Die facebook-Falle
zwischen der Europäischen Union und den USA regelt. Laut EU-Recht ist es Firmen untersagt, Daten von EU-Bürgern an Länder weiterzugeben, die niedrigere oder keine adäquaten Datenschutzstandards haben. Darunter fallen auch die USA. Um dennoch einen reibungslosen Datenverkehr zu gewährleisten, einigten sich die EU und die USA vor gut zehn Jahren auf das oben genannte Abkommen. Mehr als eintausend international operierende Firmen 32 wie Microsoft, Google, Amazon und auch Facebook traten dem Abkommen bei. Die deutschen Datenschutzbehörden besitzen damit zumindest ein rechtliches Fundament, um gegen internationale Datenkraken vorzugehen. Eine echte Drohkulisse jedoch sieht anders aus.
Thilo Weichert setzte Facebook in seinem Brief eine einmonatige Frist zur Beantwortung seiner Anfrage, nach deren Ablauf er sich »weitere Schritte« vorbehielt. Nach mehreren Ermahnungen erhielt er schließlich drei Monate später von dem neuen Facebook-»Datenschutzbeauftragten« Richard Allan aus London eine Antwort auf seine Anfrage.
Allerdings handelt es sich bei Allan in Wahrheit um einen ehemaligen britischen EU-Abgeordneten, der seit dem Sommer 2009 Chef-Lobbyist von Facebook für Europa ist. 33 Allans Antwort an Weichert fiel alles andere als zufriedenstellend aus. So forderte er den deutschen Datenschützer gleich zu Beginn auf, ihm die Beschwerdefälle zu nennen, damit er einschätzen könne, ob die Fälle sich erledigt hätten, oder ob es erforderlich sei, »sie direkt zu kontaktieren«. Von einer staatlichen Datenschutzbehörde zu verlangen, Daten von Beschwerdeführern an Facebook weiterzuleiten, offenbart, gelinde gesagt, ein sehr laxes Verständnis von Datenschutz.
Richard Allan bestritt übrigens in dem Schreiben, dass Facebook Daten von Nicht-Nutzern sammle. Vielmehr ermögliche das Netzwerk, wie viele andere Internetdienste auch, seinen Nutzern lediglich, Kontakt-Informationen Dritter hochzuladen. Mit dieser Interpretation bewegt sich Facebook auf einem erstaunlichen argumentativen Niveau: Wir Nutzer selbst sind es, die die Daten hochladen, und wir tun es »purely voluntarily« – absolut freiwillig. Wir tun es zwar über die Server von Facebook und angeleitet von Facebook, aber Facebook ist nach dieser Logik im Prinzip gar kein eigener Akteur, sondern lediglich eine Plattform. Anders ausgedrückt: Facebook ist eine Art Cyber-Gespenst, und wer davor erschrickt, ist selber schuld. Thilo Weichert hat den Eindruck, dass für den Konzern »Datenschutz nicht existiert, dass das als eine lästige Befindlichkeit von Europäern, insbesondere von Deutschen wahrgenommen wird«.
Facebook ist überall
Bei seiner Expansion versucht Facebook, sich kulturelle Eigenheiten und aktuelle Trends zunutze zu machen. Und hält zugleich ständig nach Verbündeten Ausschau. Die auch längst bereitstehen, zum Beispiel in Gestalt der E-Mail-Provider, die fürchten müssen, durch die immer größere Verbreitung der Kommunikation von Menschen innerhalb »sozialer Netzwerke« überflüssig zu werden.
Einer der ersten Partner von Facebook in Deutschland ist zugleich eines der größten deutschen Telekommunikationsunternehmen: die 1 & 1-Gruppe des Privatinvestors Ralph Dommermuth. Zu seiner United Internet AG gehören die beiden großen deutschen E-Mail-Provider, GMX und WEB. DE. Am 25. August 2009 verkündete das Unternehmen eine Vereinbarung mit Facebook über eine Zusammenarbeit. 34 Sie bezieht sich auf eine der vielen kleinen revolutionären technischen Neuerungen, die Facebook anbietet. Ab sofort können wir von unseren E-Mail-Accounts mit nur einem Klick auf den installierten Facebook-Button auf unsere Facebook-Seite gelangen, »ohne von neuem Nutzername und Passwort einzugeben oder mühsam einen Registrierungsprozess durchlaufen zu müssen«, schreiben WEB.DE und GMX in ihrer Mitteilung. Das digitale Leben werde damit auch für die deutschen Nutzer bequemer, lautet die frohe Botschaft, das Verwalten von Nachrichten und Kontakten auch in sozialen Netzwerken »deutlich komfortabler und sicherer.« Sicherer? Erinnert sei an den Test im Institut für Internetsicherheit. Die E-Mail-Passwörter, die vertrauensvoll an Facebook geschickt wurden, waren nicht einmal verschlüsselt.
Die deutschen Provider jubilierten jedenfalls. Über den kostenlosen Navigator, so teilten sie mit, ließen sich innerhalb der GMX- und WEB.DE-Postfächer sichere Zugänge zu vielen anderen Internetdiensten einrichten. Ein Klick auf die Login-Widgets für Netzwerke,
Weitere Kostenlose Bücher