.
    »Was macht ihr denn hier?«, fragte er.
    »Sie sind nicht zur Schule gekommen«, sagte Annalisa, und ihre Unterlippe zitterte schon wieder.
    Herr Fischli zuckte mit den Schultern. »Entschuldigt bitte, aber es ging nicht. Ich konnte nicht … wegen ihm.«
    Und dann haben wir ihn gesehen. Den Hund. Er hockte da und weinte. Ich hab noch nie einen Hund weinen sehen, aber der hier weinte wirklich. Seine Augen waren schon ganz rot. Dass jemand besser weinte als sie und dazu noch ein Hund, konnte Annalisa natürlich nicht auf sich sitzenlassen. Schon fing sie auch an zu heulen, aber keiner hat darauf geachtet.
    »Ein Bernhardiner!«, hat Henni gerufen. »Wie süß!«
    »Der ist doch nicht süß«, hat Aki gesagt. »Der ist krank.«
    Miss Braitwhistle hat sich neben ihn gehockt und ihn gestreichelt. Da hat er seinen dicken Kopf gehoben und furchtbar angefangen zu jaulen. Es klang wie ein Nebelhorn.
    »Was hat er denn?«, hab ich Herrn Fischli gefragt.
    »Das ist ja das Problem, keiner weiß, was Felix fehlt«, hat Herr Fischli gesagt. »Seit gestern hat er nichts mehr gefressen und heute Morgen wollte er noch nicht einmal raus zu unserer täglichen Runde im Park. Ich hab ihn zum Tierarzt gebracht. Doch der weiß sich auch keinen Rat.«
    Herr Fischli wischte sich die Augen. Weinte der jetzt etwa auch?
    Miss Braitwhistle hob den Kopf des Hundes hoch und sah ihm direkt in seine verheulten Augen. »Wir brauchen keine Tierdoktor, Felix ist hauskrank.«
    »Hauskrank? Was meinen Sie damit?«
    »Ich weiß es, sie meint, er hat Heimweh!«, hab ich gerufen.
    Miss Braitwhistle hat genickt.
    »Kommt erst einmal rein, dann erzähle ich euch alles«, hat Herr Fischli gesagt.
    Er ist mit uns in sein Wohnzimmer gegangen. Man hat dieWände gar nicht gesehen, weil alles voller Bücher war. Nur eine Wand war frei und da hingen Fotos. Auf allen war ein Bernhardiner zu sehen, manchmal mit Bergen dahinter und manchmal ohne. Der Bernhardiner sah aus wie Felix, nur viel fröhlicher.
    Herr Fischli hat auf ein Bild gezeigt und gesagt: »Da ging es ihm noch gut. Aber seit wir die Schweiz verlassen haben …« Er seufzte laut.
    »Stimmt es, dass Sie nach Deutschland gekommen sind, weil Ihre Frau von der vielen Schokolade ganz dick geworden ist?«, hat Annalisa gefragt.
    »Meine Frau?«, hat Herr Fischli erstaunt gerufen. »Ich habe keine Frau. Und eine dicke erst recht nicht.«
    »Stimmt es, dass sie nach Deutschland gekommen sind, weil Sie eine Allergie gegen Berge haben?«, hat Hugo gefragt.
    »Natürlich nicht, ich liebe die Berge.«
    »Aber warum sind Sie denn dann hier?«, wollte Aki wissen.
    »Ich hab beim Skifahren in den Schweizer Alpen eine junge Dame kennengelernt, sie wohnte hier in der Stadt und … nun ja, es ging nicht lange gut.« Herr Fischli guckte auf seine Schuhspitzen. Er hatte sogar vergessen, seine Schuhe zu putzen.
    »Und warum sind Sie nicht wieder in die Schweiz zurückgegangen?«, hab ich gefragt.
    »Weil ich gern Direktor an eurer Schule bin«, hat Herr Fischli gesagt. »Aber wenn es Felix nicht bald besser geht, kann ich nicht länger in Deutschland bleiben.«
    Das waren ja schreckliche Aussichten. Womöglich würde dann Frau Sauermann unsere Direktorin und wir müssten Tag und Nacht nur noch lernen!
    Ich hab Aki angeschaut und Aki hat mich angeschaut, und dann hat Aki gesagt: »Miss Braitwhistle, Sie müssen etwas tun, bitte! Sie können Felix doch bestimmt helfen.«
    Miss Braitwhistle hat mit den Schultern gezuckt und gesagt: »Ich bin Lehrerin, keine Hexe.«
    »Ich glaube aber doch, dass sie eine Hexe ist«, hat Annalisa geflüstert.
    Henni hat auf eins der Bilder an der Wand gezeigt und gefragt: »Warum hat Felix da ein Fässchen um den Hals?«
    »Da ist Schnaps

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