Die facebook-Falle
Flieger nach Barcelona auf sie beide warte. Sie klickt daraufhin ein Hotel in Barcelona an und drückt den »Like-Button« dieses Hotels. Daraufhin erhält sie ein Werbeangebot für einen günstigen Flug nach Barcelona und weiß nun leider auch, was ihren Freund der Spaß kostet.
Facebook bietet der Werbeindustrie ein perfektes Spielfeld: Wenn es Parship in den Sinn käme, katholische Priester auf Frauensuche in Grönland mit einschlägiger Werbung zu beglücken, wäre das mit Hilfe der Filter von Facebook unproblematisch. Vorausgesetzt natürlich, die Priester hätten zuvor ihren Beruf ehrlich angegeben und als Motiv die Suche nach Bekanntschaften.
Inzwischen beschweren sich Facebook-Freunde manchmal über diese Art des »Cyber Stalking«. Dabei vergessen sie, dass sie selbst es waren, die den Facebook-Servern ihre Daten überlassen haben. Unser gesamter Lebensstil wird ins Zentrum der Internetwerbung gerückt, und das gelingt niemandem so gut wie Facebook.
Facebook wäre nicht Facebook, wenn es nicht ständig nach neuen Wegen suchte, unsere Profile zu schärfen und noch besser zugänglich für die Werbewirtschaft zu machen. Ursprünglich durften die Werbepartner von Facebook die Kundenprofildaten nur 24 Stunden lang speichern, angesichts der Tatsache, dass diese Vorschrift weder zu kontrollieren war noch praktikabel, eine beinahe lächerliche Regelung. Vielleicht ging den Entwicklern in Palo Alto selbst auf, dass Daten, die wir irgendwo einmal abgegeben haben, kaum noch zurückzuholen sind. Also verzichtet Facebook nun auf diese Frist. Heute findet von den mit Facebook verbundenen Seiten ein dauerhafter Datenaustausch zu Facebook statt, solange der Nutzer mit seiner Seite online ist. 63 Facebook garantiert seinen Werbekunden, sie sogar über die Reaktionen der Freunde der Freunde auf dem Laufenden zu halten: »Erhöhe den Bekanntheitsgrad deiner Seite zusätzlich mit Facebook-Werbeanzeigen. Du kannst deine
Grafik, deinen Text und dein Zielpublikum selber auswählen. Wir stellen dir sogar alle verfügbaren Informationen über die Interaktionen von deren Freunden mit deiner Facebook-Seite bereit, wenn du das möchtest.« 64
Wer sich die Zeit nimmt und einen Blick in die Datenschutzbestimmungen von Facebook wirft 65 , der wird mit immer neuen Erweiterungen der Datensammlungen konfrontiert: So wird schon lange klargestellt, dass zu den Daten, die ein Facebook-Mitglied mit »Allen« teilt, die also für alle sichtbar sind, der Name, das Profilbild, das Geschlecht und die Netzwerke gehören, in denen er sich sonst noch herumtreibt. All das, so Facebook, sei »für alle Personen im Internet sichtbar«. Und es wird erklärt, dass einige Partnerseiten von Facebook auf die sichtbaren Informationen zugreifen würden, sobald wir deren Webseiten aufrufen.
Wer nicht derart beobachtet werden und seine Daten nicht in die Hände von Facebook-Partnerunternehmen abfließen lassen möchte, der kann das per Mausklick dokumentieren. »Opt out« nennt sich das Verfahren, das von Datenschützern massiv kritisiert wird. Denn wer gar nicht auf die Idee kommt, dass er im Netz verfolgt wird, der bleibt im Tal der Ahnungslosen.
Ein krisensicheres »Ökosystem«
Die Netzwelt hat ihre eigene Sprache. So nennen die Internetmacher das Umfeld eines Internet-Netzwerks »Ökosystem«. In diesem »Ökosystem« bewegen sich Menschen wie Nico Lumma wie Verhaltensforscher. Während den meisten
Fischen kaum klar sein dürfte, wie Strömungen, Wassertemperatur und die Nahrungskette überhaupt funktionieren, eignen sich die Community-Manager tagtäglich neues Wissen darüber an. Wie Verhaltensforscher beobachten sie das Verhalten von Fischschwärmen (Kunden) und Haien (Marken) zueinander. Nico Lumma: »Man kann sagen, ich will folgende Zielgruppen erreichen, und man kann auf den Seiten sehen, wie so ein Produkt aufgenommen wird, positiv, negativ oder neutral.«
Um im Bild des Ökosystems Wasser zu bleiben: Der Hai mit seiner erweiterten Sensorik versteht die Verhaltensmuster seiner Opfer. Und da diese ihrerseits davon nichts verstehen, funktioniert das Ökosystem ganz im Sinne des Hais. Die Verhaltensforscher aus der Werbewirtschaft sorgen dafür, dass das Ökosystem Facebook sowohl uns Fische zufriedenstellt als auch jede Menge Haie ernährt. Denn abgesehen von den etwa ein Milliarde Dollar an Werbeeinnahmen, die Facebook selbst im Jahr 2010 verdiente, verdienen noch viele andere werbetreibende Unternehmen mit Hilfe von Facebook Geld. Dockten
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