Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die facebook-Falle

Die facebook-Falle

Titel: Die facebook-Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Adamek
Vom Netzwerk:
Facebook-Usern, vorhanden«, erklärt Rafael. »Ich habe es schon erlebt, dass Rechtsextreme ihr Baby in einem Strampelanzug mit Reichskriegsflagge präsentieren oder ihre eintätowierten Hakenkreuze.« Simone Rafael beobachtet, dass es viele rechtsextreme Frauen in der Szene gibt. Sie halten sich in Mütterforen auf und posten dort offen rassistisch: »Warum müssen in der Kita Fotos von Schwarzen hängen, wenn es doch in unserem Dorf keine Neger gibt?«
    Die Mechanismen in solchen Gruppen ähneln sich: Erst versuchen die Akteure, ihre Meinung zu streuen, dann beobachten sie aufmerksam, wer empfänglich für rechte Ideen ist. Jugendliche sind besonders ansprechbar, wenn man ihnen Musikgruppen empfiehlt – natürlich mit rechten Songtexten. Und wer erst einmal in rechten Gruppen mitdiskutiert,
wächst Stück für Stück in diese Welt hinein und muss sich dafür nicht einmal Springerstiefel kaufen. Ganz gezielt spielen die rechten Facebook-Aktivisten mit den Emotionen von Nutzern, die selbst gar nicht rechtsextrem sind. In Gruppen mit Namen wie »Todesstrafe für Kinderschänder« appellieren sie an das Empörungspotenzial, das diesem Thema innewohnt – mit Erfolg, denn solche Gruppen haben Tausende Mitglieder. Und verirrt sich ein differenzierter denkender Nutzer in diese Zirkel, wird ihm gleich entgegengehalten: »Sind Sie etwa für Kinderschänder?«
    Ob bei den Themen Antiglobalisierung, Kapitalismuskritik oder Umweltschutz, überall mischen die Rechten mit. Und dabei geht es nicht nur um die Verbreitung rechter Botschaften. Facebook dient den rechtsextremen Organisationen als perfekte Plattform zur Rekrutierung potenzieller neuer Aktivisten. Das bestätigt auch Hans Wargel, Präsident des niedersächsischen Verfassungsschutzes, in Welt Online : »Jugendliche werden über den Austausch in den Foren vermehrt an die rechtsextremistische Szene herangeführt und auch angeworben.« 249
    Manchmal scheinen auch NPD-Funktionäre zu vergessen, dass sie auf Facebook nie allein sind. An einem warmen Juliabend 2010 müssen dem Kreisvorsitzenden von Cham-Schwandorf, Oliver Kasack, die Nerven durchgegangen sein. Jedenfalls postete er auf Facebook ganz offen, was sonst vielleicht zu später Stunde an NPD-Stammtischen palavert wird. Auf die Frage, wie man denn am besten mit »bunten Zecken«, sprich: alternativ oder links orientierten Menschen, umgehen sollte, postete Kasack: »Ja, man sollte ihre verfluchten Kehlen aufschneiden und sie in ihrem
eigenen Blut ersaufen lassen.« 250 Als ein anderer Nutzer vorschlug, sie zu verbrennen, erwiderte Kasack, es sei »schade um das Benzin«, und schlug als Alternative vor, sie »für medizinische Versuche ala Mengele« zu nehmen. Das menschenverachtende Gerede hat ihm nicht geschadet, weder in der NPD noch auf Facebook. Denn auf der Seite seines Kreisverbandes können sich Nutzer noch immer als »NPD-Fan« anmelden – via Facebook.
    Da solche Ausfälle vermutlich nicht zum neuen Image der Biedermann-Rechten passen, hat der NPD-Parteivorstand eine Strategie für soziale Netzwerke entwickelt. In der Deutschen Stimme , dem Organ des NPD-Parteivorstands, gibt die Partei ihren Mitgliedern klare Anweisungen, wie sie sich in sozialen Netzwerken verhalten sollen:
    »Der erste Schritt: Ein interessantes, detailreiches und sympathisches Profil (…). Was beim Profil zu beachten ist: Anonyme Nationalisten und in gesellschaftlicher Selbstisolation befindliche Kameraden werden hier nicht benötigt. Das Profil sollte möglichst einen offenen Menschen beschreiben. Ein Mensch mit Humor, Beruf, Hobbys, ernstzunehmenden Interessen, Literatur- und Musikgeschmack. Ihr solltet schon einiges über Euch verraten. Nur das bindet andere an Euer Profil, schafft Sympathien, bringt ins Gespräch, zum Lachen oder zum Nachdenken.« 251
    Die Spitzen der NPD haben das längst beherzigt. So zeigen die Profile von Holger Apfel und Jürgen Gansel von der NPD-Sachsen eine friedliche Welt mit Kindern und Hunden. Auf ihrer neuen Facebook-Seite »NPD – die soziale Heimatpartei« ist die Partei vorsichtig mit Äußerungen.
»Wenn ich Facebook zur Sperrung auffordern würde, hieße es: ›Da sind keine verbotenen Inhalte auf der Seite, also unternehmen wir nichts‹,« sagt Simone Rafael. »Es ist Teil dieser Strategie, normal zu wirken,« ergänzt sie. Was Nutzer mit Namen wie »Adolf88« und »Terror Mieze« indes nicht daran hindert, sich weiter im Netz zu produzieren. Und manchmal starten rechte Nutzer regelrechte

Weitere Kostenlose Bücher