Die Fackel der Freiheit
begriff, dass er stocksteif dort saß, vor Erstaunen wie erstarrt, und schüttelte sich ungeduldig. Das alles ergab für ihn immer noch keinen Sinn, doch er spulte die Aufzeichnung vor, schaute sich das Material im Zeitraffer an, und es bestand überhaupt kein Zweifel daran, was er dort sah.
Warum zur Hölle sitzt Jack McBryde in einer Absteige wie ›Turner's‹ und trinkt Kaffee? Das ist doch so weit außerhalb seines Aufgabenbereiches, dass es nicht einmal mehr lustig ist! Und wenn er sich schon auf meinem Territorium herumtreibt, warum zum Teufel hat er mir davon denn nichts erzählt?
Er legte die Stirn in Falten, kippte den ramponierten Lehnstuhl in der winzigen Küche seines beengten Appartements - das stand ihm dank seines Status als Sachverwalter zu - ein wenig zurück und dachte angestrengt nach. McBryde war anders als dieses Arschloch Lathorous. Klar, auch er hatte etwas von dieser ›Meine-Scheiße-duftet-nach-Jasmin‹-Attitüde, die man von allen Top-Linien kannte, aber er hatte das einfach besser im Griff. Immer versuchte er, wenigstens den Eindruck zu erwecken, er würde den unspektakulären und ganz und gar unschönen Pflichten von Unterwanderungs-Agenten wie Irvine einen gewissen Respekt entgegenbringen. Und er hatte den Vorschlag ausgesprochen, er könne die Lage selbst im Auge behalten, auf die Irvine ihn aufmerksam gemacht hatte. Er war natürlich hoch genug oben auf der Karriereleiter, dass er das praktisch in jeder Art und Weise tun konnte, wie ihm beliebte, aber trotzdem ...
Er war jetzt schon jahrelang nichts anderes mehr als ein Sesselpupser, ging es Irvine durch den Kopf. Und das merkt man auch. Der ist so aus der Übung, dass er sich nicht einmal eine Maskerade überlegt hat, mit der er irgendjemanden hätte hinters Licht führen können. Und mir ist nie der Gedanke gekommen, ihm zu berichten, dass ich den Laden verwanzt habe.
Irvine verzog das Gesicht und ermahnte sich, wenigstens gerecht zu bleiben.
Nein, mich hat er mit seiner Tarnung nicht hinters Licht geführt, aber ich kenne ihn schließlich auch. Ich bezweifle, dass irgendjemand aus diesem Etablissement jemals Mr. Jack McBryde, dem großen Geheimagenten, begegnet ist. Tatsächlich dürften die Einzigen, die ihn wiedererkennen würden, andere Leute vom Sicherheitsdienst sein. Aber warum, Irvine kniff die Augen zusammen, hat er sich dann überhaupt die Mühe gemacht, sich zu tarnen? Soweit ich weiß, hat er hier auf Mesa nie im Außendienst gearbeitet, also für wen hat er sich getarnt?
Noch einige Sekunden lang blieb Irvine reglos sitzen, dann beugte er sich vor und spielte das gesamte Bildmaterial erneut ab. Den meisten wäre es überhaupt nicht aufgefallen, aber Irvine war eben nicht ›die meisten‹. Er war ein bestens ausgebildeter Geheimdienstler, und die Falten auf seiner Stirn vertieften sich noch, als er begriff, dass McBryde dieses Diner einzig mit dem Ziel aufgesucht hatte, mit dem Kellner zu sprechen. Und Irvine kam zu dem Schluss, dass sie beide sich ernstlich Mühe gaben, so zu tun, als wäre dem nicht so. Sie beide, auch das entging ihm nicht, machten ihren Job auch wirklich ausgezeichnet. Hätte Irvine noch ein Indiz zur Vermutung gefehlt, der große Zweier dort sei selbst in diesem Gewerbe tätig, dann hätte ihm die Art und Weise, wie er › nicht mit McBryde sprach‹, voll und ganz ausgereicht.
Und McBryde tat genau das Gleiche, wenn auch nicht ganz so elegant. Wahrscheinlich, weil er nach all den Jahren hinter einem Schreibtisch ein wenig eingerostet war. Aber warum machte er sich überhaupt diese Mühe? Worüber zum Teufel sprachen die da? Es musste um irgendeine Infiltrierungs-Operation gehen, aber was zur Hölle bildete sich McBryde denn ein, dass er so eine Aktion ganz im Alleingang durchziehen wollte? Und warum hatte er sich nicht einmal die Mühe gemacht, vorher von Irvine weitere Hintergrundinformationen einzufordern? Oder Irvine wenigstens vorzuwarnen, damit er Verstärkung hätte rufen können, nur für den Fall, dass diese bizarre Aktion hier gänzlich in die Hose ging?
Das war nicht nur dämlich, das war gefährlich, und irgendetwas daran ließ tief in Irvines Hirn sämtliche Alarmglocken schrillen. Natürlich stand McBryde vom Rang her so weit über ihm, dass nicht im Entferntesten Bedarf bestanden hätte, von Irvine eine Erlaubnis einzuholen. Es stand McBryde frei, Untersuchungen einzuleiten, wann und wo auch immer er wollte, falls er der Ansicht war, die Sicherheit von Gamma Center sei in
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