Die facebook-Falle
erste Coup, um dieses Ziel zu erreichen, gelang Zuckerberg bereits im Sommer 2010. 68 Gegenwärtig verdienen die Online-Spielplattformen am besten an Facebook. Und genau die konnte Mark Zuckerberg gewinnen, um seine Währung hoffähig zu machen. Die Social Games-Entwickler CrowdStar und Playdom garantierten als erste offiziell die Übernahme der »Facebook-Credits« als Bezahlwährung. Branchenführer Zynga (Farmville, Mafia Wars) ließ sich nach harten Verhandlungen ebenso darauf ein, nachdem man sich zunächst gegen Zuckerbergs Pläne gestemmt hatte, weil Facebook angeblich eine Umsatzbeteiligung an der neuen Währung von 30 Prozent verlangt
hatte. Aber die Stärke des Monopolisten siegte: Was wäre Farmville ohne Facebook? Nun lösen die »Facebook-Credits« Bezahlsysteme wie Kreditkarten oder PayPal ab.
Nach einem Bericht des Mediendienstes Kress ist die Einführung der Facebook-Währung Teil eines Fünfjahresplans von Facebook und Zynga. 69 Und der Sprung in die reale Tauschwirtschaft ist längst avisiert: Sollte sich Credits bewähren, kann sich Zuckerberg auch vorstellen, dass künftig nicht nur virtuelle Spiele oder Geschenke mit seiner Währung bezahlt werden, sondern auch handfeste Güter im Bereich des Internethandels. »Es wird dann nur noch eine Währung geben«, verkündete er schon im April 2010 auf Bloomberg TV. 70
Dieser Hang zur hemmungslosen Expansion unterscheidet das »soziale Netzwerk« nicht von einem gewöhnlichen Lebensmittelmulti oder einer Großbank. Zuckerberg beruft sich in Interviews gern darauf, dass Facebook lediglich eine Plattform sei, die uns zur Verfügung gestellt werde, um die »Welt offener« zu machen. Bescheiden spricht er davon, nie die Gründung eines großen Konzerns im Sinn gehabt zu haben. 71 Die Wahrheit ist: Er hat längst einen marktbeherrschenden Konzern geschaffen. Nur ein Beispiel: Das Spiele-Unternehmen Zynga ist ein richtiger Blockbuster: Im Jahr 2009 erzielte man mehr als 200 Millionen Euro Gewinn, 2010 erhöhte sich diese Summe nochmals um gut 150 Millionen Euro. 72 60 000 Menschen spielen täglich Farmville, insgesamt nutzen 200 Millionen Menschen Zynga-Spiele. Aber: Sie spielen sie über die Facebook-Plattform, und alle Versuche von Zynga, sich unabhängig von Zuckerbergs Imperium zu machen, misslangen.
Zynga ist überaus erfolgreich, aber ohne Facebook geht nichts. Und künftig bestimmt Facebook auch die Währung, mit der die Nutzer Zynga bezahlen.
Hunderttausende Betreiber von Websites rund um den Globus fügen sich mehr oder weniger den Regeln, die Facebook aufstellt. Jede Meldung über die fortschreitende Expansion von Facebook verstärkt diese Expansion weiter, indem immer neue kommerzielle Partner angelockt werden. Zuckerbergs Ziel, aus Facebook das Fenster zum Internet zu machen, erscheint mit jedem Tag realistischer. Und in der realen Welt ist die neue Währung ebenfalls bereits angekommen. In 1700 Filialen der amerikanischen Supermarktkette Target können die Kunden jetzt Facebook-Credits-Prepaid-Karten im Wert von 15, 25 oder 50 Dollar kaufen und damit virtuelle Waren oder Spiele bezahlen. Dieser Markt soll schon im Jahr 2010 einen Umsatz von 1,6 Milliarden Dollar erreichen. 73
Wie lange können wir noch frei surfen?
Kaum ein Markt wächst so schnell wie die digitalen sozialen Netzwerke. Der Informationsanbieter Datamonitor schätzt, dass bis 2010 insgesamt 21,7 Millionen Deutsche in »sozialen Netzwerken« gemeldet sein werden. 74 Facebook gelingt es, dieses Wachstum fast vollständig für sich zu generieren. Was auch Facebook-Fans wie Nico Lumma kritisch sehen: »Wir möchten doch alle ein offenes, freies Web haben, und jetzt fängt ein Global Player mit 500 Millionen Usern an, seine »Like«-Buttons überall im Web zu verteilen.
Das finde ich fragwürdig.« Besser wäre es, Raum für neue, kleine Anbieter zu haben.
Auch Jeff Jarvis bereiten die Debatten um privilegierte Netzzugänge bei Google und Co. Sorgen. Monopole seien immer gefährlich: »Die beste Lösung dafür ist Wettbewerb. « Jarvis ist kein Freund staatlicher Reglementierungen. Wenn Facebook jetzt eine Bank werde, ahme es nur andere Unternehmen nach, um Geld zu verdienen. Andererseits sei das Internet auch keine Autobahn, deren Finanzierung man Konzernen überlassen könne. Das Internet müsse zum »öffentlichen Wohl« organisiert werden. Es müsse neutral bleiben, also weiterhin offen sein für alle. Der Gedanke an privilegierte Netze auf Gebührenbasis bringt Jarvis in Rage:
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