Die facebook-Falle
Werbewirtschaft bis hin zu den Betreibern von Internetspielen einen kommerziellen Wert von 20-22 Dollar (14-15 Euro) im Jahr. Stellt man die für 2010 erwarteten Einnahmen von Facebook (1,2 Mrd. Dollar) der Nutzerzahl des Netzwerks gegenüber (500 Mio.), ergeben sich immerhin geschätzte rund zwei Dollar, die pro Nutzer bei Facebook hängenbleiben. Gern hätte ich den Chef der Konzerntochter »Facebook-Germany GmbH« in Hamburg, Scott Woods, selbst gefragt, wie Facebook in Deutschland sein Geld verdient. Aber eine Einladung wurde mir von der PR-Agentur, die Facebook vertritt, zunächst in Aussicht gestellt und dann wieder zurückgezogen. Offenbar will sich das Unternehmen, das die Welt angeblich »offener« machen möchte, nicht in die Karten gucken lassen, wenn es um Finanzen geht.
Wer sein Leben durch die Teilnahme an solchen »sozialen Netzwerken« bereichert, der bereichert damit immer auch den dahinterstehenden Konzern. In den USA haben inzwischen fast alle großen Markenfirmen eine Facebook-Fanseite. Und die Konsumenten nehmen sie dankend an. So haben sich inzwischen mehr als 6,5 Millionen Menschen zu Starbucks-Fans erklärt, gut fünf Millionen sind auch digital als Coca-Cola-Trinker registriert. Und auf der Facebook-Fanseite der Chipsmarke Pringles tummeln sich mehr als drei Millionen Konsumenten. 56
Auch deutsche Marken müssen sich trotz der deutlich kleineren Facebook-Gemeinde in Deutschland nicht mehr verstecken. Adidas beispielsweise verzeichnet inzwischen rund vier Millionen Markenfans auf Facebook, der Konkurrent Puma bringt es auf gut zwei Millionen. Der Luxus-Autobauer BMW konnte im Herbst 2010 erstaunlicherweise schon rund 1,8 Millionen Menschen vorweisen, denen er »gefällt«, obwohl sich auf der Fanseite des Konzerns bei Facebook zuvor erst 600 000 Menschen gemeldet hatten. Auch bei Adidas und Puma ist die Zahl der Fans deutlich geringer. Offenkundig klicken viele Nutzer schneller auf »Gefällt mir« als sich auf einer Seite als »Fan« anzumelden.
Der »Gefällt-mir«-Button war Facebooks beste Geschäftsidee
Die Idee vom Open Graph geht also auf. Seit der Einführung des »Gefällt-mir«-Buttons steigt die Zahl der Nutzer, die freiwillig ihren »Sympathieklick« für eine Marke abgeben,
explosionsartig. Im April 2010 hatte Mark Zuckerberg noch stolz die ersten 75 Partner weltweit vorgestellt, die ihre Produkte im Netz mit dem »Gefällt-mir«-Button versehen haben, darunter auch der amerikanische Nachrichtensender CNN und die beliebteste deutsche Internetseite, Bild. de. Und er verkündete, dass in den ersten 24 Stunden bei den Partnern bereits eine Milliarde »Gefällt-mir«-Buttons angeklickt worden seien. Im Juli 2010 wurde der Button dann pro Tag drei Milliarden Mal angeklickt. 57 350 000 Webseiten haben ihn inzwischen integriert. Damit hat Facebook seinen großen Konkurrenten Twitter schon beinahe aus dem Rennen geworfen. Dessen »Retweet«-Buttons werden nur 500 000 Mal am Tag angeklickt und sind in nur 200 000 Webseiten integriert.
Der »Gefällt-mir«-Button ist der bislang größte kommerzielle Coup des Facebook-Konzerns. Man habe anfangs keine großen Erwartungen daran geknüpft, so Chefentwickler Bret Taylor auf der f8-Konferenz im April 2010, um dann hinzuzufügen: »Es war die beste Geschäftsidee, die wir je hatten.« Taylor unterstreicht die Dimension dieser Erfindung mit dem Beispiel des US-Nachrichtensenders CNN: »Selbst, wenn ich selbst noch nie CNN im Fernsehen geguckt habe, erhalte ich von vier Freunden, denen die Artikel auf CNN gefallen haben, eine Empfehlung samt ihren Namen und Fotos. Selbst wenn ich selbst noch nie CNN geguckt habe, verbindet mich mein sozialer Kontext mit diesem Artikel. Das ist wirklich ein machtvolles Konzept.« Niemand, so schwärmt Taylor weiter, müsse sich dafür registrieren. Und niemand müsse überhaupt verstehen, wie das Ganze funktioniert, »denn wir haben die Cookies, wir
wissen, wo der User ist«. Cookies sind Mini-Programme, die uns Webseiten auf unsere Rechner laden, sobald wir sie anklicken, und die häufig dazu dienen, unser Netzverhalten auszuforschen.
Die beste Werbung entsteht in diesem Fall aus der Freiwilligkeit, mit der wir Sympathien für einen Song, einen Film, ein Produkt oder, im besten Fall, für eine Marke äußern. Unsere »Freunde« sehen, was uns gefällt, das Interesse multipliziert sich dadurch, so das Kalkül dieser Werbung. »Dann findet die Marke tatsächlich dort statt«, sagt Lumma. Und sobald die Marke
Weitere Kostenlose Bücher