Die facebook-Falle
gezwungen, meine Mitgliedschaft zu beenden«, drohte die Ministerin.
Monatelang erhielt sie keine Antwort. Im Mai 2010 erschien dann ein Vertreter von Facebook im Berliner Ministerium. Das Ergebnis: Ilse Aigner löschte ihren Facebook-Account. Dort hatte sie übrigens 1900 »Freunde«, darunter auch Prominente wie Thomas Gottschalk, aber auch ihre Kabinettskollegin Familienministerin Kristina Schröder. 39 Diese jüngste Ministerin ist Aigner aber nicht gefolgt, weshalb man sie und ihre Freunde noch heute auf Facebook bewundern kann.
Facebook-Lobbyist Richard Allen war noch einige Male in Hamburg, seit dort das Bußgeldverfahren gegen Facebook läuft. Die langen und schwierigen Gespräche scheinen auf den ersten Blick etwas bewirkt zu haben. Mitte November machte Facebook dem Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar schriftlich Hoffnung, dass die Probleme zum Teil beseitigt würden. Dabei geht es insbesondere um die Nutzung von Daten der Nicht-Facebook-Mitglieder durch die Plattform. »Wir können auf absehbare Zeit davon ausgehen, dass diese illegale Praxis beendet wird«, sagt Caspar. Konkret hat Facebook angekündigt, eine eigene Adressbuchfunktion für seine Nutzer einzuführen. Aus Sicht der Datenschützer ergibt das Sinn, denn dann sind es die Nutzer selbst, die Daten Dritter aktiv verwalten – ähnlich, wie wir es in unseren E-Mail-Konten tun.
Auch der Vorwurf, dass Facebook mit seinem bisherigen Einladungssystem »illegale Direktwerbung« betreibe, sei dadurch obsolet, sagt der Hamburger Datenschützer. Denn dass Facebook Kontaktdaten Dritter ohne deren Wissen benutzt, soll künftig ausgeschlossen sein. Laden Facebook-Mitglieder Kontaktdaten von Nicht-Mitgliedern auf die
Plattform, darf Facebook diese Daten nicht mehr zum Zweck der Freundschaftswerbung verwenden. Nur die Facebook-Mitglieder selbst laden andere ein. Und erhält ein Nicht-Mitglied eine Einladung, kann es sie ablehnen und somit auch verbindlich die Weiternutzung seiner Daten durch Facebook verhindern.
Der Schluss liegt allerdings nahe, dass Facebook dieses Entgegenkommen nicht sonderlich schwergefallen ist. Denn zur gleichen Zeit verkündete Mark Zuckerberg in Palo Alto der Weltöffentlichkeit, dass Facebook künftig auch eine E-Mail-Funktion sowie das Instant Messaging in das Netzwerk integrieren werde. Die Einrichtung von eigenen Adressbüchern der Nutzer ist damit selbstverständlich.
Facebook entwickelt sich weiter zu einem universellen Kommunikationsunternehmen. In dem neuen Projekt soll für die Nutzer auch eine »conversation history« eingerichtet werden: Sämtliche Kommunikationspartner und -inhalte sollen auf Ewigkeiten gespeichert werden, sodass Datenschützer wie Johannes Caspar schon wieder eine neue Baustelle hätten: »Dieser Schritt ist aus Datenschutzsicht abschreckend, weil es nicht gut ist, wenn alle Dinge, die man kommuniziert über einen Dienst laufen, der alles abspeichert und der natürlich für uns nicht kontrollierbar ist.« Selbst wenn Facebook behaupte, keine Vernetzungsprofile von Menschen zu erstellen, könne eine deutsche Behörde das nicht nachprüfen. »Wir kommen nicht an die Server des US-Unternehmens heran«, beklagt Caspar.
Es werden also weitere harte Zeiten auf die öffentlichen Datenschützer zukommen. »Facebook wird für uns immer eine Dauerbaustelle sein, wir werden immer mit Facebook
um Datenschutz ringen müssen, weil das Unternehmen wirklich hohe Datenschutzstandards gar nicht anstreben kann«, analysiert Caspar, »denn das stünde seinem Geschäftsmodell diametral entgegen.«
Die Macht deutscher Behörden gegenüber dem expandierenden Kommunikationsriesen geht letztlich gegen Null. Demnächst will sich der Hamburger Datenschutzbeauftragte um die Installation von Facebook-Cookies auf den Computern von Nicht-Facebook-Mitgliedern kümmern, die mit Facebook verbundene Webseiten anklicken. Es bleibt abzuwarten, ob Facebook darauf überhaupt reagiert. Immerhin schaffen die Datenschutzbehörden öffentliche Aufmerksamkeit für den rüden Umgang mit unseren Daten, denn nichts schadet einem Konzern so sehr wie immer neue Negativschlagzeilen. Bei den Bußgeldverfahren verhält es sich allerdings so ähnlich, als habe Facebook-Chef Zuckerberg seinen Wagen irgendwo in Deutschland falsch geparkt, und die deutschen Behörden versuchten nun, ein Bußgeld bei dem amerikanischen Konzern einzutreiben. Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein Thilo Weichert witzelt etwas sarkastisch: »Vielleicht besucht
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